Die schottische Braut
sie sie ernst meinte. Es war ein Spiel, das sie mit ihm trieb, und er konnte nur raten, warum sie das tat.
Er starrte zu Boden, als er sich an die Zeiten in seinem Leben erinnerte, da er sich selbst belogen hatte. Wie oft hatte er wach gelegen nach Harolds Prügel und sich eingeredet, dass sein Vater sich nur über ihn geärgert hatte, als er ihn fortgeschickt hatte. Dass er, wenn er nur artig genug war, tat, was die Engländer von ihm verlangten, und Harold nicht widersprach, dass er dann wieder nach Hause zurückkehren dürfte, so wie König Stephan es versprochen hatte. Dass sein Vater ihn mit offenen Armen willkommen heißen würde.
Am Ende aber hatte sein Vater nie aufgehört, ihn abzulehnen. Der Brief seines Vaters an Henry hatte noch nicht einmal Sins Namen enthalten. In ihm gab es keinen Hinweis darauf, dass er sein Sohn war. Die Worte waren kalt und grob gewesen, eine abschließende Zurückweisung, die immer noch in seinem Herzen nachklang.
Er erinnerte sich an die stechenden Schmerzen unter der Peitsche der Sarazenen, die Schläge, die er während seiner Ausbildung erlitten hatte. Das Einzige, was verhindert hatte, dass er den Verstand verlor, war der Glaube daran, dass, wenn er ihnen entkäme und nach England zurückkehrte, alles gut werden würde. Die Landsleute seiner Mutter würden ihn mit offenen Armen aufnehmen.
Doch nachdem Henry ihn nach London zurückgeschickt hatte, war er wieder nur auf Verachtung, Hass und Furcht gestoßen. Sie hatten ihn schlechter behandelt als einen Aussätzigen oder einen Ketzer.
Noch nicht einmal Gott selbst könnte so etwas wie Euch lieben. Die Worte aus dem Bann des Papstes klangen ihm in den Ohren.
Nein, er war immer noch der kleine Junge, der am Weihnachtsabend vor seiner Mutter gestanden hatte, das Herz voll hoffnungsvoller Sehnsüchte. Was hatte er je für solche närrischen Träume geerntet?
Nichts als noch mehr Spott. Nichts als Schmerz.
Sein Herz war darunter gewelkt und schließlich vor Jahren schon aus Mangel an Benutzung eingegangen. Wenn er sich jetzt Callie öffnete, würde sie ihn nur verraten, dessen war er sich sicher.
Das war das Einzige im Leben, worauf er sich verließ. Das Einzige, was gewiss war.
Zögernd nahm er ihre Hand von seinem Gesicht. »Es ist spät. Ihr müsst zu Bett gehen.«
»Wo werdet Ihr schlafen?«
»Auf dem Boden vor dem Kamin.«
Callies Lippe zitterte, während sie gegen neuerliche Tränen ankämpfte. Ihre Frustration wuchs. Wie wünschte sie sich, sie wüsste einen Weg, zu ihm durchzudringen, dafür zu sorgen, dass er an sie glaubte, an sie beide.
Aber er hatte sich schon wieder in sich zurückgezogen.
Sie beobachtete, wie er seine Rüstung und seinen Waffenrock ablegte. Seine gebräunten Schultern schimmerten im Feuerschein, als er einen Pelz vom Bett nahm und sich damit auf den Boden legte, sein Schwert sorgsam neben sich platzierte. Sie ballte die Hände zu Fäusten und hätte ihn am liebsten für seine Sturheit geschüttelt.
Wie konnte sie nur zu diesem Mann vordringen?
Wann immer du sie nicht umstimmen kannst, Mädchen, dann geh hin und verbringe Zeit mit ihnen. Der Rat ihres Vaters fiel ihr wieder ein und lieferte ihr die Inspiration, die sie benötigte.
Sie zog sich aus bis sie nichts mehr trug als ihr dünnes, Unterkleid, dann nahm sie sich ein Kissen vom Bett.
Sin lauschte auf die Geräusche seiner Frau, als sie sich für die Nacht zurechtmachte, und starrte ins Feuer. Er wollte nichts mehr, als sich zu ihr ins Bett zu legen. Zu ihr zu gehen und sie in seine Arme zu ziehen, um schließlich den einzigen Frieden zu finden, den ein Mann wie er sich nur erhoffen durfte.
Aber er war ja Enttäuschungen gewohnt.
Plötzlich wurde ein Kissen neben seinem Kopf auf den Boden gelegt. Stirnrunzelnd drehte er sich um und entdeckte, dass Callie sich neben ihm ein Lager bereitete.
»Was tut Ihr da?«
Sie zuckte die Achseln, setzte sich auf den Boden und zog seine Decke über sich. »Ich bin wie Ruth. Ich mache mir mein Lager dort, wo mein Gemahl ist. Falls Ihr nicht zu mir in unser Bett kommt, dann komme ich eben zu Euch auf den Boden.«
»Ihr benehmt Euch lächerlich.«
»Ich?« Sie stützte sich auf einen Ellbogen und starrte ihn an. »Mir scheint es viel eher lächerlich, auf dem harten, kalten Boden zu liegen, wenn ein schönes, weiches Bett nur ein paar Fuß weiter auf einen wartet.«
Er schloss die Augen, unfähig, sich jetzt mit ihr und den schmerzenden Gefühlen auseinander zu setzen, die in ihm brodelten.
Weitere Kostenlose Bücher