Die schottische Rose
das die falschen Worte gewesen, denn Juliet warf die Arme in die Luft und wirbelte auf dem Absatz ihrer Pantoffeln herum. »Ich übertreibe? Dass ich nicht lache! Und das von meiner besten Freundin! Wo warst du denn mit deinen Gedanken während des Essens?« Sie schnaubte verächtlich. »Nein, sag es nicht, ich kann es mir denken. Bei diesem ebenso ungebildeten wie barbarischen Iren …«
»Buffon O’Dermick ist keineswegs ungebildet«, widersprach Nanette hoheitsvoll. »Er ist ein Ollave! Das sind …«
»Ich weiß, was ein Ollave ist«, zischte Juliet erbost. »Ein trinkfreudiger, ungehobelter, lüsterner, irischer Bock, der zufällig lesen und schreiben kann und dieses Talent daran verschwendet, anzügliche Lieder zu dichten, die jedem anständigen Menschen die Schamesröte …«
Nanette konnte nicht anders, sie musste lachen.
Juliet war davon so überrascht, dass sie mitten im Satz mit offenem Mund innehielt und Nanette ungläubig anstarrte. »Was …?«
Nanette wischte sich die Tränen aus den Augen und trat einen Schritt auf ihre Freundin zu. »Wirklich, Juliet, das ist einfach … zu köstlich!«
»Köstlich?« Juliet bekam vor Empörung kaum noch Luft. »Das ist ja … Wie kannst du … Also wirklich …!« Sie schüttelte wütend die Hand ihrer Freundin ab, als diese sie beruhigen wollte. Wenn sie sich an das Lied erinnerte, traten ihr vor Wut und Scham die Tränen in die Augen. Nicht nur, dass dieser hinterhältige, barbarische, ungehobelte Connor McPherson mit seiner unverschämten Andeutung, dass sie für den Herzog spioniere, ihr so sorgfältig ausgelegtes Netz zerrissen hatte, in dem sie diese primitiven Highlander schon so gut wie gefangen hatte! Nein, zu allem Überfluss hatte dann auch noch sein Freund, dieser rothaarige, saufende und fressende irische Bänkelsänger, sich in einem Spottlied über sie lustig gemacht! Und er hatte kein einziges schamloses Detail ausgelassen. Dabei war er bei ihrer Begegnung am Elfenteich doch gar nicht dabei gewesen!
Braucht er ja auch nicht, dachte sie grimmig. Vermutlich hat ihm sein rüpelhafter Freund alle pikanten Details in den leuchtendsten Farben geschildert.
Erneut wurde ihr heiß vor Scham, als sie sich vorstellte, wie diese beiden … beiden … Männer sich vor Vergnügen auf die Schenkel geklopft hatten, als Connor Buffon von seiner Begegnung mit der nackten Nymphe im Teich erzählt hatte.
Nanette seufzte, packte Juliet am Arm und zog die Widerstrebende zu einem gepolsterten Lehnstuhl am Kamin. »Jetzt setz dich und beruhige dich endlich!«, befahl sie gebieterisch. »Hier, trink einen Schluck. Das beruhigt die Nerven. Und das hast du dringend nötig!«
Juliet hob abwehrend die Hand, aber Nanette ließ ihren Einwand nicht gelten und drückte ihr einen Kelch mit dem Lebenswasser in die Hand.
»Niemand von den Anwesenden wusste doch, auf wen diese Ballade gemünzt war«, versuchte Nanette sie zu beruhigen. »Niemand außer dir und Connor. Und mir, natürlich«, fügte sie bescheiden hinzu. »Und wenn ich das sagen darf, Connor schien ebenso wenig erfreut über das Lied zu sein wie du.« Sie kicherte. »Du warst zu beschäftigt, deine Zukunft aus dem Bodensatz deiner Schüssel zu lesen, als dass du es bemerkt hättest, aber ich habe sein Gesicht gesehen, als Buffon das Lied gesungen hat.« Sie schnalzte mit der Zunge. »Wenn ich nicht wüsste, dass die beiden die besten Freunde sind, würde ich keinen Pfifferling um Buffons Leben geben, das kann ich dir versichern.«
»Und wenn schon«, fuhr Juliet hoch. »Das ist trotzdem keine Entschuldigung …!«
»Beruhige dich«, unterbrach Nanette sie, drehte sich um und ging langsam durch das Zimmer. »Deiner Würde ist nichts Böses geschehen, denn es hat niemand gemerkt, dass du gemeint warst.« Sie blieb stehen und legte den Kopf schief. »Wenn man einmal davon absieht, dass deine Wangen wie reife Tomaten geglüht haben, du ständig aus einem leeren Wasserglas getrunken hast und ausgesehen hast, als würdest du splitternackt an der Tafel sitzen …«
Nanette sprach noch eine ganze Weile beruhigend auf ihre Freundin ein. Doch kaum hatte sie geendet, schlug Juliet mit den Fäusten auf die Lehnen des Stuhls und sprang auf, noch ebenso aufgebracht wie zuvor.
»Ich werde ihn zur Rede stellen!«, rief sie. Der Gedanke beflügelte sie. Sie würde geradewegs zu diesem eingebildeten, selbstherrlichen Connor McPherson marschieren und ihm klarmachen, dass sie sich nicht so behandeln ließ. Und wie
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