Die schottische Braut
dass der Ritter sich bei ihren Worten unbehaglich fühlte.
Als sie den Laden verließen und zur Burg zurückritten, begriff Callie, dass sie es nie schaffen würde, nach Hause zu reisen. Wenigstens nicht alleine. Sie hatte sich selbst belogen, als sie daran auch nur gedacht hatte. Schlimmer noch, beinahe hätte es sie den Menschen gekostet, der ihr in ihrem Leben das meiste bedeutete.
Lieber Himmel, was, wenn sie Jamie nicht wiedergefunden hätten? Was, wenn er verletzt worden wäre oder gar getötet oder ...
Das wäre dann alles ihre Schuld gewesen. Sie schloss die Augen, allein die Vorstellung verursachte ihr Schmerzen. Auf gar keinen Fall wollte sie Morna die Nachricht überbringen müssen, dass sie es zugelassen hatte, dass Jamie etwas zustieß. Das wäre der Tod der armen Frau, die bei ihr die Mutterstelle eingenommen hatte.
Nein, sie würde zu seiner Sicherheit kein Risiko mehr eingehen. Was also sollte sie tun?
Ihre Gedanken kehrten zu dem Mann zurück, der ihr Gemahl werden würde. Konnte sie ihm vertrauen?
Für einen Engländer schien er vernünftig genug. So wie auch Simon. Vielleicht, wenn sie ihnen erlaubte, mit ihr nach Hause zu reisen, würde ihr Clan erkennen, dass nicht alle Engländer Untiere waren. Vielleicht konnte sie sie überzeugen ...
Was bist du? Von allen guten Geistern verlassen? Zieh deinen Kopf aus den Wolken und komm auf die Erde zurück. Die Chance, dass die MacNeely jemals einen Engländer in ihrer Mitte dulden würden, geht gegen nicht vorhanden.
Es war weit hergeholt und es gab keinen Grund dafür, sicher, aber es war die einzige Möglichkeit, die sie sah.
Wenn sie Sin heiratete, könnten sie sicher nach Hause reisen.
Ob es ihr gefiel oder nicht, sie würde sich in diese Ehe fügen und dem Herrn im Himmel vertrauen, dass er auf sie achten würde und wusste, was am besten war. Sicherlich war dies alles Sein Wille, sonst wäre ihr und Jamie inzwischen schon Erfolg beschieden gewesen, und sie befänden sich längst auf der Heimreise. Dieser Tag war ein himmlisches Zeichen, und Callie glaubte von ganzem Herzen an solche Zeichen.
Morgen würde Sin ihr Gemahl werden.
Sie beobachtete, wie Sin aufsaß. Seine Bewegungen waren von kraftvoller Anmut und bewiesen, dass er der geborene Krieger war. Stolz hielt er sich im Sattel, sein langes Haar schimmerte im langsam verblassenden Tageslicht. Er bot einen herrlichen Anblick, gut aussehend und stark. Die Sorte Mann, von der Frauen in der Nacht träumten und erhofften, ihn wenigstens einmal in Fleisch und Blut zu sehen.
Und er würde ihr gehören ...
Die Hand, die er ihr entgegenstreckte, war sowohl kräftig als auch zärtlich. Er mochte nicht ihre erste Wahl für einen Gemahl sein, aber in ihm war Freundlichkeit. Und Gerechtigkeit.
Wenn er nur auch noch schottisches Blut hätte!
Trotzdem gab es viel schlimmere Männer, mit denen man verheiratet werden könnte.
»Mylord?«, fragte sie, als er sie vor sich setzte. »Was werdet Ihr mit meinen Leuten tun, wenn Ihr mich nach Hause bringt?«
Sin biss die Zähne zusammen. Allein schon der Gedanke daran, nach Schottland zurückzukehren, weckte in ihm Übelkeit. Wenn er seinen Willen bekäme, würde er nie wieder dorthin gehen.
Natürlich lebten seine Brüder da, und solange er mit ihr zusammen war, würde er sie besuchen. Sie allein machten die Vorstellung, England zu verlassen, erträglich.
»Ich werde dafür sorgen, dass Henrys Friede eingehalten wird«, antwortete er ihr. » Solange Eure Leute davon absehen, seine zu überfallen, werde ich nichts unternehmen.« Was er ihr nicht verriet, war seine Absicht, diesen so genannten Rächer zu finden, seinem Treiben ein Ende zu setzen und dann diese Ehe so rasch wie möglich auflösen zu lassen.
Aber während er noch darüber nachdachte, wie das am besten zu bewerkstelligen wäre, wurde er sich der Frau vor sich im Sattel bewusst. Wie sie roch und sich in seinen Armen anfühlte. Sie war warm und weich, wie ein sanfter Balsam auf seiner Seele.
Nie zuvor hatte er eine Frau so gehalten. Nie auch nur auf irgendwelche Annehmlichkeiten in seinem Leben zu hoffen gewagt.
Annehmlichkeiten. Er verzog höhnisch die Lippen. Annehmlichkeiten waren für verweichlichte Narren. Er brauchte jedenfalls keine und wollte ganz gewiss auch keine.
Er würde tun, was er um Henrys willen tun musste, und dann würde er zurückkommen und seinen Treueschwur halten. Das war sein Leben, und er verspürte nicht den Wunsch, etwas daran zu ändern. Er hatte zu lange und
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