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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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Aufgebracht stieß er ihre Hände zur Seite.
    “Wollen Sie mich erwürgen?”
    “Ich möchte Ihnen beim Ausziehen behilflich sein, damit Sie bequemer ruhen können”, fauchte Jenny ihn an. In Wahrheit waren ihre Nerven von den Ereignissen des Nachmittags bis zum Äußersten gespannt. Beinahe wünschte sie, dass auch sie einen Schluck aus Kapitän Glendennings Rumflasche genommen hätte. “Wenn Sie mir dabei behilflich wären, wäre es für uns beide leichter.”
    “Sie können mir den Kragen abnehmen und mir die Stiefel ausziehen. Um alles andere kümmere ich mich selbst, haben Sie verstanden?”
    “Schon gut”, warf Jenny rasch ein. Er würde sich sicher besser fühlen, wenn sie ihn von den Stiefeln und dem Kragen befreite. Sie hatte kein Verlangen, ihm das Hemd abzustreifen, während sie auf seinen verwundeten Arm achten musste. Auch hatte sie keine Absicht, sich mit seinem Beinkleid abzugeben.
    Mühsam gelang es ihr, ihm die Stiefel auszuziehen. Ordentlich stellte sie diese ans Fußende seiner Koje, dann zog sie die Decke über ihn. In einer Ecke bemerkte sie einen kleinen dreibeinigen Schemel, den sie sich ans Bett heranschob. Seufzend ließ sie sich darauf nieder.
    Harris blinzelte sie an. “Was haben Sie nun vor?”
    “Wonach sieht es aus? Ich mache es mir bequem, um die Nacht hier zu bleiben, falls Sie etwas brauchen.”
    “Was ist mit Ihrem guten Ruf?” In Harris’ Stimme schwang Ironie mit. “Wie wollen Sie das Ihrem Bräutigam, Mr Douglas, beibringen, wenn er erfährt, dass Sie die Nacht in
meiner
Kajüte verbracht haben?”
    Warf er ihr Leichtsinn nach all den Wochen des Zusammenseins an den Kopf?
    “Ich werde ihm selbstverständlich die Wahrheit sagen. Dass Sie verwundet waren und ich Sie gepflegt habe.” Jenny merkte, wie ihre Wangen sich vor Ärger röteten. “Ich werde ihm auch sagen, dass Sie nicht in der Verfassung waren, Annäherungsversuche zu machen.”
    “Was ist jedoch mit Ihnen, Jenny Lennox?” wollte Harris wissen. “Ist meine Tugendhaftigkeit sicher vor Ihnen?”
    “Ich werde mir alle Mühe geben, mich zurückzuhalten”, antwortete Jenny spöttisch.
    Harris lachte trocken. “Das hatte ich befürchtet.”
    Was, um alles in der Welt, meinte er damit?, fragte sich Jenny.
    Er schloss wieder die Augen. “Gehen Sie weg, Jenny. Lassen Sie mich in Frieden.”
    Wenn Harris erwartet hatte, dass sie gehen würde, hatte er sich geirrt. “Ist es nicht das, was auf Ihrem Grabstein stehen wird –
Ruhe in Frieden
?”
    “Ich habe nicht die Absicht, für Sie zu sterben, Jenny. Es mag nicht danach aussehen, aber ich habe schon Schlimmeres erlebt. Ich möchte nur allein gelassen werden.”
    “Warum?”
    Harris richtete sich mühsam auf. “Warum?” wiederholte er ihre Frage. “Weil mein Arm verdammt wehtut und mein Kopf verdammt schmerzt und ich mich so eigenartig fühle – dass ich nicht weiß, was ich als Nächstes sagen oder tun könnte. Ich möchte mich ausruhen, ohne dass Sie mich ansehen oder sich jedes Mal sorgen, wenn ich ein Stechen verspüre.”
    Welch ein widerborstiger, eigensinniger Narr von Mann! Jenny zitterte, als sie sich bemühte, ihren Ärger zu zügeln. Noch nie hatte jemand ihre Gefühle derart in Aufruhr gebracht wie Harris Chisholm. Gleichgültig, ob es Zorn oder Mitleid oder … irgendetwas anderes war, er weckte ungezügelte Empfindungen in ihr. Das hasste sie.
    “Sind Sie zu stolz, um vor einer Frau Ihre Schmerzen einzugestehen? Ist es deshalb? Nun, tun Sie sich keinen Zwang an, mich kümmert das nicht. Jammern Sie. Stöhnen Sie. Schreien Sie wie ein kleines Kind, wenn Sie wollen. Ich schwöre Ihnen, ich werde nicht verächtlich auf Sie herabsehen.”
    “Doch nur, weil Sie ohnehin schon geringschätzig über mich denken.”
    Jenny zögerte einen Augenblick. Die Worte, die sie sagte, überraschten sie. “Nein”, erwiderte sie leise. “Ich halte sehr viel von Ihnen, und nichts kann das jemals ändern. Zuerst haben Sie meine Träume wahr gemacht, indem Sie mich auf die
St. Bride
mitgenommen haben.”
    Obwohl sie wusste, dass sie an dieser Stelle über Roderick Douglas sprechen sollte, mochte sie aus unerfindlichen Gründen dessen Namen nicht aussprechen. “Dann lehrten Sie mich lesen. Sie ahnen nicht, welches Geschenk das für mich ist. Ich verdanke Ihnen so viel. Lassen Sie mich diese Kleinigkeit tun und heute Nacht an Ihrem Bett sitzen.”
    Sein Kopf fiel so plötzlich in das Kissen zurück, dass Jenny vor Angst aufsprang. “Was ist mit Ihnen,

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