Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
Vom Netzwerk:
dem Kopf in die Richtung, in die sich die Piraten in ihren Schaluppen hastig zurückzogen. “Die Kerle schossen auf uns, als der Kapitän sie nicht an Bord ließ.”
    Kapitän Glendenning drückte einen Fetzen blutverschmiertes Leinen auf Harris’ Oberarm. “Eine Kugel hat unseren mutigen Chisholm hier niedergestreckt. Er blutet heftig, doch die Wunde ist nicht tief. Die Kugel ging durchs Fleisch hindurch, sodass wir sie nicht herausschneiden müssen. Wir werden sie mit heißem Pech bestreichen und …”
    Jenny zuckte zusammen. “Muss das sein?”
    “Aye, Miss.” Der erste Maat schob den Ärmel hoch und offenbarte eine böse aussehende Narbe auf seinem braun gebrannten Unterarm. “Das Pech schmerzt ein wenig, doch sorgt es dafür, dass er keinen Wundbrand bekommt.”
    “Jetzt ist’s aber genug, Maat”, rief ihm der Kapitän zu. “Kannst du nicht sehen, dass Miss Lennox schon ganz blass um die Nasenspitze ist?”
    “Wenn die Wunde nicht tief ist, warum liegt er dann so kalt und steif auf dem Deck?” wollte Jenny wissen.
    “Vielleicht hilft das, Miss Lennox.” Thomas Nicholson brachte einen kleinen Eimer und ein Tuch.
    “Danke, Thomas.” Jenny warf ihm dankbar ein warmes Lächeln zu. “Kannst du mir noch einige Tropfen Rum bringen? Es könnte helfen, Mr Chisholm wieder zu Bewusstsein zu bringen.”
    Unsicher blickte der Junge zu Kapitän Glendenning.
    “Steh nicht herum, Bursche.” Der Kapitän wühlte in seiner Hosentasche, zog einen schweren Schlüsselring hervor und warf ihn Thomas zu. “Tu, was die Dame sagt.”
    “Ich dachte, die Garnison von Halifax hätte dieses Schlangennest bereits ausgeräuchert”, brummte der Kapitän, als der Schiffsjunge davoneilte. “Entweder haben sie sich einschüchtern lassen oder eine neue Bande treibt ihr Unwesen. Glücklicherweise hatte ich eine Überraschung für unsere Freunde mitgebracht.”
    Er deutete auf eine kleine Kanone, die an der Backbordreling festgemacht war. “Ich konnte sie günstig in einer Gießerei in Glasgow erstehen. Ein kleiner Vierpfünder, doch treffsicher genug, um solche Halunken zur Strecke zu bringen. Chisholm half dabei, sie in Stellung zu bringen, als er von der Musketenkugel erwischt wurde. Bei dem Sturz hat er sich den Kopf angeschlagen.”
    Jenny drückte das nasse Tuch auf Harris’ Stirn. Seine fahle Gesichtsfarbe erschreckte sie. “Sollte er nicht schon zu sich gekommen sein?”, fragte sie, ohne dabei jemand anzusehen.
    “Er wird zu sich kommen, wenn er so weit ist.” Für Jennys Geschmack zuckte der Kapitän viel zu gleichgültig die Achseln. “Das wäre vielleicht der richtige Zeitpunkt, um die Wunde auszubrennen”, fügte er hinzu. “Das wird ihn zu sich bringen.”
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis der Koch das Pech erhitzt hatte. In der Zwischenzeit erteilte Kapitän Glendenning seinen Männern Befehle, die Bark vor Sonnenuntergang sicher durch den Canso zu steuern. Jenny, die auf den harten Planken kniete, war es vorbehalten, einsam über Harris zu wachen, dessen Kopf in ihrem Schoß ruhte. Thomas Nicholson hatte eine kleine Buddel Rum gebracht, doch Jenny konnte sich nicht entschließen, Harris etwas davon einzuflößen. Natürlich wünschte sie sich nichts mehr, als dass er wieder aus seiner Bewusstlosigkeit erwachte, andererseits befürchtete sie, ihn vielleicht zu früh zu wecken, wenn Kapitän Glendenning seine Wunde ausbrannte.
    Hat der arme Mann nicht bereits genug Verletzungen erlitten?, dachte Jenny, während sie die Finger sanft über die rötlichen Narben auf seinem kantigen Kinn streichen ließ. Sie fragte sich, wie er wohl dazu gekommen sei. Erst kürzlich war ihr bewusst geworden, dass diese seinen Charakter wie auch seine Erscheinung mitgeprägt hatten. Eine Träne schimmerte in ihrem Auge und fiel auf seine Wange. Harris zuckte leicht zusammen, doch er erwachte nicht.
    Im Licht der untergehenden Sonne gelangte die
St. Bride
von der engen Canso-Durchfahrt in breitere Gewässer. Jenny wurde es mit einem Mal bewusst, dass sie von anderen Dingen zu sehr in Anspruch genommen gewesen war, um einen Blick auf ihre neue Heimat zu werfen.
    Ein heftiges Stöhnen kam über Harris’ Lippen, doch seine Lider zuckten nicht.
    “Wir sind durch nach Northumberland.” Kapitän Glendenning rieb sich selbstzufrieden die Hände. “Nova Scotia liegt hinter uns, Prince Edward Island im Nordosten und New Brunswick im Südwesten. Bei gutem Wind werden wir den Hafen von Richibucto im Morgengrauen

Weitere Kostenlose Bücher