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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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außer dem, der uns aufgezwungen wurde. Als unsere Wege sich trennten, entstand gar eine Art Hass. Ich habe mich oft gefragt, ob Milord sich für mich in Avignon so eifrig einsetzte, weil er sich mein Stillschweigen in dieser Sache erkaufen wollte. Oder weil er sich schuldig fühlte.«
    Ich lehnte mich verblüfft zurück. »Er weiß doch gar nicht, was Schuld ist«, sagte ich. »Oder zumindest bis vor kurzem nicht.«
    Jean kniff argwöhnisch die Augen zusammen. »Woher weißt du, was er heutzutage fühlt oder nicht fühlt?«
    »Ich habe mit ihm gesprochen. Ich habe dir in einem Brief davon berichtet, erst vor ein paar Tagen.«
    »Dann hat sich sein Weg mit dem meinen gekreuzt. Ich habe ihn nicht erhalten.«
    Die Bank war doch recht eng, deshalb stand ich auf und ging herum. »Ich war vor einigen Abenden bei ihm in den Gemächern, in denen er untergebracht ist. Hier im Palast. Aber das darfst du niemandem sagen, Jean«, flehte ich ihn an, beinahe verzweifelt. »Vor allem Seiner Eminenz darfst du kein Wort sagen.«
    An seiner Miene sah ich, dass er mir dieses Versprechen nicht gerne gab. Aber er tat es mit einem Nicken. »Er muss doch aufgebracht sein über den Anteil, den du an seinem Sturz hast.«
    »Er weiß nichts davon und wird es auch nicht erfahren. Ich habe die Verantwortung dem Bischof übertragen, und er ließ es so aussehen, als hätte er die Sache ins Rollen gebracht.«
    »Es will mir nicht in den Kopf, dass Jean de Malestroit sich in so etwas verwickeln lässt.«
    »Er tat es nicht mir zuliebe, sondern auf Anordnung von Herzog Jean, der sich damit nicht die Hände schmutzig machen wollte.« Ich ging wieder auf und ab. »Es würde mich nicht überraschen, sollten die beiden mit Gott selbst einen Pakt bezüglich des Ausgangs dieser Angelegenheit geschlossen haben. Aber zurück zu Michel – was du mir eben erzählt hast, verwirrt mich. Anlässlich meines ersten Besuchs bei Milord stellte ich ihn wegen vieler Dinge zur Rede, vor allem wegen der Morde an den Kindern, und nachdem er mir gestanden hatte, dass er sie tatsächlich begangen hat, gestand ich ihm meinen Verdacht bezüglich seines Anteils an Michels Tod. Er war überrascht, leugnete aber jeden Anteil daran, und zwar mit großer Ernsthaftigkeit. Er behauptete, er habe Michel nie ein Haar gekrümmt, weil er ihn liebte wie einen Bruder.«
    »Zwischen Müttern und Söhnen gibt es immer Unausgesprochenes, Mère. Sogar Lügen. Und aus diesem Grund argwöhne ich, dass Milord Gilles vielleicht nicht die Wahrheit gesagt hat.«
    »Er ist kein sehr guter Lügner. Als er noch ein Kind war, habe ich jede seiner Bewegungen genau beobachtet, und ich versichere dir, ich weiß, wann er aufrichtig ist und wann nicht.«
    Als er aufstand und zu mir kam, raschelte seine Kutte. Der Quastengürtel, der das Tuch umschloss, streifte über den Boden und hinterließ im Staub eine saubere Spur. Er schüttelte kurz die beiden Enden aus, bevor er sagte: »Ich muss gestehen, ich würde Milord selbst gern sehen, denn ich bin neugierig, was seit damals aus ihm geworden ist.«
    Ich ging neben meinem groß gewachsenen, stattlichen Sohn einher, dessen unerwartete Anwesenheit für mein Blut wie ein Elixier war. Madame Catherine Karle hätte mir keinen stärkeren Trunk zur Wiederherstellung meines Mutes und zur Stärkung meiner Seele verabreichen können. Aber eins musste ich feststellen: Seine Jugend entglitt ihm allmählich. An seinen Schläfen hatte er mehr als nur einige wenige weiße Haare, wenngleich die Tonsur das gut verdeckte; auch ein leichter Wanst zeigte sich. Er würde eines nahen Tages in den Rang eines Monsignore erhoben werden, und dann würde ihm eine noch steifere Würde aufgezwungen. Auch wenn er behauptete, sein Leben mit Gott sei freudvoll, so war es eine gedämpfte Freude. Es brach mir das Herz, dass er nie diese Augenblicke des Glücks erleben würde, die er hätte erleben können, wenn er hinausgegangen wäre in die Welt, wie es dem Erstgeborenen zusteht. Ich konnte nicht umhin, mich zu fragen, ob er je eine Frau im Bett erkannt hatte. Seine Behauptung, dass Knaben über so etwas mit ihren Müttern nicht reden, hatte mich nachdenklich gemacht – was wusste ich alles nicht über diesen Mann, der meinem eigenen Schoß entsprungen war, an meiner Brust und in meinem Herzen genährt? Welche männlichen Geheimnisse bewahrte er in seiner Seele? Hatte er sich je bis zur Besinnungslosigkeit betrunken, um danach an einem Lagerfeuer zu rülpsen und zu furzen und dröhnend

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