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Die schottische Rose

Die schottische Rose

Titel: Die schottische Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo MacDoherty
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Umgebung zu achten, davoneilte. Deshalb bemerkte sie auch den anderen Schatten in dem Gang nicht, der reglos hinter einem Vorhang verharrte.
    Juliet hielt den Kopf gesenkt, als sie davonlief. In ihrem Inneren rangen neue Gefühle mit dem Zorn und der Empörung über Connor McPherson. Sie brauchte einen Moment, bis sie sich darüber klar wurde, was das für Gefühle waren. Enttäuschung, selbstverständlich. Sie war so schön in Schwung gewesen, aber sie konnte Connor wohl kaum zurechtstutzen, wenn er sich gerade mit Aylinn … vergnügte.
    Doch nicht dieses Gefühl bestürzte Juliet zutiefst, sondern die andere Empfindung, die weit stärker war als die Empörung und der sie unwillkürlich mit dem Wort »Rivalin« einen Namen gegeben hatte.
    Juliet weigerte sich, es sich einzugestehen, aber die spöttische Stimme in ihrem Hinterkopf war längst nicht so zurückhaltend. Gib doch endlich zu, höhnte sie, dass du nur aus einem einzigen Grund hier bist. Du wolltest ihn sehen. Du musstest einfach zu ihm. Du konntest nicht anders. Selbst, wenn diese Konfrontation dich erneut gedemütigt hätte. Und was du jetzt empfindest, ist nichts weiter als ganz schlichte, ordinäre …
    »Eifersucht!«, flüsterte Juliet, und ihr traten vor Wut und Enttäuschung die Tränen in die Augen.
    Sie bog um eine weitere Ecke in den Gang ein, der zum Südturm führte. Dabei gestikulierte sie mit den Händen, während sie leise vor sich hin murmelte.
    »Was hast du denn schon erwartet?«, fragte sie sich. »Was kann man von so einem verdammten schottischen Barbaren anderes erwarten? Dieser … dieser …« Die Tränen, die ihr in die Augen gestiegen waren, liefen ihr jetzt ungehindert über die Wangen, und sie stieß eine leise Verwünschung aus. Warum ging ihr das so nah? Sie kannte Connor McPherson doch gar nicht. Sie hatte nur wenige Worte mit ihm gewechselt. »Und die waren alles andere als erfreulich«, erklärte sie sich selbst laut, als könnten ihre Versicherungen dann besser wirken. »Also«, sie fuhr sich mit der Hand über die Wangen und rieb sich die Augen, als sie sich einem Bogenportal näherte, von dem eine schmale Treppe mit flachen Stufen nach oben führte. Es war der Eingang zum Südturm. Der Wind fegte durch die Schießscharten eines kleinen Erkers, und sein Heulen mischte sich mit hallenden Schritten, die eindeutig nicht von Pantoffeln stammten und vom oberen Ende der Treppe kamen.
    Doch Juliet war viel zu sehr mit ihren aufgewühlten Emotionen und ihrem wütenden Plädoyer gegen Connor McPherson beschäftigt, um darauf zu achten. Sie ging einfach weiter, fuchtelte dabei mit den Händen durch die Luft, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, schritt durch das Bogenportal und … prallte gegen einen großen, festen, warmen menschlichen Körper. Einen sehr männlichen, warmen Körper.
    »Heda!« Die männliche Stimme klang dunkel, tief und eindeutig überrascht. »Was …?«
    »Au!« Juliet taumelte und wäre gefallen, wenn nicht zwei kräftige Hände nach ihr gegriffen und sie festgehalten hätten. »Passt doch auf!«, platzte es barscher aus ihr heraus, als sie gewollt hatte, zumal sie schließlich selbst an diesem Zusammenprall schuld war. Sie hatte den Kopf noch gesenkt und holte jetzt tief Luft, um den Mann, vermutlich einen Lakai, der die Fackeln löschte, anzufahren, als sie ein Kribbeln auf ihrer Haut spürte, dort, wo die kräftigen, schlanken Finger des Mannes sie festhielten. Ihre Knie wurden weich, und ihr Herzschlag beschleunigte sich noch mehr, als der Mann sie an seinen kräftigen Körper drückte, damit sie nicht umfiel. Sie hatte den Kopf noch immer gesenkt und sah den Stoff des weißen Leinenhemds unmittelbar vor sich. Es schimmerte im Licht der Fackel, und es war am Hals weit geöffnet. Das schwarze Brusthaar, das aus dem Ausschnitt lugte, glänzte und wirkte wie Seide, die breite, muskulöse braune Brust hob und senkte sich in schnellen Atemzügen, und die Haut, gegen die ihre Wange und Nase drückte, duftete nach Eisenkraut und Holzfeuer und nach altem, schwerem Wein …
    Juliet hob unwillkürlich die Hand, um sich an der Schulter des Mannes festzuhalten. Sie wusste, dass sie sich eigentlich hätte befreien sollen, zurücktreten und den Mann ausschelten, weil er so unachtsam gewesen war. Aber abgesehen davon, dass sie ihren Beinen nicht traute, wusste sie, ohne aufzublicken, dass dies kein Lakai war.
    Ihr Zorn und ihre Enttäuschung siedeten immer noch irgendwo in ihrem Innersten, aber sie ebbten

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