Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
Vom Netzwerk:
Besitzer – Graf Ádám Laczók, Siebenbürger Vizekanzler und Statumpraeses, wie es sein Wappen verkündet – umbauen. Als ein Mann, der »Vienna«, »Monachium« und »Brandenburgum« bereist hatte, folgte er dem damals herrschenden Stil. Auf das Haus im Inneren ließ er ein neuartiges, dreifach unterteiltes Dach setzen, das sich über der Mauer steil nach oben zog, dann von einem herausragenden Sims unterbrochen wurde, um hernach S-förmig emporzustreben und sich in schrecklicher Höhe zu einem Pilzhut zu wölben, sodass das ganze Gebilde zuletzt höher war als das eigentliche Haus. An die Fenster, die nicht vergrößert wurden, kamen auf der Fassadenseite neu behauene, mit vielen Blumen und Früchten verschnörkelt geschmückte Steinumrahmungen, und an jede Hausecke setzte man Pfeiler, ebenfalls aus Stein. Am besten gelang aber der Erker, mit dem der Hausherr die alte, kleine Burg in der Mitte ergänzte. Der Erker ruhte auf geschwungenen Bögen und stattlich runden Säulen. Auf der Höhe des Obergeschosses verflochten sich die Steinrippen zu einem verwirrend dichten Geländer, indem sie den wildesten Zeichnungen des Rokokogeschmacks folgten. Weiter oben fand sich aber kein Stein mehr. Einfache, dünne Eisenstangen ragten empor, sie stützten die Bedachung, die ebenso zweiteilig und pilzartig wie das Hauptdach, jedoch mit Kupfer gedeckt war, nicht mit Schindeln.
    Man staunt, warum die im unteren Geschoss getroffene Lösung weiter oben nicht fortgesetzt wurde. Jetzt wirkte es so, als hielte nichts das schwere Dach, denn die eisernen Stangen waren kaum sichtbar. Der gnädige Herr Vizekanzler hatte sich den Erker in dem damals sehr beliebten, jedoch missverstandenen chinesischen Stil vorgestellt, etwa so wie die Pagodenburg bei München, und zwischen die Eisenstangen hängte man einst gewiss Vorhänge, befestigte sie hier und dort als Draperie, sodass der Teil des Erkers auf der Höhe des Obergeschosses ein orientalisches Zelt darstellen mochte. Hiervon zeugten die sich nach oben krümmenden Ränder der Kupferplatten sowie die phantastischen Röhren, die von den Ecken bogenförmig herausragten und das Wasser aus ihren Drachenkehlen wohl auch zehn Schritt weit ausspieen.
    Die Jahre indes vergingen, und das 19. Jahrhundert brachte einen neuen Geschmack und neue Ansprüche. Auch der damalige Laczók musste ein großer Hausbauer gewesen sein, zugleich aber ein moderner Mensch in der eigenen Zeit, sodass er seine Ergänzungen im Empirestil vornahm. Das alte Gebäude beließ er, wie es war. Doch fügte er auf beiden Seiten je ein Säulentor und einen Flügel an, die rechts und links bis zu den Mauern reichten, dort jäh einen rechten Winkel beschrieben und, sich an die Wehranlagen anschmiegend, vorne ein regelmäßiges U bildeten. In einem der waagrecht verlaufenden Flügel brachte er die Bibliothek unter, im anderen den Wintergarten. Er errichtete hinten, die Burgmauer entlang, im gleichen Stil auch einen Stall und eine Küche, und er war es auch, der jenen Teil der Befestigung abtragen ließ, der vor der Fassade die Aussicht versperrt hatte. Friedliche Zeiten waren angebrochen. Man brauchte keine Festung mehr, Türken oder Tataren würden hier nicht mehr einfallen, und er wollte freie Sicht auf die Landstraße haben, denn die Leute in den alten Epochen liebten es, das Leben zu betrachten.
    Dieses Bild bot das Schloss Laczók den anlangenden Gästen, nachdem sie die Eichenallee entlanggefahren waren; diese entfernte sich von der Hauptstraße nicht allzu sehr, sondern verlief dazu beinahe parallel. Sie durchschnitt einen Hain, wo alte, dicke Eichen ihre dicht belaubten Arme ausbreiteten, eine kurze Steigung folgte bei der hinteren Eckbastei, und dann gelangte man durch das Außentor in den Stallhof; von hier ging es weiter durch ein inneres Tor, das sich im ebenerdigen Flügel befand, bis dann die Kalesche endlich vor den Treppen des säulengestützten Vorbaus stehen blieb.
    Auch Bálint kam auf diese Weise an. Er wurde von Bediensteten erwartet. Auf der untersten Treppenstufe stand János Kádár, der Hausdiener, ein leicht gebeugter Mann mit ergrautem Schnurrbart, in langem, geschnürtem Rock; man sah ihm an, dass er unter der Last der Arbeit und der Aufgaben, die der Tag ihm zahllos auflud, bereits jetzt kaum mehr durchhielt. Ein livrierter Lakai hinter ihm, den man ausgeliehen hatte, und Ferkó, der Hausbursche, griffen gleich nach dem Mantel und der Reisetasche.
    »Wäre es möglich, sich etwas zu säubern?«,

Weitere Kostenlose Bücher