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Die Schrift an der Wand

Die Schrift an der Wand

Titel: Die Schrift an der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
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Platz
zu nehmen.
Er bot mir eine Zigarette aus einem eleganten Taschenetui an,
und als ich ablehnte, nahm er selbst eine.
    »Womit kann ich Ihnen behilflich sein, Veum?« fragte er und
zündete die Zigarette an.
»Helge Hagavik.«
Er sog den Rauch nachdenklich ein und blies ihn dann ebenso
langsam wieder aus. »Aha. Und in welcher Hinsicht?«
»Ich würde sehr gerne kurz mit ihm sprechen.«
»Und worüber?«
»Darüber, was er in der Zeit getan hat, nachdem Torild
Skagestøl verschwand, unter anderem.«
»Nichts, was damit zu tun hätte, jedenfalls, wenn man der
Aussage glauben soll, die er bei der Polizei gemacht hat.«
»Und Ihnen gegenüber?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe Ihnen auch nicht mehr zu
erzählen, Veum. Auch wenn ich wollte. – War das alles, was Sie
wollten?«
Mich packte ein plötzliches Mißtrauen. »Sagen Sie, wer hat
Sie eigentlich für diesen Fall engagiert, Waagenes?«
»Ich bin von der Staatsanwaltschaft als Pflichtverteidiger
berufen worden. Warum fragen Sie?«
»Na ja … Er hat Ihnen gegenüber nicht Birger Bjelland erwähnt?«
»Nein.«
»Die Persen-Brüder?«
Er strich sich mit einem müden Gesichtsausdruck über die
Stirn. »Nein. Ich habe ihn einfach noch nicht richtig zum Reden
gekriegt.«
»Vielleicht könnte ich Ihnen gerade dabei behilflich sein.
Wenn ich nur mit ihm sprechen könnte.«
»Können Sie mir nicht erzählen, was Sie wissen? Dann kann
ich es mit ihm besprechen –«
»Ich würde es vorziehen, das von Angesicht zu Angesicht zu
tun. Ich bin dafür bekannt, daß ich die Leute zum Reden bringe.
Vielleicht käme ich ihm so inoffiziell vor, daß er sich ein
bißchen mehr entspannen würde –«
»Ich kann Sie nicht zu ihm lassen, ohne daß ich selbst dabei
bin, Veum. Dazu würden wir nie die Erlaubnis bekommen.«
»Selbstverständlich! Darf ich das so verstehen, daß Sie bereit
sind, es zu versuchen?«
»Ich werde erst Hagavik fragen. Morgen früh bin ich kurz da.
Sie können versuchen, mich anzurufen, so gegen Mittag, in der
Lunchpause.«
»Ich danke Ihnen.«
»Bedanken Sie sich nicht zu früh.«
    Von meinem Büro aus rief ich Karin an.
»Privat oder geschäftlich?« fragte sie.
»Eine Art Kombination.«
»Dann das Geschäftliche zuerst.«
»Okay. Es geht um einen Mann namens Harry Hopsland, in
    meinem Alter, vielleicht etwas älter. Ich möchte wissen, ob er
wieder in Bergen gemeldet ist, und wenn ja, wo er wohnt. Er hat
nämlich früher hier gewohnt. Und dann sein Sohn, Ole Hopsland, geboren 1971. Wenn du rausfinden könntest, wo er
gemeldet ist.«
    »Mmh.«
»Das andere ist vielleicht komplizierter. Es geht um einen
Typen aus der Stavanger Gegend. Birger Bjelland, und er muß
wohl auch so ungefähr in meinem Alter sein. Soweit ich weiß,
kam er vor circa zwanzig Jahren nach Bergen.«
Ihre Stimme hatte einen bedächtigen Ton angenommen, als sie
sagte: »Das war der, der dahintersteckte, als sie dich damals fast
umgebracht hätten, stimmt’s?«
»Stimmt.«
»Was möchtest du über ihn wissen?«
»Ich möchte dich bitten, mit Stavanger Kontakt aufzunehmen,
wenn du nicht über den Computer direkten Zugang zu ihren
Archiven hast.«
»Doch, in gewissen Grenzen schon –«
»Ich möchte wissen, ob er dort nahe Verwandte hat, ganz
einfach.«
»Weiter nichts?«
»Nein. Nur eins noch, und jetzt kommen wir dann zum Privaten. Fährst du nach der Arbeit gleich nach Hause?«
»Ja, das hatte ich vor.«
»Ich werde jetzt zu Birger Bjelland rausfahren.«
»Nein –«
»Wenn ich dich bis fünf Uhr noch nicht angerufen habe,
könntest du mir dann den Gefallen tun und die Polizei alarmieren?«
Sie antwortete mit einem unheilverkündenden Schweigen.
»Es ist nicht gefährlich, Karin. Der Mann ist ein höchst respektabler Geschäftsmann, wenn man die Schokoladenseite
betrachtet. Ich will nur mit ihm reden, ein paar Tretminen
auslegen, vielleicht. Aber du kannst ganz beruhigt sein, ich
werde weit weg sein, wenn sie hochgehen.«
»Bist du sicher?«
»Ganz sicher.«
Aber eines hatte das Leben in dieser Branche mich gelehrt.
Ganz sicher konnte man nie sein. Besonders, wenn man Leuten
wie Birger Bjelland einen Besuch abstattete.
32
    Die Birger Bjelland AG befand sich in einem der alten Speicher
am Kai in Sandviken, deren Restaurierung irgend jemand,
möglicherweise Birger Bjelland selbst, gesponsert hatte.
Zwischen dem Duft von Tang und Algen auf der einen Seite und
Abgasen und Öldunst auf der anderen lagen die weiß gestrichenen Speicher wie eine

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