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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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hören.«
    Der alte Hass existierte also immer noch.
    Sein Bart war nicht mehr lockig und blau, sondern schwarz und ordentlich gestutzt. In seinen Augen war eine Traurigkeit, die auch die raffinierteste Schminke nicht überdecken konnte. »Aber wenn Ihr nicht als Jean de Malestroits Abgesandte hier seid, warum dann?«
    »Ich bin hier als Guillemette la Drappière, auch wenn für mich diese Frau schon lange tot zu sein scheint. Es gibt Dinge, die ich wissen muss. Fragen, die nur Ihr beantworten könnt.«
    In diesem Augenblick konnte ich beinahe spüren, wie er innerlich zusammenzuckte.
    Er wusste also, warum ich gekommen war.
    »Aber, Madame, Ihr wisst doch sicherlich mehr über mich und mein Leben als sonst jemand.«
    »Ich weiß nicht, ob Ihr meinen Sohn Michel getötet habt.«
    Nun endlich war es draußen. Allein schon die Tatsache, dass ich es ausgesprochen hatte, verschaffte mir Erleichterung. Noch dazu war die Antwort greifbar nahe. Ich wollte sie hören.
    Ich starrte direkt in die kalten blauen Augen meines fils de lait. Kaum je in meinem Leben hatte ich mich so unbehaglich gefühlt. Dann aber wurden zu meiner Verwunderung seine Augen feucht. Er erschreckte mich, indem er vor mir auf die Knie fiel. Er drückte sein tränennasses Gesicht an meine Knie und umfasste meine Beine. Ich verlor beinahe das Gleichgewicht, so inbrünstig war seine Umklammerung. Er weinte laut mit der Hingabe eines Kindes.
    Dann begann er zu sprechen: »Madame, ich habe viele unaussprechliche Verbrechen begangen: Ich habe annähernd alles getan, was man mir vorwirft. Aber ich habe Euren Sohn nicht getötet, und ich bin entsetzt, dass Ihr so etwas von mir glauben könnt; bin ich denn für Euch ein solches Ungeheuer?«
    So fuhr er fort, und in meinem Herzen machte sich Verwirrung breit. »Ich weiß nicht, was mit meinem wahren Bruder Michel geschehen ist«, sagte Gilles, vielleicht um mein Herz zu erweichen, »doch ich will immer glauben, dass es der verfluchte Keiler war, der ihn fortschleppte, derselbe, der meinen Vater aufspießte.«
    Es lag so viel Zerknirschung in seiner Stimme, so viel Ernsthaftigkeit in seiner Leugnung. Ich flüsterte: »Habt Ihr ihn wirklich nicht getötet?«
    »Nein.«
    Gott schütze mich, ich glaubte ihm. Meine Erleichterung war grenzenlos, obwohl das größere Geheimnis, wie mein Michel ums Leben gekommen war, mich immer noch quälte. Hatte ein Jäger ihn aus irgendeinem unbegreiflichen Grund getötet? Ich wollte es unbedingt glauben.
    »Milord«, flüsterte ich. »Gott verabscheut Euch nicht. Gott liebt Euch, dessen bin ich mir sicher. Er wird Euch vergeben, wie er allen seinen Sündern vergibt, wenn Ihr nur offen und ohne Zögern Eure Sünden beichtet.«
    Ich legte ihm die Hand auf den Kopf und strich ihm übers Haar, wie ich es oft getan hatte, als er noch Kind war; verzweifelt klammerte er sich an mich.
    »Ja, ja«, murmelte er, die Stirn an meinem Knie. »Das wird er. Ich bin Christ, in seine Arme übergeben durch das Sakrament der Taufe, und jetzt verweigert man mir seine Gnade. Ich flehe Euch an, helft mir, Mère – man darf mir die Sakramente nicht verweigern.« Er umklammerte meine Beine noch fester.
    »Hört mich an«, sagte ich. »Ihr wisst, was Ihr tun müsst. Ihr müsst morgen vor die Richter treten und offen über all die Dinge sprechen, die Ihr mir soeben gestanden habt. Dann wird alles gut werden.«
    Er schaute zu mir hoch, während er sich von mir löste und sich die Tränen abwischte. »Ist das wahr?«, fragte er mit kindlicher Stimme.
    »Ja«, sagte ich, nun wieder die Mutter. »Erhebt Euch jetzt. Gott wird alles zum Guten wenden.«
     
    Jean, mein teurer Sohn, bitte verzeih mir; ich weiß, dass meine Nachlässigkeit im Schreiben dir Sorgen bereitet hat. Seine Eminenz hat mir von deiner Nachfrage im Brief des Kardinals an ihn berichtet. Bitte sorge dich nicht mehr. Nun bin ich zumindest in Maßen von dem grausamen Kummer befreit, der mich übermannt hatte und davon abhielt, zur Feder zu greifen.
    Heute suchte ich Milord Gilles in den Gemächern auf, in denen er hier im Schloss gefangen gehalten wird. Ich stellte ihm die Frage, die mich seit langem quälte, wie du weißt – die nach den Umständen von Michels Tod. Zu meiner unendlichen Erleichterung leugnete er jede Mittäterschaft und sprach stattdessen von Herzog Jeans Jägern, was er zuvor noch nie getan hatte. Ich glaube, dass er mir die Wahrheit sagte, denn im selben Atemzug gestand er mir, dass er all die anderen Morde begangen hat, die

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