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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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das Schwert aus der Scheide gezogen wurde, und dann ein leises Rascheln. Ich drehte mich, um zu sehen, was geschah; am liebsten wäre ich aus dem Wald auf die Lichtung gestürzt, doch das war nicht das Verhalten eines Kriegers, der unentdeckt bleiben wollte. So blieb ich voller Angst auf meinem Pferd sitzen und sah zu, wie die Zweige wild schwankten. Es gab kein Geschrei – stattdessen einen hastigen und leisen Austausch kurzer Sätze, als wollte auch der Eindringling nicht von Milord de Rais’ Männern entdeckt werden. Dann wurde es still im Unterholz.
    Die Stille dauerte, bis unser Mann wieder hervortrat, vor sich einen Gefangenen mit auf den Rücken gefesselten Händen. Er schob ihn auf uns zu. Der Mann strauchelte, fand aber kurz vor Seiner Eminenz das Gleichgewicht wieder. Er schaute hoch in das strenge Gesicht des Bischofs und verbeugte sich unverzüglich.
    Ein Priester!
    »Sagt, was Ihr zu sagen habt, Bruder, und es sollte besser sehr wichtig sein«, befahl Jean de Malestroit, noch immer mit leiser Stimme.
    Den Kopf weiter gesenkt, erwiderte der Mann: »Verzeiht mir, Euer Eminenz.« Seine Stimme zitterte leicht.
    »Beichtet zuerst Eure Sünde.«
    »Meiner Sünden sind viele«, flüsterte der Priester hastig, »aber ich will sagen, dass ich Euch um Verzeihung bitte, weil ich Euch so überrumpelt habe. Ich wollte mitnichten Euren Standort an Milord verraten, indem ich über die Lichtung ging, um mit Euch zu sprechen.«
    »Dafür sind wir dankbar«, sagte Seine Eminenz. »Nun aber, woher wusstet Ihr, dass wir hier sind?«
    »Ich folgte dem jungen Priester aus dem Dorf.«
    »Er bemerkte Euch nicht?«
    »Nein, Eminenz.«
    Jean de Malestroit warf einen missbilligenden Blick in Frère Demiens Richtung und wandte sich dann wieder unserem Bittsteller zu. »Wie heißt Ihr?«, fragte er.
    »La Roche«, antwortete der Mann, »Guy.«
    »Nun, Bruder Guy, ich muss Euch fragen – warum habt Ihr Euch nicht direkt an Frère Demien gewandt, als er in Eurem Dorf war?«
    »Ich hatte nichts zu sagen zur Einnahme der Kirche, die, wie ich hörte, das Ziel seiner Fragen war. Ich diene einem viel kleineren Sprengel auf der anderen Seite des Dorfes und war nicht anwesend, als diese Gräueltat stattfand. Aber einer unserer jungen Männer sah Euer Gefolge schon aus weiter Entfernung.«
    »Wir sahen keine jungen Männer auf unserem Weg.«
    Ein dünnes Lächeln zeigte sich auf La Roches Lippen. »Dann nehme ich an, dass er sich doch gut genug versteckt hatte. Wir befürchteten schon, dem wäre nicht so.«
    »Ein Spion?«
    Der Priester nickte. »Wir haben hier überall im Wald Männer.«
    Auf den neugierigen Blick des Bischofs hin erklärte er: »Wir wagen es nicht, unsere Kinder unbeobachtet zu lassen. Dämonen verschleppen sie.«
    Von Jean de Malestroit kam nur Schweigen. Aber der Priester fuhr fort: »Unser Mann sagte uns, dass die Äbtissin unter Euch sei.«
    Nicht eine Äbtissin, sondern eine ganz besondere – ich selbst. Er sah mich an, während ich mich verwirrt umschaute.
    Jean de Malestroit bedachte mich mit einem missbilligenden Blick. »Wie es scheint, habt Ihr Euch hier einen Ruf geschaffen, Schwester«, sagte er sehr gedämpft.
    »So sieht es allerdings aus, mein Herr«, flüsterte ich zurück. »Gott möge mir verzeihen.«
    Er knurrte verstimmt und flüsterte dann: »Wir werden sehen.«
    Der Priester trat einen Schritt näher an mich heran. Sein Bewacher streckte die Hand aus, um ihn zurückzuhalten, doch ein kurzer Blick von Jean de Malestroit ließ ihn innehalten.
    »Wenn ich sprechen darf, Mutter.«
    Ich schaute unbewusst zu Jean de Malestroit hinüber, der die Entscheidung allein mir überließ, indem er wegschaute.
    »Sprecht«, sagte ich. Ich richtete mich im Sattel auf, denn ich genoss diesen Augenblick der Macht. »Aber eilt Euch«, ermahnte ich ihn, »denn das Licht schwindet bereits.«
    »Aus Bourgneuf erreichte uns die Kunde, dass Ihr dort viele Geschichten über verschwundene Kinder gehört habt. Auch wir haben eine Geschichte zu erzählen.«
    »Wir?«, fragte ich.
    »Ja. Andere warten auf mich, gut versteckt im Wald.« Er deutete hinter sich und machte mit den Augen Zeichen.
    »Wie viele?«, fragte Seine Eminenz argwöhnisch.
    »Sieben«, antwortete der Priester.
    Genug, um uns zu überwältigen. Aber warum die Zahl verraten, wenn die Absicht unlauter war? Vielleicht hatte er sie aber auch zu gering angegeben, um unser Vertrauen zu erschleichen. Es war einfach zu verwirrend, dieses Kriegergeschäft. Ich schaute

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