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Die Schopenhauer-Kur

Die Schopenhauer-Kur

Titel: Die Schopenhauer-Kur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvin D. Yalom
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profitieren.« Er wirkte verändert. Pam hatte den Eindruck, dass er ihr bereits entglitt.
    »Wenigstens«, sagte sie,«wird es mich trösten zu wissen, dass Sie da sind. Es ist weniger schlimm, sich vorzustellen, dass man gemeinsam allein ist.«
    »Gemeinsam allein. Eine schöne Wendung«, entgegnete Vijay, ohne sie anzuschauen.
    »Vielleicht«, sagte Pam,«treffen wir uns ja nach dem Meditieren in diesem Zug wieder.«
    »Darüber dürfen wir nicht nachdenken. Goenka wird uns lehren, nur in der Gegenwart zu leben. Gestern und Morgen existieren nicht. Erinnerungen an die Vergangenheit, Sehnsucht nach der Zukunft lösen nur Unruhe aus. Der Weg zur Gelassenheit liegt darin, die Gegenwart wahrzunehmen und sie ungehindert auf dem Fluss unseres Bewusstseins schwimmen zu lassen.« Ohne zurückzublicken, hievte sich Vijay seine Tasche auf die Schulter, öffnete die Türen des Abteils und marschierte hinaus.

»Das niedrig gewachsene, schmalschultrige, breithüftige und
kurzbeinige Geschlecht das schöne nennen konnte nur der
vom Geschlechtstrieb umnebelte männliche Intellekt.«
    Arthur Schopenhauer über Frauen Ref 37
     
    »Deine Klagen über unvermeidliche Dinge, Deine finstern
Gesichter, Deine bizarren Urtheile . . seit Jahr und Tag hab ich
keinen unangenehmen Augenblick gehabt den ich Dir nicht zu
dancken hätte . . .« Ref 38
    Aus einem Brief an Arthur Schopenhauer von seiner Mutter
16
Schopenhauers Hauptfrau
    Die bei weitem wichtigste Frau in Arthurs Leben war seine Mutter Johanna, zu der er eine qualvolle und ambivalente Beziehung hatte, die verheerend endete. Johannas Brief, mit dem sie Arthur von seiner Lehre befreite, zeigte bewundernswerte mütterliche Empfindungen: ihre Fürsorge, ihre Liebe, ihre Hoffnungen für ihn. Doch sie alle hatten eines zur Bedingung, nämlich dass er angemessenen Abstand zu ihr hielt. Daher riet sie ihm in ihrem Brief, nach Gotha statt zu ihr in das fünfzig Kilometer entfernte Weimar zu ziehen.
    Die Glut warmer Gefühle zwischen ihnen, die Arthurs Befreiung aus der Knechtschaft entfacht hatte, erlosch wegen der Kürze von Arthurs Verbleib an der Schule in Gotha schnell. Nach nur sechs Monaten wurde der Neunzehnjährige hinausgeworfen, weil er ein kluges, aber grausam spöttisches Gedicht
über einen seiner Lehrer verfasst hatte. Er bat daraufhin seine Mutter flehentlich um die Erlaubnis, bei ihr wohnen und seine Studien in Weimar fortsetzen zu dürfen. Ref 39
    Johanna gefiel die Aussicht auf ein Zusammenleben mit Arthur ganz und gar nicht; sie versetzte sie sogar in regelrechte Panik. Er hatte sie während seines halbjährigen Aufenthalts in Gotha ein paar Mal kurz besucht, und jeder Besuch war für sie eine Quelle großen Missvergnügens gewesen. Ihre Briefe an ihn, die auf seinen Schulverweis folgten, gehören zu den schockierendsten, die eine Mutter jemals an ihren Sohn geschrieben hat.
    »Ich halte es für höchst beschwerlich mit Dir zu leben, alle Deine guten Eigenschaften werden durch Deine Superklugheit verdunckelt und für die Welt unbrauchbar gemacht, blos weil Du die Wuth alles besser wissen zu wollen, überall Fehler zu finden außer in Dir selbst, überall bessern und meistern zu wollen, nicht beherrschen kannst. Damit erbitterst Du die Menschen um Dich her, niemand will sich auf eine so gewaltsame Weise bessern und erleuchten lassen, am wenigsten von einem so unbedeutenden Individuum wie Du doch noch bist, niemand kann es ertragen von Dir der doch auch so viele Blöße giebt sich tadlen zu lassen, am wenigsten in Deiner absprechenden Manier, die in einem Orakelton gerade heraus sagt, so und so ist es, ohne weiter eine Einwendung nur zu vermuthen. Wärest du weniger als Du bist, so wärst Du nur lächerlich, so aber bist du höchst ärgerlich. Die Menschen im ganzen sind nicht böse wenn man sie nicht hezt, Du hättest wie tausend andre in Gotha ruhig leben und studiren können und alle persönliche Freyheit haben die das allgemeine Gesez erlaubt, wen Du ruhig Deinen Gang gegangen wärst, und andre ruhig den ihrigen hättest gehen lassen, aber das wolltest Du nicht, und so wirst Du ausgestoßen . . . solch eine ambulirende Litteraturzeitung wie Du gerne seyn möchtest, ist ein langweiliges gehässiges Ding, weil man nicht Seiten überschlagen oder den ganzen Kram hinter den Ofen werfen kann, wie mit den gedruckten.«
    Mit der Zeit fand Johanna sich mit der Tatsache ab, dass es sich nicht vermeiden ließ, Arthur in Weimar aufzunehmen, damit er sich dort auf die

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