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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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kann. Eine genauere Untersuchung ergibt vielleicht noch etwas, und natürlich geht sie noch ins Labor, aber für mich sieht sie ziemlich sauber aus. Natürlich ist das nur ein erster Eindruck.«
    Sie griff nach der Tüte. Ich zog sie zurück und hielt sie geschlossen. »Es tut mir Leid, aber ich kann Ihnen im Augenblick nicht gestatten, die Jacke zu berühren, weil Kontaminationen den Beweiswert vor Gericht mindern können. Aber Sie müssten mir die Jacke als die Nathans identifizieren, falls Ihnen das möglich ist.« Natürlich schoss ihre Hand vor, aber sie beherrschte sich und zog sie zurück, »Ich muss das Etikett sehen«, sagte sie. »Nathans Jacke wurde von einer Firma namens Harmony hergestellt. Am Kragen sollte ein schwarzes Etikett sein mit ein paar Noten und dem Schriftzug Harmony darauf. Ich glaube, in blauer Stickerei.«
    So war es dann auch.
     
    Drei Stunden Schlaf sind nicht gerade viel, aber mit den Kindern, die mich nachts oft wach gehalten haben, und meiner Arbeit, die mich mit ärgerlicher Regelmäßigkeit aus dem Bett holt oder mich vom Schlafen abhält, habe ich mich anscheinend daran gewöhnt. Evan war ein anständiger Schläfer, und Frannie war ganz in Ordnung, aber Julia schlief überhaupt nicht, bis sie fünf war. Sie weinte nicht, aber sie wollte spielen, und sie plapperte und plapperte in ihrem Bettchen, bis jeder im Haus hellwach war. Eigentlich wollte sie nichts anderes als Gesellschaft, aber natürlich ließ sich ihr Vater nie dazu herab, aufzustehen und mit ihr zu spielen. Es war immer ich. Doch je älter ich werde, desto schwerer fällt es mir, den Schlafmangel zu kompensieren. Als ich an diesem Morgen ins Revier zurückgekehrt war, alle nötigen Formulare ausgefüllt, ein neues Fax verschickt und die Beschriftung der Beweismittel vervollständigt hatte, war ich so aufgedreht, als hätte ich gerade eine ganze Kanne Kaffee getrunken.
    Um sieben Uhr war ich bereits wieder vor Ort, eine Stunde früher, als ich normalerweise im Revier eintreffe. Die Jungs von der Spurensicherung waren noch nicht da, aber der Streifenwagen war noch auf dem Posten. Ich zeigte dem Jungen meine Marke und sagte ihm, ich sei die Ermittlungsleiterin. Er winkte mich durch, als müsste er das tun.
    Jeder Tatort hat eine eigene Persönlichkeit. Ich stelle mich immer gern in die Mitte eines solchen Schauplatzes und lasse die Nuancen auf mich wirken. Einige Kollegen halten mich für verrückt, aber meine Falllösungsquote ist besser als die aller anderen in der Abteilung, deshalb sagen sie nicht viel.
    Die Straße war eine ruhige Mischung aus kleinen Häusern und Läden. Kaum Aktivität, nicht einmal um das abgesperrte Gelände herum. Die meisten Läden gehörten zur später öffnenden Art – ein Delikatessengeschäft, ein Haar- und Nagel-Studio, eine Weinhandlung. Ich hätte mir einen Donut-Laden gewünscht, denn dann hätte vielleicht eher jemand etwas gesehen. Gegenüber der Stelle, wo wir die Jacke gefunden hatten, befand sich ein mit Brettern vernageltes altes Theater, an dem Schilder verkündigten, dass es renoviert werde. Einige Leute, die früh zur Arbeit mussten, gingen vorbei, aber nur eine Frau blieb tatsächlich stehen und fragte etwas. Ich sagte ihr, was passiert war, und fragte sie nach der Nachbarschaft.
    »In den Häusern wohnen vorwiegend arbeitende Leute, keine Unruhestifter, und wir alle kümmern uns um unsere eigenen Dinge.«
    »Wann verlassen die meisten der Anwohner das Haus, falls Sie das wissen?«
    Sie wusste es nicht. Aber ich war ungefähr zu der Tageszeit hier, als Nathan aller Wahrscheinlichkeit nach entführt worden war, und die Gegend machte einen ziemlich verlassenen Eindruck. Es war also sehr wahrscheinlich, dass niemand aus der Nachbarschaft etwas beobachtet hatte.
    Als ich in die Abteilung zurückkehrte, war es kurz vor acht, und ich fühlte mich schon wieder verdammt müde. Es war eine Nacht mit wenig Schlaf, aber meinem üblichen Albtraum gewesen: Ich bin im Freien, und es ist so kalt, dass mir der Rotz gefriert. Ich trage Sandalen und ein Tank-Top, aber der Schnee liegt kniehoch. Ich stapfe hindurch, aber Gott weiß wohin, denn ich scheine nie ein Ziel zu haben, ich laufe einfach, und ich spüre den Schnee an meinen Beinen reiben. Dieses Mal hatte ich ein Pferd, das aussah wie diese Mutanten in Krieg der Sterne, wie das Tier, das Luke Skywalker ausweidete und in dem er sich versteckte, um warm zu bleiben, bis Han Solo ihn rettete. Ich schwöre, ich konnte in diesem Traum den

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