Die Schrift an der Wand
steht?«
»N-ja … Nein, dann vielleicht nicht.«
»Nichts wäre euch lieber, als endlich Birger Bjelland in die
Finger zu bekommen und zuzudrücken, oder?«
»Das wird nicht mehr in meiner Zeit passieren.«
»Wenn ich ihr wäre, hätte ich Helge Hagav …«
»Von wem haben Sie den Namen, Veum?«
»Ich … Von einem Informanten bei der Presse«, log ich
schnell.
»Scheiße, Scheiße, Scheiße! Da sind wieder die Geier am
Werk. Und was wollten Sie uns empfehlen, ihn zu fragen, sagten
Sie?«
»Was er mit Birger Bjelland zu tun hat. Wer Torild Skagestøl
dazu gebracht hat, Drogen zu probieren, und wo sie den Stoff
her hatte.«
»Okay, Veum. Ich nehm Sie beim Wort. Sollte das ein Motiv
für den Mord sein, meinen Sie?«
»Das, oder Eifersucht.«
»Weil sie …« Er machte ein paar illustrierende Handbewegungen.
»Zum Beispiel.«
Muus stand auf, ging zum Wandkalender, als wollte er dem
Tag mit dem roten Kreis möglichst nahe sein, drehte sich um
und nagelte mich mit seinem schweren Blick fest. »Aber Sie
haben gesagt, Ihr Besuch gelte eigentlich was ganz anderem,
Veum.«
Ich schob den Stuhl ein wenig nach hinten, um ein bißchen aus
seiner Schlagweite zu sein. »Ja. Ich bin gekommen, um eine
Anzeige zu erstatten.«
Er hob die Augenbrauen. »Und gegen wen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Was Sie nicht sagen.« Er seufzte schwer, ging an seinen
Schreibtisch zurück und setzte sich wieder. »Wie buchstabieren
Sie das?«
Ich steckte die Hand in die Manteltasche, zog den Umschlag
mit dem Drohbrief heraus und legte ihn hin. »Vor dem letzten
Wochenende bekam ich das hier.«
Stumm öffnete er den Umschlag. Wortlos las er, was auf dem
Papier stand. Dann hob er seinen Blick wieder. »Wann findet
die Beisetzung statt? Damit ich mir freinehmen kann, meine
ich.«
Ich verzog die Mundwinkel zu einem schiefen Grinsen.
»Sie nehmen das doch nicht ernst, oder?«
»Sollte ich das?«
»Veum … Im Laufe der bald vierzig Jahre, die ich in dieser
Abteilung bin, habe ich unzählige Drohungen bekommen, die
meisten wohl allerdings mündlich, und dann meistens im
Gerichtssaal, aber auch nicht wenige schriftlich. Nie, nicht ein
einziges Mal, hat jemand auch nur andeutungsweise versucht,
die Drohung in die Tat umzusetzen.«
»Also Sie meinen, ich sollte sie einfach ignorieren?«
»Wir können Ihnen jedenfalls nur auf dieser Grundlage hier
keinen persönlichen Schutz anbieten. Aber ich kann die Streifenwagen natürlich anweisen, ihre Route zu verlegen und öfter
mal durch Ihre Straße zu fahren, wenn Sie wollen. Wann war
das noch mal?« Er sah auf den Brief hinunter. »Morgen. Aha.
Dann wird es wohl am Montag oder Dienstag sein.«
»Äh, was?«
»Die Beisetzung«, sagte Muus zynisch. Dann wechselte er den
Gesichtsausdruck. »Aber, mal ehrlich, Veum. Haben Sie
persönliche Feinde, ich meine, so große Feinde, daß sie darauf
kommen könnten, Ihnen so was zu schicken?«
Ich zögerte ein wenig.
Er sah es. »Ja?«
»Erinnern Sie sich an Messer?«
Es blitzte in seinen Augen auf. »Nun gab es ja mehrere mit
dem Namen. Aber ich nehme mal an, Sie meinen den, den Sie
damals hinter Gitter gebracht haben, wie hieß er noch gleich –
Harry Hopsland?«
»Ich glaube, ich habe ihn in der Stadt gesehen …«
»Hat er nicht damals Sie angezeigt?«
»Das wissen Sie also noch?«
»Als könnten wir das jemals vergessen, Veum. Daß das Verfahren eingestellt wurde, meine ich.«
»Ich habe gehört, daß er sich nach seiner Freilassung meist im
Østland aufgehalten hat?«
»Schon möglich. Eine Minute, ich hole seine Karte aus dem
Archiv.«
Ein paar Minuten später war er mit einer kleinen Karteikarte in
der Hand zurück, zum Teil maschinenbeschrieben, aber mit
Zusätzen in Kugelschreiber und Bleistift. »Mal sehen. Das
stimmt. Er hat sechs Jahre gesessen. Nachdem er rauskam, hielt
er sich hauptsächlich in Vestfold auf, ab und zu in der Umgebung von Oslo. Er hatte Kontakte zu dem Milieu um die großen
Geldkettenbriefe in der ersten Hälfte der achtziger Jahre.
Zweimal wurde er wegen Körperverletzung angeklagt, verschärft wegen Gebrauchs gefährlicher Waffen. Das eine Mal saß
er neun Monate. Das zweite Verfahren wurde eingestellt aus
Mangel an Beweisen. Außerdem wurde er im Sommer 1989 in
Sandefjord festgenommen wegen Verdacht auf Zuhälterei in
einem Touristenhotel, aber auch der Fall kam nicht vor Gericht,
wahrscheinlich aus demselben Grund.«
»Und was ist mit … Als wir ihn damals hier in der Stadt
gekriegt haben, weil er
Weitere Kostenlose Bücher