Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schrift an der Wand

Die Schrift an der Wand

Titel: Die Schrift an der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
Vom Netzwerk:
verschieden.«
»Autos?«
»Auch.«
»Andere Hotels als das Pastell? «
»Ein paar. Aber meistens war es da. Die Kunden mieteten das
Zimmer, und der Kenneth brachte uns rauf.«
»Und wie waren sie, die Kunden?«
Ihr Gesicht fror wieder zu. »Manche konnten ganz okay sein.
Und ’n paar kamen mir auch irgendwie bekannt vor, aus der
Zeitung, und so.«
»Politiker?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Da kenn ich mich nich’ so
aus.«
»Sie haben nie gesagt, wie sie heißen?«
Sie zögerte. »Manchmal wollten sie, daß wir sie irgendwie
nennen. Aber dann nur beim Vornamen, wenn nich’ James oder
irgendwas anderes völlig Beknacktes.«
»James?«
»Ja? Wieso siehste mich so an? Aber die allermeisten waren
eklige, alte Schweine, so wie der heute! Er war Lehrer, da bin
ich sicher!«
»Und das Geld, wie bekamt ihr das?«
»Bar auf die Hand! Aber … der Kenneth behielt das meiste.
Wir mußten ja … und es war zwecklos, ihn zu verarschen, er
wußte immer, wieviel wir gekriegt hatten!«
Wieder verkrampfte sich mein Bauch. »Aber der Kenneth …
Es ist nicht sein Stil, so einen Laden alleine zu betreiben.«
»Nee?«
»Hatte er den Kontakt zu Doktor Evensen, zum Beispiel?«
»Jedenfalls hat er die Termine gemacht.«
»Du hattest nie das Gefühl, daß noch jemand hinter ihm
stand?«
»War mir doch wohl wurscht, ob noch jemand dahinter stand,
ey.«
»Was hast du mit dem Geld gemacht?«
Sie sah aus dem Fenster. »Eingekauft. Klamotten, CDs. Einen
draufgemacht.«
»Stoff?«
Sie murmelte irgend etwas.
»Wie bitte?«
»Ich hab schon ab und an mal Koks eingepfiffen – Und mal ’n
paar Pillen. Mehr nich’.«
»Nicht gespritzt, also?«
»Nee!« Sie sah mich direkt an, während sie den Jackenärmel
hochzog. »Willste etwa sehen?«
»Das ist nicht nötig. Ich glaube dir, wenn du …«
»Ich glaube dir, wenn du! Du redest genau so’n Blech wie die
Sozialfreaks vom Jugendamt un’ so! Ihr seid alle gleich bekloppt! Ihr kapiert überhaupt nix, sag ich dir – gar nix! – wie das
heute is’, wenn man jung is’ …« Plötzlich hatte sie Tränen in
den Augen.
Ich legte die Hand vorsichtig auf ihre Schulter, um sie zu
beruhigen. »Schon gut, Astrid, schon gut.«
Oben in der Straße kam uns langsam ein Wagen von der
Parkplatzwache entgegen, auf der Suche nach abgelaufenen
Uhren. Ich warf schnell einen Blick auf die Parkuhr. Dann ließ
ich den Motor an und blinkte nach links.
»Wie lange läuft das schon, Astrid?«
»Seit letzten Herbst.«
»Schon bevor du sechzehn wurdest?«
Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich hab im August Geburtstag!«
»Aber Torild hatte erst jetzt, im Januar.«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Und sie war dabei?«
Es blitzte in ihren Augen. »Sie war genauso verrückt drauf wie
ich! Glaub bloß nich’, nur weil sie aus ’ner feineren Gegend is’
… Ihr hat’s sogar gefallen! Das hat’s mir nie.«
»Und wenn ihr einen draufgemacht habt, war sie dann auch
dabei?«
»Schlimmer als irgendwer!«
»Rauchte und nahm Pillen?«
»Daß es in ihren Augen nur so blubberte, ja!«
»Und warum, glaubst du?«
»Sicher um – sich an ihren Eltern zu rächen, wegen dem, was
sie ihr angetan hatten.«
»Angetan? Was meinst du?«
Der Wagen von der Parkplatzwache stand mit laufendem
Motor und wartete, daß ich herausbog. Ich grüßte die Männer
müde mit einer Hand und setzte den Wagen in Bewegung den
Berg hinauf. Keiner von ihnen grüßte zurück.
»Der Mann, der jetzt wegen Mordes an ihr sitzt, Helge
Hagavik – kanntest du ihn?«
»Keinen Schimmer, wer das is’! Aber seine Visage kenn ich
sicher. Ich hab dir ja erzählt, daß ich sie im Jimmy geseh’n hab,
zusammen mit einem Typ.«
Ich kam in die Nygårdsgate hinunter und hielt mich auf der
äußeren rechten Spur, um die Fahrer hinter mir nicht mit
meinem Gesprächstempo zu irritieren.
Ich schielte kurz zur Seite. »Hast du einen Verdacht? Kannst
du dir denken, warum sie umgebracht wurde?«
»Nein! Wenn sie nich’ … Wenn es nich’ war, um sie zu
bestrafen.«
»Ziemlich harte Strafe.«
»Du hast ja keine Ahnung, was die sich einfallen lassen,
solche wie Kenneth.«
»O doch! Ich ahne es, Astrid. Ich habe einmal einen von ihnen
beinahe umgebracht.«
»Einen von …«
»Einen von derselben Sorte.«
Ich überquerte die Gamle Nygårdsbro und wechselte auf die
linke Spur hinauf zum Danmarksplass. Vor dem Forum-Kino
stand eine Traube Jugendlicher ungefähr in ihrem Alter. Sie
warf nur einen gleichgültigen Blick in ihre Richtung.
Ich folgte der

Weitere Kostenlose Bücher