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Die schottische Braut

Die schottische Braut

Titel: Die schottische Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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Aufmerksamkeit schenken.” Ihre Stimme wurde zu einem ängstlichen Flüstern. “Und wer weiß, was Roderick Douglas mir antun würde, wenn er mich ertappen würde.”
    “Du hast recht.” Harris verfluchte sich, dass er das vorgeschlagen hatte. “Es tut mir leid, dass ich fragte. Ich muss mir etwas anderes einfallen lassen.”
    “Es gibt keinen anderen Weg, Harris.” Sie schüttelte den Kopf. “Das Aufgebot ist verlesen. Jenny ist so gut wie verheiratet mit Roderick Douglas.”
    Drei Monate zuvor, wenn er der gleichen Situation gegenübergestanden hätte, hätte Harris an seine Niederlagen gedacht und aufgegeben. Nicht jetzt. Die Zerreißprobe mit Jenny hatte seine Kräfte gestärkt wie feuergehärteter Stahl.
    “Aufgebot!”, rief er. “Das ist es, Morag. Gib mir das Hemd. Ich muss mich auf den Weg machen.”
    Sie sah ihn an, als wäre er von Sinnen. “Was hast du vor, Harris? Du kannst kaum sitzen, geschweige allein stehen oder gehen. Was tut es Miss Lennox Gutes, wenn du dich selbst, bei dem wahnwitzigen Versuch, sie vor ihrer eigenen Torheit zu schützen, umbringst?”
    Mit zusammengebissenen Zähnen richtete sich Harris auf. Zu seinem eigenen Erstaunen fiel er nicht sofort vornüber. “Meine Beine haben die wenigsten Hiebe abbekommen, Morag. Und du kannst dir deine Worte sparen, denn du wirst mich nicht von meinem Vorhaben abhalten. Es kann gut sein, dass ich versage, doch das wird mich nicht daran hindern, es zu versuchen.”
    “Gut, dann lass dich nicht aufhalten.” Sie warf ihm das Hemd zu. “Doch ich werde es nicht zulassen, dass du so gehst, wie du gekommen bist, mit nichts als nur den Kleidern an deinem Körper.”
    Er warf ihr ein dankbares Lächeln zu, bevor er das Hemd überstreifte. “Ich werde nehmen, was du mir an Wegzehrung geben kannst.”
    Morag ging ohne ein weiteres Wort, doch an der Tür zögerte sie. Als sich ihre Silhouette gegen das Sonnenlicht abzeichnete, sah Harris, wie ein Beben sie durchzuckte. Er vernahm, wie sie erneut Atem schöpfte. “Ich habe mir immer einen Mann gewünscht, der mich so lieben würde, wie du sie liebst.”
    Harris schleppte sich die wenigen Schritte bis zu ihr. Dann legte er die Arme um Morag, um sich bei ihr abzustützen, aber auch, um ihr ein wenig Trost zu spenden.
    “Einer wird es tun, Morag. Vielleicht ist einer da, der das bereits tut. Hast du dich wirklich genau genug umgeschaut?”
    Einen Augenblick gab sie sich seiner Umarmung hin, ehe sie sich freimachte. “Sprich keinen Unsinn, Harris. Ich will sehen, was ich für dich zurechtmachen kann.”
    Es erfreute sein Herz, dass in ihrer kurzen Erwiderung bereits ein wenig Wärme lag.
    Eine halbe Stunde später machte er sich beherzt auf den Weg. Wenn er auch gelegentlich schwankte, so murmelte er zuversichtlich die Liste mit Richtungshinweisen, die ihm Alec McGregor gegeben hatte, vor sich hin. Er war sich bewusst, dass er fünf Tage Zeit hatte, nach Richibucto zu kommen und wieder zurück. Ein großes Vorhaben, doch es war durchführbar.
    Von ihrem teuren, blank polierten Schlafzimmerfenster aus blickte Jenny hinaus zu den in der Ferne liegenden Wäldern.
    “Wo bist du jetzt, Harris?”, flüsterte sie. “Und warum hattest du diese Zeit gewählt, um zu mir zu kommen, wenn ich dir sagte, du solltest fortgehen?”
    Die Schuld lastete schwer auf ihrer Seele – Jenny wusste das. Ihre Stimmung wurde dadurch nicht gehoben.
    Sie hatte Harris von sich gestoßen oder war vor ihm geflohen, von dem Augenblick an, als ihr bewusst geworden war, welche Gefahr er für ihre Pläne und ihren Seelenfrieden bedeutete. Früher oder später wäre er gezwungen gewesen, sie beim Wort zu nehmen.
    Warum fühlte sie sich nach seinem Abschied so einsam und verlassen?
    Außer beim Tod ihrer Mutter hatte Jenny dieses Gefühl niemals zuvor empfunden. Nun verstand sie wenigstens zum Teil, wie sein eigenes Verlassenwerden Harris’ Charakter geprägt hatte. Sie vermochte, den Schmerz nachzuempfinden, den es ihm bereitet hatte. Was sie nicht ergründen konnte, war, warum er sich erneut den Qualen aussetzte, indem er ihr nachstellte – einer Frau, die dazu bestimmt war, ihn zu verlassen.
    Offenbar war er schließlich doch noch zur Besinnung gekommen, und das rechtfertigte all ihre Vorstellungen über romantische Liebe. Harris hatte tiefe Gefühle für sie gehegt. Und er hatte sie tief in seinem Innern begraben, als es offensichtlich wurde, dass sie Roderick versprochen war. Es war besser, diese harte Lehre jetzt zu

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