Die schottische Rose
sie das tun würde. Als sie sich ausmalte, wie sie diesem schottischen Barbaren eine Lektion erteilte, ihn hochmütig in seine Schranken wies und er zerknirscht wie ein reuiger Sünder vor ihr stand, besserte sich ihre Laune schlagartig.
»Bist du sicher, dass das eine gute …?«, begann Nanette, unterbrach sich jedoch, als ihre Freundin an ihr vorbei Richtung Tür rauschte. »Wo willst du denn hin? Juliet? Juliet!«, rief sie ihr verblüfft nach.
»Natürlich zu diesem McPherson.« Juliet war genau in der richtigen Stimmung, um diesen arroganten Kerl zurechtzustutzen. Sie freute sich darauf, ihm das überhebliche Grinsen von seinen Lippen zu wischen, seinen zugegebenermaßen sehr vollen, sinnlichen Lippen.
»Aber es ist mitten in der Nacht«, machte Nanette noch einen Versuch. »Und du kannst nicht allein zu einem Mann in sein Gemach gehen! Und das musst du, weil ich dich nicht begleiten werde. Das wäre höchst unschick…«
Nanette starrte verblüfft die Tür ihres Gemachs an, die mit einem vernehmlichen Knall ins Schloss gefallen war. Einen Moment spielte sie mit dem Gedanken, ihrer Freundin zu folgen und sie zur Umkehr zu bewegen. Aber sie wusste, dass Juliet sich nicht aufhalten ließ, wenn sie in dieser Stimmung war. Normalerweise bekam sie immer ihren Willen, wenn sie so wütend und entschlossen etwas anpackte. Aber in diesem Fall … Nanette erinnerte sich sehr gut an die wütenden Blicke, die Connor McPherson ihrer Freundin zugeworfen hatte. Möglicherweise hatte Juliet hier ihren Meister gefunden, was Entschlossenheit und Sturheit anging. Sie schüttelte den Kopf, ging zu dem Stuhl am Kamin und ließ sich hineinfallen.
Möglicherweise, dachte sie, wird es ja Zeit, dass jemand Juliet einmal eine Lektion erteilt. Ich werde in Ruhe hier abwarten, bis sie zerknirscht zurückkommt, und sie dann trösten. Und bis dahin …
Sie streckte die Hand aus, nahm den kleinen Krug mit dem Wasser des Lebens und goss sich einen großzügig bemessenen Schluck von dem Whisky in den Kelch. Dann nahm sie das zierliche Gefäß und hob es vor sich in die Luft. »Auf alle Kentauren dieser Welt«, sagte sie. »Auf schottische Chieftains …«, sie kicherte, »und auf irische Ollaven«, setzte sie fast schüchtern hinzu, roch genießerisch an dem Getränk und trank einen kleinen Schluck. »Und auf das Wasser des Lebens.«
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10. Kapitel
H amish McPherson kochte vor Wut. Nicht nur, dass Connor ihm den Rang des Chieftains der McPhersons und den Titel des Earls von Mandrake abspenstig gemacht und so alle Pläne vereitelt hatte, die er mit Argyll von Albany geschmiedet hatte. Jetzt sah es auch noch so aus, als würde er ihm sogar noch den höchsten Preis aus den Fingern reißen, den der Herzog Hamish für seine Treue und Loyalität in Aussicht gestellt hatte.
Aylinn von Albany hatte ihn den ganzen Abend über so gut wie gar nicht beachtet, sondern nur Augen für Connor gehabt. Dabei hatte es so gut mit ihnen beiden ausgesehen. Die kühle, abweisende Aylinn hatte sich in den letzten Monaten ihm gegenüber etwas freundlicher verhalten, ja, sie waren sogar mehrmals miteinander ausgeritten. Zwar immer in Begleitung eines Bewaffneten, aber trotzdem …
Hamish hatte die Ecke des Korridors erreicht, der zum neuen Südturm führte, in dem diese französische Spionin und ihre Freundin untergebracht waren und wo seine Mutter auch Aylinn ein Gemach zugewiesen hatte. Er würde sie zur Rede stellen. Ihr klarmachen, dass sich durch Connors Rückkehr an seinen und des Herzogs Plänen nichts Entscheidendes geändert hatte. Der Herzog hatte ihn bei seinem kurzen Besuch zur Seite genommen und ihm gesagt, was er von ihm erwartete. Hamish hatte zwar einen Moment gezögert, als der Herzog ihm seine Pläne erläuterte, aber seine Wut über Connors Auftauchen und Verhalten hatten seine Bedenken gegen diesen nicht ungefährlichen Plan rasch beiseite gefegt.
Jetzt blieb er abrupt stehen, als er eine Tür in einem der oberen Gänge des Südturms zufallen hörte. Schritte ertönten auf der Treppe, leise Schritte, nicht wie von schweren Stiefeln, sondern als trüge die Person … zierliche Lederpantoffeln.
Hamish presste die Lippen zusammen. Aylinn!, dachte er. Sie … Sein Herz hämmerte, eine Ader auf seiner Stirn trat hervor und pochte heftig. Er musste nicht lange nachdenken, wohin Aylinn von Albany um diese Zeit noch unterwegs war. Er wirbelte herum und lief, so leise er konnte, den Gang zurück in Richtung Nordturm, in dem Connor sein
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