Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
Vom Netzwerk:
verlangsamte, ein andermal beschleunigte er seinen Ritt, er riss aus, schlug Haken, beschrieb schlängelnd eine Zickzacklinie, so kam er voran.
    Doch kaum war er in der mächtigen Staubwolke verschwunden, vernahm man von hinten drohenden Peitschenknall. Es klang wie starkes Gewehrfeuer. Zuerst hallte es aus der Ferne, näherte sich aber in unheilvollem Tempo. Und eine scharfe, hohe Falsettstimme in schrillem Befehlston durchdrang schon von weitem das üble Geknatter der Fuhrwerke: »Hei, da! Hei, da! Weg von der Straße! Dass euch der Teufel!«
    Die Székler, die bisher niemandem Gehör geschenkt hatten, wichen nun eilig auf alle Seiten aus. Keine Minute verging, und drei Pferde am Zugscheit eines Fünfergespanns schlossen in vollem Lauf zum Landauer Bálints auf: drei Pferdeköpfe mit verziertem Zaumzeug, die Nüstern weit gebläht, mit schäumendem Maul, dann folgten die Stangenpferde, so nah, dass sie das Beipferd des Fiakers beinahe streiften. Hinter den fünf Apfelschimmeln rollte ein aus Esche gefertigtes, niedriges und breites Streckfuhrwerk mit Deichsel, das man mit Eisen hart beschlagen hatte. Es schleuderte ein wenig hin und her, denn die reißende Kraft der fünf Pferde ließ den kleinen Wagen in so rasender Fahrt vorankommen, dass seine Hinterräder die Erde kaum berührten.
    Jóska Kendy saß stolz im tiefen Ledersitz, der, an Riemen aufgehängt, wie eine Schaukel hin und her schwang. Steif, die Beine weit gespreizt, so saß er da, die Stummelpfeife zwischen den Zähnen. In seiner Linken hielt er die an ihrem Ende zu einem Knoten gebundenen, wie Saiten gespannten Zügel der fünf Pferde, während in seiner Rechten die lange Lederpeitsche pausenlos sauste, in der Luft rechts und links bei jeder Wendung Achter beschrieb und im Takt gewaltig knallte. Die Straße vor ihm lag schon frei, denn jedermann in der Gegend wusste, dass lange zu säumen nicht ratsam war, wenn der junge Herr Jóska einmal zu rufen begann. Er mit seinem starken Wagen konnte ein Fuhrwerk an der hinteren Wagenleiste so erfassen, dass entweder das Rad abgerissen wurde oder das Gefährt kippte. Es war allemal gescheiter, diesem einen aus dem Weg zu gehen. So machten sie ihm Platz, und das Fünfergespann verschwand.

    Endlich schimmerten auf der Linken durch die Staubwolke hohe italienische Eichen. Hier folgte die Abzweigung zum Schloss Laczók. Der Fiaker bog ein, und wie er in der planierten und kiesbestreuten Allee vorankam, verstummte mit einem Mal das Dröhnen der Fuhrwerke, das Bálint in der vorangegangenen halben Stunde unentwegt begleitet hatte.
    Man vernahm wieder nur noch die Glöckchen und das leise Knistern des Bodens unter den Rädern.

II.
    Das Schloss Laczók in Vársiklód war ein charakteristischer siebenbürgischer Bau. Es erhob sich auf einem flachen, kleinen Hügel oberhalb der Landstraße und über dem nebenan liegenden Dorf. Die kaum zehn Meter hohe Erhebung bildete ein ganz regelmäßiges, längliches Viereck; drei Flanken standen frei, während sich die vierte hinten an den sanften, mit Reben bepflanzten Abhang anschloss. Vermutlich war hier einst ein römisches Castrum gestanden. Die Römer hatten solch gleichmäßige Erdwälle gebaut. Im ausgehenden Mittelalter ließ der Grundherr an dieser Stelle, an der Grenze zwischen dem früheren Marosszék und dem Komitat Torda, eine steinerne Burg erbauen. Vielleicht wollte er seine Leibeigenen vor den manchmal plündernden freien Széklern beschützen. Doch möge niemand glauben, es habe sich da um einen gewaltigen Steinhaufen gehandelt, wie man sie auf französischen oder deutschen Stichen sieht. Vermutlich war es eine ganz bescheidene, eine winzige Burg. Vier kleine Türme erhoben sich an den Ecken, miteinander in gleicher Höhe durch eine Mauer verbunden, und auch hinten, über dem Tor, stand irgendein furchterregendes, mit Schießscharten versehenes Bauwerk; in der Mitte des Vierecks, auf freiem Platz, befand sich schließlich das würfelartige, einstöckige Hauptgebäude mit schrecklich dicken Mauern und verhältnismäßig kleinen Fenstern.
    Gegen Kanonen und geübte Belagerer – nicht zu leugnen – hätte das alles nicht viel getaugt, aber gegen die herumstreifenden Tataren, die heimatlosen Haiducken und die Moldauer Söldner bot es verlässlichen Schutz, und auf den von Mauern umgebenen viereckigen Platz ließ sich in schweren Zeiten auch das Vieh hineinretten. So präsentierte sich die Burg etwa bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. Dann aber ließ sie der damalige

Weitere Kostenlose Bücher