Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schrift an der Wand

Die Schrift an der Wand

Titel: Die Schrift an der Wand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Staalesen
Vom Netzwerk:
daß ich es
war, der sich gerade lächerlich machte. »Ich glaube, Sie sollten
jetzt gehen, Veum. Mein Wartezimmer ist voller Patienten, und
…«
»Und ich habe große Lust, rauszugehen und ihnen zu erzählen,
was für ein Arzt Sie eigentlich sind, Doktor Evensen!«
»Wenn Sie das tun, dann kriegen Sie es auf jeden Fall mit
meinem Anwalt zu tun! Ist das klar?«
»Ich hab selbst einen Anwalt, Evensen. Warten Sie’s nur ab,
bis Sie die Zeitungsartikel sehen, an dem Tag, an dem wir vor
Gericht gehen. Nicht ich werde meine Klienten verlieren, da
können Sie sicher sein!«
Ich spürte, wie mir sein Blick bis zur Tür kalt wie eine feuchte
Pranke im Nacken folgte.
Auch seine Sprechstundenhilfe sah nicht sonderlich liebenswürdig aus, und beim Durchqueren des Wartezimmers fühlte ich
mich, als würde ich mitten im Winter bei starkem Gegenwind
auf Skiern durch Grönland laufen. Als ich an der verärgerten
Frau von vorher vorbeikam, murmelte ich ihr zu: »Dann
bekomme ich Ihre Stimme, nicht wahr? Versprechen Sie mir
das?«
44
Ich traf Vidar Waagenes auf dem Polizeirevier.
     
»Was um Himmels willen ist denn mit Ihnen passiert?« fragte
er und meinte mein Gesicht.
    »Ein Autounfall.«
»Schwer?«
»Vor allem für das Auto.«
    Als wir die Treppe zum Untersuchungsgefängnis hinuntergingen, sagte er: »Sie sind engagiert, pro forma, um die Arbeit der
Verteidigung zu unterstützen. Aber ich habe nicht vor, Ihnen ein
Honorar zu zahlen, nur damit das klar ist.«
»Sitzen Sie in der Klemme?«
    »Es sei denn, Sie kommen mit irgendwas, das mir von Nutzen
wäre. In dem Fall bin ich bereit, darüber zu diskutieren. Fair
enough? «
» D’accord. «
    Der diensthabende Wärter kontrollierte die Papiere gründlich,
bevor er uns in die Zelle ließ, in der Helge Hagavik saß und in
einer Männerillustrierten blätterte, die sich hauptsächlich mit
Jagd und Fischen, Kriminalgeschichten und nackten Frauen
befaßte.
    Helge Hagavik war sowohl größer als auch physisch beeindruckender als ich erwartet hatte. Sein Haar war hellblond, kurz
geschnitten und lockig, und seine Haut hatte noch einen leichten
Schimmer von Solariumbräune. Er war gerade richtig gut
gebaut, kein Muskelprotz, aber auch kein klappriger Langläufer.
Als er sich erhob, sah ich, daß er fast 1.90 groß war, und er hatte
hübsche, regelmäßige Gesichtszüge. Es war nicht schwer zu
verstehen, daß dies ein Typ war, auf den sechzehnjährige
Mächen unglaublich flogen.
    »Hallo, Helge!« sagte Vidar Waagenes gewollt munter. »Das
hier ist Veum. Er meint, er hätte vielleicht was zu deinem Fall
beizusteuern.«
    Helge Hagavik sah mich mißtrauisch an. »In welcher Hinsicht?«
»Ich bin Privatdetektiv. Und ich hatte den Auftrag, Torild zu
finden, als sie von zu Hause verschwand.«
Das machte ihn nicht weniger mißtrauisch. »Und was sollten
Sie beizusteuern haben?«
»So einiges an Fakten, die ich im Laufe meiner Nachforschungen gesammelt habe.«
»Wollen wir uns vielleicht setzen?« schlug Vidar Waagenes
vor. Er hatte von draußen einen Stuhl mitgenommen, den er mir
hinschob. Er selbst setzte sich auf die Pritsche neben Helge
Hagavik.
»Und was für Fakten sollen das sein?«
»Wir sind uns einig, daß du Torild Skagestøl kanntest?«
Er schielte zu seinem Verteidiger, der gnädig nickte. »Ja«,
murmelte er.
»Wo hast du sie kennengelernt?«
Er zuckte mit den Schultern. »In irgendeinem Lokal. In einer
Discothek oder einem Pub.« Sein Blick verschleierte sich. »Ich
weiß es nicht mehr genau.«
»Also nicht im Jimmy? «
Er biß sich nervös auf die Unterlippe. »Nein, nicht – da.«
»Aber da habt ihr euch später getroffen?«
»Ja, aber das war, weil ich da gearbeitet habe, manchmal.«
»Du gehst also nicht zur Schule?«
»Nein, hab ich geschmissen.«
»Wie alt bist du?«
»Achtzehn.«
»Auf welcher Schule warst du?«
»Gymnasium. Wirtschaftslinie. Aber ich hatte die Nase voll.
Viel zu viele Hausaufgaben. Hatte die Schule einfach satt.«
»Und wie bist du zu dem Job im Jimmy gekommen?«
»Ich trainiere ziemlich viel. Mache Krafttraining, laufe und
fahre Rad, surfe und so, alles, was Bock bringt. Ich hab den
Bruder von dem, der das Jimmy hat, unten im Fitneß-Center
getroffen …«
»Kenneth?«
Er wiegte den Kopf langsam hin und her, als würde er die
Muskulatur dehnen. »Ja.«
»Das ist alles schon gebongt, Veum«, unterbrach uns Vidar
Waagenes. »Helge hat zugegeben, daß er Torild kannte. Auch,
daß sie eine Weile zusammen waren. Aber

Weitere Kostenlose Bücher