Die schottische Braut
Lage wie dieser hier alle Möglichkeiten zu durchdenken. Sie würde ihr helfen zu entscheiden, was am besten wäre.
Aber eigentlich wusste Callie in ihrem Herzen bereits die Antwort. Sie musste nach Hause zurückkehren, bevor die Rebellen oder ihr Onkel die Engländer angreifen konnten, um sie zurückzuholen. Ihr Onkel Aster würde nicht ruhen noch rasten, bis Jamie und sie wieder bei ihnen waren. Niemand konnte sagen, wie viele Männer ihres Clans bei einer solchen Dummheit ihr Leben lassen müssten.
Wenn Sin Wort hielt und seine Männer nicht mitnahm, dann könnte es eventuell wirklich Frieden geben. Vielleicht konnten die Männer ihres Clans sogar selbst erkennen, dass nicht alle Engländer so schlecht waren. Natürlich konnte sie nach dem, was sie selbst hier erlebt hatte, nicht abstreiten, dass einige leibhaftige Teufel waren, aber schließlich konnten ihre kostbaren Schotten auch manchmal ein bisschen blutrünstig sein.
Was sollte sie nur tun?
Ihr Kopf begann zu schmerzen, während in ihr Bedenken und Zuversicht miteinander rangen.
Da öffnete sich die Tür zu ihrem Zimmer. Callie sah hoch und entdeckte Aelfa auf der Türschwelle. Die Zofe war blass und rang besorgt die Hände. Obwohl sie einander noch nicht lange kannten, war das junge Mädchen Callie irgendwie ans Herz gewachsen. Aelfa war ihre einzige Freundin und Vertraute in den vergangenen Wochen gewesen und hatte ihr geholfen, obwohl ihr Schläge gewiss gewesen wären, hätte jemand davon erfahren.
Jetzt sah die liebe Seele aus, als wäre ihr der Teufel persönlich begegnet. »Aelfa, was gibt es?«
Sie biss sich auf die Lippen, machte einen Schritt ins Zimmer und wrang ihren weiten Ärmel in den Händen. »Oh Mylady, ich habe gerade etwas Schreckliches gehört, das habe ich, und ich weiß nicht, wem ich davon erzählen und was ich tun soll. Vielleicht sollte ich einfach vergessen, was ich gehört habe. Ja, ich vergesse es.« Sie sah sich gehetzt um, während sie bekräftigend nickte.
Dann stand sie plötzlich reglos, und ihre großen braunen Augen weiteten sich noch ein Stück. »Aber wenn ich das tue und er stirbt, dann wäre es auch meine Schuld. Es könnte sein, dass Gott mir das nicht verzeiht. Macht mich das zur Mittäterin? Aye, ich denke schon. Der König selbst könnte meinen Tod dafür verlangen. O Gott, ich bin zu jung zum Sterben. Ich habe noch nicht einmal einen Gemahl, geschweige denn Kinder. Ich will noch nicht sterben. Nein!«
Callie presste sich die Finger an die Schläfe in dem Versuch, dem Gejammer zu folgen. Sie fasste Aelfa sanft am Arm, um sie zu beruhigen, damit sie erklären konnte, was sie so verstört hatte. »Aelfa, was genau hast du mit angehört?«
»Männer, die in einem der Räume unten an der Treppe gesprochen haben.«
Das ergab im Gegensatz zu ihrem wirren Gerede von vorhin Sinn. »Was haben sie gesagt?«
Das Mädchen bekreuzigte sich, und in ihre Augen trat wieder der gehetzte Ausdruck von vorhin. »Sie haben gesagt, dass sie Lord Sin heute Nacht umbringen wollen, damit einer von ihnen Euch heiraten kann und so an Eure Ländereien kommt. Der Mann hat dann gesagt, er würde diesen - ich bitte um Verzeihung, Mylady - diesen schottischen Hurensöhnen schon noch beibringen, Höherstehenden die gebührende Achtung entgegenzubringen, und dass er die - noch einmal Verzeihung - schottische Hündin Gehorsam lehren würde.«
Callie blieb das Herz beinahe stehen, als Unglauben sie erfasste, rasch gefolgt von Wut und Empörung. Wer würde so etwas zu sagen wagen?
»Hast du das Seiner Lordschaft erzählt?«, fragte sie das junge Mädchen.
»Nein. Er jagt mir zu große Angst ein.«
Callie tätschelte Aelfa dankbar den Arm. »Danke. Ich werde es ihm selbst sagen.«
Als sie die Tür erreichte, ließ Aelfas Stimme sie innehalten. »Mylady, Ihr wisst schon, sollten sie ihn töten, dann müsstet Ihr ihn nicht heiraten, nicht wahr?«
Der Gedanke war ihr nicht gekommen. Und nun, da sie ihn gehört hatte, war sie sich ganz sicher.
Sie konnte nicht zulassen, dass ein Mann heimtückisch umgebracht wurde. Besonders einer, dem sie so viel schuldete. Gleichgültig, was andere dachten, sie kannte das Herz des schwarzen Ritters, und es war gar nicht finster oder unerbittlich.
Ohne ein weiteres Wort verließ sie den Raum und begab sich auf die Suche nach Lord Sin.
Kapitel 5
S in stand in der Mitte von Henrys Thronsaal und wartete auf die Rückkehr des Königs. Warum er sich die Mühe machte, konnte er sich selbst nicht
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