Die schottische Lady
du deine Anwesenheit geheimhalten willst, kannst du doch nicht einfach herumlaufen«, warnte sie ihn.
»In diesem Schloss wimmelt es von Geheimgängen.«
»Oh "
»Geht es um Shawna?« fragte Hawk.
»Ja, ich behalte sie ständig im Auge. In der Nacht meiner Heimkehr wurde sie von einem Mann verfolgt und fast getötet. «
»Von wem?«
»Ich kannte ihn nicht. Notgedrungen erstach ich ihn.«
»Was sagte der Constable dazu?«
»Die Leiche wurde nicht gefunden, weil ich sie im See versenkt hatte.«
»Und Shawna nimmt die Gefahr nicht ernst, in der sie schwebt?«
»Sie will nicht zugeben, dass ein MacGinnis hinter dem Anschlag stecken könnte. Jetzt, da du hier bist, werde ich mehr Zeit finden, um in beiden Schlössern Anhaltspunkte und Spuren zu suchen. Ich bin dir sehr dankbar für deine Unterstützung, mein Bruder. Trotz der Schwierigkeiten in Amerika bist du hierhergekommen. Das weiß ich zu schätzen. Wenn dies alles vorbei ist, begleite ich dich ins Sioux-Land und helfe dir, deine Probleme zu lösen.«
»Darüber würde ich mich sehr freuen. Und ich danke dem Himmel, dass du noch lebst.«
Die beiden Brüder umarmten sich, dann küsste David seine Schwägerin auf die Wange. »Verzeih -mir die Störung - und den Schrecken, den ich dir eingejagt habe.«
Fasziniert beobachtete sie, wie er einen Stein in der Mauer neben dem Bett berührte, eine schmale Tür öffnete und im schwarzen Nichts verschwand. Danach erklang das leise scharrende Geräusch, das sie bei Davids Ankunft gehört hatte, die Mauer schloss sich. Nicht einmal eine Ritze war zu sehen. »Mein Gott, er lebt! Und in diesem Schloss geschieht irgendetwas Schreckliches.«
»Offensichtlich. Nur gut, dass ich hier bin und ihm beistehen kann - obwohl er die Schwierigkeiten sicher auch allein meistern würde.«.
»Zweifellos. Ein eindrucksvoller Mann ... «
»Gefällt er dir?«
»O ja.«
»Muss ich eifersüchtig sein?«
»Das würde dir nur recht geschehen.«
»Aber ich bin nicht eifersüchtig.«
»Warum nicht?«
»Weil ich meinem Bruder vertraue.«
»Mir nicht?« fauchte sie und warf ein Kissen nach ihm.
Lachend nahm er sie in die Arme und küsste sie. Das Verlangen, das so plötzlich abgekühlt war, erwachte von neuem.
Aber sie rückte von ihm ab. »Womöglich werden wir wieder gestört. Gibt es wirklich so viele Geheimgänge in diesem Schloss ?«
»Sehr viele. Früher waren die Douglas Jakobiten.«
»Jakobiten?«
»Ja. So nannten sich die Anhänger James 11. Seine schottische Stuart-Linie regierte Schottland und England. Aber dann nahm er eine katholische Prinzessin zur Frau. Die Engländer und viele Schotten wollten den Sohn der beiden nicht als Thronerben anerkennen. Als seine Tochter Mary und sein Schwiegersohn, William von Oranien, nach England kamen und die Krone beanspruchten, musste James abdanken. Er floh nach Frankreich, und sein Sohn übernahm die Rolle des Thronfolgers. Später bekam er selbst einen Sohn, und von da an trug er den Beinamen >alter Prätendent<. Keiner seiner Nachkommen konnte den Thron erobern. Aber viele Hochländerfamilien unterstützten jahrelang die Bemühungen der Stuarts. Oft mussten ihre Anhänger, darunter viele Priester, versteckt werden. Dafür eigneten sich besonders Festungen wie Castle Rock mit ihren vielen Geheimgängen. Diese Schlupfwinkel waren damals ein Gottesgeschenk.«
»Und jetzt sind sie aber ein gewisses Ärgernis.«
Hawk grinste und zog seine Frau wieder an sich. »Mach dir keine Sorgen. David wird nicht zurückkommen. Und nun wollen wir uns endlich ausziehen und ins Bett gehen.«
Statt den ersehnten Schlaf zu finden, starrte Shawna ins Kaminfeuer. In den Flammen sah sie die Vergangenheit vor sich, jene Nacht, in der sie neben der verbrannten Leiche erwacht war, und sie glaubte immer noch, ihren eigenen Schrei zu hören.
Plötzlich fürchtete sie, jemand könnte ihr Zimmer betreten. Sie stand auf und schaute sich prüfend um. Keine Menschenseele. Trotzdem hatte sie das beklemmende Gefühl, nicht allein zu sein. Sie spähte unter das Bett. Dann blickte sie durch die Balkontür in die Nacht hinaus. Der Mond stand hoch am Himmel.
***
Als sie ein seltsames Geräusch vernahm, kroch sie hastig unter die Decke. Hatte sie sich getäuscht?
Nein. Er war zu ihr gekommen. In seiner schwarzen Kleidung saß er vor dem Kamin, ein gestiefeltes Bein lässig über die Armstütze des alten Queen Anne-Sessels gelegt.
Sollte sie vor Wut schreien - oder einfach nur beten?
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