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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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fragte Bálint den alten Diener. »Natürlich, bitte sehr«, sagte dieser und wandte sich an den Pagen: »Ferkó! Führe den gnädigen Herrn Grafen in das Eckzimmer und schau nach, ob es dort Wasser und ein frisches Handtuch gibt!« Dann überlegte er es sich doch anders: »Nein, ich komme lieber selber mit!« Er ergriff die Reisetasche und führte den Gast durch die geräumig gewölbte Halle, die tief in das Haus hineinreichte. Durch eine der Seitentüren betraten sie das Gästezimmer. Drinnen sah man, dass sich dort bereits viele andere saubergemacht hatten; hingeworfene Handtücher lagen neben dem Waschtisch, und der davor stehende Blecheimer hatte sich mit weggeschüttetem Wasser gefüllt. Der Krug hingegen war leer.
    »Aber nein!«, sagte Kádár und eilte hinaus.
    Vom hinteren Hof her vernahm man seine Schelte: »Anikó! Máli! Wo seid ihr? Sauberes Wasser und Tücher ins Gästezimmer! Und den Eimer, auch den hat niemand geleert! Soll ich alles selbst erledigen?« Und irgendwo fiel eine Tür hart krachend ins Schloss. Nach kurzer Zeit erschien außer Atem eine junge, barfüßige Dienstmagd, brachte ein Handtuch und frisches Wasser, seufzte tief und fasste den Eimer, um sich dann rasch zu verziehen. Ihre nackten Füsse klatschten auf dem Tannenholzboden wie leiser Applaus.

    Im kleinen Salon im oberen Stock hatten sich die älteren Damen um die Hausherrin versammelt. Tante Lizinka befand sich unter ihnen; nach ihrer Gewohnheit saß sie auf den Knien, schräg, die Beine unter ihrem Rock hochgezogen, in einem weit ausladenden Lehnstuhl. Adelma war mit dabei, die verwitwete Frau Gyalakuthy, und noch zwei bis drei weitere Mütter, die ihre Töchter zum Ball gebracht hatten. Einige Damen sodann, die gekommen waren, um zu gratulieren und der Gräfin die Ehre zu erweisen, unter ihnen die Frau des Hauptnotars Péter Benő Balogh, die alte Frau Bartókfáy aus der Nachbarschaft und andere. Die Ehemänner hatten der Gastgeberin die Hand geküsst und sich hernach zum Hausherrn in den Garten begeben. Die Frauen hingegen waren geblieben und hatten hier die Jause vorgesetzt bekommen. Deren Reste – Kaffee- und Milchkrüge, vom eigenen Gut stammender Schinken, Gugelhupf, manch weiteres Gebäck und viele Gläser – standen noch immer auf dem Ecktisch, da doch die Dienerschaft jetzt anderes zu tun hatte als abzuräumen. Der kleine Raum hatte sich mit weiblichen Gästen ganz gefüllt. Alle saßen der Hausfrau gegenüber, als würde sie belagert, während sie selber unmittelbar beim Eingang, neben der Wand auf einem kleinen Kanapee Platz genommen hatte. Sie pflegte die Besucher an ihrem Namenstag immer in diesem engen Gemach zu empfangen und auf dem Diwan zu sitzen, da sie es nur so schaffte, mit dem Haushalt in Kontakt zu bleiben.
    Ab und zu ging die Tür einen Spalt weit auf, ein Stuben- oder Kindermädchen steckte den Kopf herein, flüsterte etwas in die stets wachen Ohren Frau Laczóks, übernahm eine leise, aber genaue Anordnung und verschwand. Die Unterhaltung aber setzte sich fort, als wäre sie durch nichts unterbrochen worden. Auf solche Art verlief der Nachmittag auch diesmal. Der eigene Namenstag galt für Frau Laczók als der schwerste unter allen Tagen im Jahr.
    Stets stellten sich Unmengen von Gästen ein, für die man sorgen und kochen musste; es galt, alles zu beaufsichtigen und dem glänzenden Ruf ihrer Küche gerecht zu werden. Und damit ging immer auch Ärger einher. Letztes Jahr war in das Gefrorene irgendwie Salz gesickert. Sie wäre vor Scham fast versunken! Vor zwei Jahren hatte eine Kalbszunge einen Stich, man musste in letzter Minute blitzartig aus der Stadt Ersatz holen …
    Alice Laczók, die Schwägerin, eine alte Jungfer, galt als so zerfahren, dass man ihr gar nichts anvertrauen konnte. Die eigenen Töchter wiederum, solange sie Kinderschuhe getragen hatten, waren zu nichts zu gebrauchen; als Erwachsene halfen sie ihr jetzt wohl ein wenig, sie liefen hin und her, in die Küche, in die Vorratskammer oder zum Kühlraum, doch dieses Jahr konnten sie, wo doch dieses dumme Pferderennen stattfand, nicht einmal das, sie waren seit Mittag unterwegs und kehrten erst gegen Abend zurück. Bis zu dieser Stunde hatte sie heute alles allein leisten müssen, und sie erledigte auch alles, bis dann die Gratulanten sich einstellten. Seither war sie auf diesem Diwan festgenagelt, musste Höflichkeiten austauschen und der Reihe nach Antwort geben, wo sie doch innerlich bei tausenderlei Einzelheiten ihres Haushalts

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