Die schottische Braut
den Ehrenkodex, der jeden bindet, der auch nur einen Tropfen schottischen Blutes in sich trägt. Du kannst deine Clanmitglieder nicht verraten und ausliefern, und ganz besonders nicht an Engländer.«
Unter hochgezogenen Augenbrauen schaute Sin Lochlan an, dessen Wangen sich langsam tiefrot färbten. Interessant, dass sein Bruder von ihm ein besseres Verhalten erwartete, als ihr Vater es ihm gezeigt hatte.
»Das war etwas anderes«, wandte Lochlan ein, der Sins Gedanken erriet. »Es war Krieg, und nur so ließen sich die Feindseligkeiten beilegen.«
»Und wenn ich nicht die Rebellen aufhalte, wird wieder Krieg herrschen. Henry ist am Ende seiner Geduld angekommen.«
»Dann hoffe ich um deinetwillen, dass der Rebellenführer jemand unter den MacNeely ist, den deine Frau nicht besonders schätzt.«
Sin starrte auf den Tisch, während sich sein Magen verkrampfte. Im Grunde genommen war er in seinem Innersten davon überzeugt, den Schuldigen zu kennen, auch wenn sein Herz immer wieder darauf beharrte, dass es jemand anderer sein müsse. Irgendjemand anders.
Und doch war es Dermot MacNeely, so sicher wie er in diesem Augenblick hier am Tisch saß und seinen Brüdern zuhörte. Seine Frau würde ihn verfluchen und auf ewig hassen, wenn sie es herausfand. Aber da konnte man nichts machen.
»Nun, ich habe nie ...« Callies Stimme erstarb.
Sie schauten auf, als Callie den Raum betrat, ein großes Tablett mit frischem Brot und in Stücke geschnittenem Käse in den Händen.
»Als ich ging, wart ihr alle fröhlich, aber jetzt, da ich zurückkomme, ist es, als stünde der Weltuntergang bevor. Darf ich fragen, welche Tragödie die Stimmung in der Halle so gedrückt hat?«
»Es war nur die Abwesenheit deiner Schönheit«, erklärte Braden breit grinsend. »Ohne sie sind wir in Dunkelheit gefangen.«
Sin schnaubte abfällig und warf mit einem Stückchen Brot nach seinem Bruder. »Hüte du besser deine Zunge, kleiner Bruder, oder ich sorge dafür, aber gründlich.«
Lochlan lächelte. »Besser noch, lass es mich Maggie erzählen, die sorgt schon dafür, dass dir die Ohren glühen.« Braden tat gekränkt. »Ich gebe mir Mühe und versuche die Wogen bei deiner Lady zu glätten, und das ist mein Lohn? Nun gut, dann überlasse ich dich eben allein deinem Schicksal. Du wirst schon sehen, ob ich dir noch einmal helfe.«
Sin beobachtete, wie seine Frau näher kam. Schöner selbst als die Engel im Himmel musterte sie ihn mit einem entschlossenen Ausdruck in den Augen. »Vergiss dein Versprechen nicht, Sin. Heute sind finstere Mienen verboten.«
Er verzog seine Lippen zu einem Lächeln, das jedoch einem Zähnefletschen ähnlicher sah.
Sie verdrehte die Augen. »Besser als ein Stirnrunzeln ist es allemal.«
Callie wandte sich an Simon und bedeutete ihm mit einem Wink, ihr zu folgen. »Mylord Simon, dürfte ich Euch einmal kurz unter vier Augen sprechen?«
Sin hob fragend eine Augenbraue. »Warum solltest du das wollen?«
Sie beugte sich über den Tisch und tippte ihrem Mann mit dem Finger auf die Nasenspitze. »Ich möchte ihn nur außerhalb deiner Hörweite etwas fragen.«
»Warum?«
»Weil ich nicht will, dass du es hörst.«
»Aye«, mischte sich Lochlan ein. »Kannst du dir das nicht selber denken?«
Sin trat gegen Lochlans Stuhl und musterte ihn aus drohend zusammengekniffenen Augen. »Eines Tages, Bruder, hoffe ich mit ansehen zu können, wie eine Frau deinen Untergang einläutet. Dann kann ich über dich lachen.«
»Untergang?«, wiederholte Callie. »Wie Unheil verkündend das klingt. Hier wird kein Untergang eingeläutet, sondern bloß eine harmlose Frage gestellt.«
Sin betrachtete sie drollig. »Aye, und ganze Reiche sind gefallen, nur weil ein einziges Wort gesprochen wurde.«
»Aber ich will kein Reich zerstören, sondern nur den Eisring, der dein Herz umschließt.«
Schweigen folgte diesen Worten. Sin saß sprachlos vor Verblüffung.
Callie errötete, als wäre ihr das Geständnis peinlich, und senkte das Kinn auf die Brust.
Simon erhob sich rasch und ging mit ihr nach draußen, damit sie in Ruhe miteinander reden konnten.
»Sin«, sagte Lochlan drinnen, »mir steht es nicht an, in solchen Sachen Ratschläge zu erteilen, aber ich bin der Ansicht, dass nur ein Narr sich so eine Frau durch die Finger schlüpfen lassen würde. Wenn ich je eine Frau fände, die über meine Fehler hinwegsehen könnte, trotzdem mit mir zusammen sein wollte, dann würde ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um sie an
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