Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
Vom Netzwerk:
bauen lassen. Doch ich besann mich eines Besseren, bevor ich sie benutzte.«
    »Dann ist es also nicht wahr, dass sie, wie wir erfahren haben, vorwiegend deshalb wieder eingerissen wurden, weil der Dauphin von Wien beschlossen hatte, Euch einen Besuch abzustatten, und Ihr nicht wolltet, dass er sie sähe und Euch verdächtigte?«
    Wie steif und abwehrend bei dieser Anschuldigung seine Haltung doch wurde. »Das ist nicht wahr, Milord Bischof, ich schwöre es.«
    Jean de Malestroit lehnte sich zurück und dachte über das eben Gesagte nach. Nach einigen Augenblicken beugte er sich wieder vor. »Milord, ich bitte Euch noch einmal, auf den Vorwurf der Anrufung von Dämonen zu antworten, und ich erinnere Euch an Euren Eid.«
    Gilles de Rais ließ sich nicht ins Wanken bringen. »Ich leugne ihn. Unmissverständlich. Und wenn es Zeugen gibt, die durch Ihre Aussage beweisen wollen, dass ich tatsächlich Geister angerufen habe, dann werde ich mich einer Feuerprobe unterziehen, um sie zu widerlegen. Wenn solche Zeugen auftreten, werde ich Ihre Aussage benutzen, um meine Haltung in dieser Angelegenheit zu erhellen.« Er sprach jetzt voller Selbstsicherheit. »Es wird eine breitere Auslegung dieser Dinge zum Vorschein kommen, das kann ich Euch versichern.«
    Auf diese Unschuldserklärung hin lief Chapeillon eilig zum Richtertisch, wo er und die beiden Richter sich vertraulich berieten. Alle zeigten Mienen von Abscheu und Enttäuschung, denn dieser Vormittag war gut gelaufen – bis Gilles de Rais wieder einmal beschloss, ihnen die Stirn zu bieten.
    Ich hatte nach unserer Begegnung am vergangenen Abend so sehr auf Besseres gehofft, hatte inbrünstig gebetet, dass Milord an diesem Morgen den Gerichtsaal betreten, seine Ketzerei eingestehen und seine Strafe annehmen würde. Nun trieb mich keine formlose Wut mehr dazu, diesen Mann zu hassen und zu schmähen; er hatte mir gesagt, dass er Michels Tod nicht verursacht habe, und ich glaubte ihm. Ich wünschte mir, dass dies alles von ihm genommen würde, obwohl ich wusste, dies bedeutete, dass er sein Leben aufgeben musste – das war die vorgeschriebene Strafe für diese Art von Verbrechen. Aber vielleicht würde man ihm gestatten, es ein wenig leichter, mit weniger Schmerzen aufzugeben. Ich könnte es nicht ertragen, ihn sterben zu sehen wie Jeanne d’Arc.
    Chapeillon wandte sich vom Richtertisch ab und winkte einen Geistlichen zu sich, der in einer der vorderen Reihen saß, einen gewissen Robin Guillaumet, der ebenfalls zu dieser Diözese gehörte. Chapeillon flüsterte Guillaumet etwas zu, der nickte und sogleich zum Ausgang des Saales eilte. Dort sprach er kurz mit einem der Wachposten, und dieser gab Guillaumets Befehl an andere weiter, die vor dem Gerichtssaal warteten: Bringt die Zeugen herein.
     
    Plötzlich schien alle Luft aus dem Gerichtssaal verschwunden zu sein. Aber im Augenblick atmete sowieso keiner von uns; zu sehr waren wir damit beschäftigt, die Zeugen anzustarren, welche der Geistliche Robin Guillaumet gerufen hatte. Einer nach dem anderen betraten sie stumm den Gerichtssaal, wobei jeder seinem Lehnsherrn Gilles de Rais einen kurzen Augenblick lang schuldbewusst in die Augen sah. Als alle vor dem Richtertisch versammelt waren, befahl Guillaumet jedem Einzelnen, vorzutreten und sich zu erkennen zu geben, sobald sein Name aufgerufen würde.
    Henriet Griart. Etienne Corrilaut, auch Poitou genannt. François Prelati, Geistlicher. Eustache Blanchet, ebenfalls Geistlicher. Perrine Martin.
    Sie alle standen stumm da und lauschten, während der Eid verlesen wurde: » … auf die Heilige Schrift, die Wahrheit, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu sagen, zur Niederschrift zu geben und zu bezeugen, insofern sie mir bekannt ist, in Bezug auf die vom Ankläger vorgebrachten und dargestellten Punkte in diesem Fall und Fällen dieser Art, und außerdem die Wahrheit zu sagen in der Angelegenheit im Allgemeinen und im Besonderen, soweit nicht in besagten Punkten zum Ausdruck gebracht … «
    »Erhebt Ihr Einspruch gegen diesen Eid von Seiten der Zeugen, Milord Gilles?«, fragte Jean de Malestroit.
    Gilles schüttelte in verblüfftem Schweigen den Kopf.
    »Man möge in der Niederschrift die Zustimmung des Angeklagten verzeichnen.«
    »Ich spreche nun sowohl zu den Zeugen wie zum Angeklagten«, fuhr Seine Eminenz fort. »Schwört Ihr, alle Bitten, Liebe, Angst, Gunst, Groll, Hass, Mitleid, Freundschaft und Feindschaft außer Acht zu lassen und dementsprechendes

Weitere Kostenlose Bücher