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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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sollte er sich in die Angelegenheiten des Herrn Gutsverwalters einmengen. Dieser würde sich womöglich rächen, wenn er hier dem jungen Grafen das erzählen sollte, was der andere, wie es schien, vor ihm verheimlicht hatte.
    Die Auskunft bereitete Abády Freude. Das war also nicht die Erklärung der sonderbaren Wahl. Ihn drängte es danach, sich für den guten Willen und die Dienstbereitschaft von Dániel Kovács mit höflichen Worten zu bedanken.
    »Ich danke Ihnen wirklich sehr für Ihre Ratschläge, Herr Notar, und auch dafür, dass Sie meinetwegen so viel Arbeit auf sich nehmen. Dabei sehe ich, dass Sie genug zu tun haben«, sagte er und zeigte auf die Akten, die sich an den beiden Enden des Schreibtisches auftürmten.
    Kovács winkte ab: »Ich bin das schon gewohnt. Ich diene schon seit sechzehn Jahren. Der Kreisnotar«, fuhr er lachend fort, »ist das Zugtier der Verwaltung. Es gibt kein Gesetz, keine Verordnung, keine Regelung, ob sie vom Parlament, von der Regierung, einem einzelnen Minister oder vom Komitat, vom Vizegespan, vom Finanzdirektor oder vom staatlichen Bauamt kommen, nichts gibt es, was zuletzt nicht uns auf den Hals geladen würde. Keiner bedenkt, wenn er seine Verfügungen trifft, wie viel Arbeit das hier zuunterst bedeutet. Soviel man sich auch anstrengt, es gibt keinen Notar ohne Restbetrag. Die Möglichkeit eines Disziplinarverfahrens hängt darum immer über unserem Kopf. Nun, diese Kleinigkeit erledige ich aber trotzdem!«
    »Ich danke wirklich sehr«, sagte Bálint und schüttelte herzlich die Hand des Notars, »und wenn ich Ihre Liebenswürdigkeit je erwidern könnte … ich täte es mit großer Freude.«
    »Hierfür ist an mir zu danken«, antwortete der Notar, »aber ich habe im Augenblick keinen Wunsch. Das könnte anders werden, aber jetzt habe ich keinen, und im Übrigen diene ich mit dieser Sache meiner Gemeinde.«
    Sie nahmen Abschied. Abády ging zum reformierten Pfarrer. Unterwegs bedachte er, wie neu für ihn das Bild von der unermesslichen Arbeit war, die der Notar verrichtete, wie anders als jenes in den Büchern, aus denen er einst gelernt hatte, um sich an der Universität in Klausenburg auf die Doktorprüfung vorzubereiten.
    Dániel Kovács seinerseits verharrte noch ein Weilchen auf der Schwelle und begleitete mit dem Blick den sich entfernenden Abády, bis dieser im Pfarrhaus verschwand. Dann kehrte er ins Büro zurück. Es begann bereits zu dunkeln. Er zündete auf dem Tisch die von einem Papierschirm bedeckte Petroleumlampe an. Er ist kein schlechter Mensch, dieser Graf, sagte er bei sich, kein schlechter, nein, ein guter Mensch, aber wie wenig er das Leben kennt! Mein Gott, wie ein Kind! … Darüber sann er ein wenig nach. Nun, hier werde ich nicht zulassen, dass man ihn missbraucht, beschloss er. Dann setzte er wieder seine Brille auf und machte sich, indem er die nächste Akte vornahm, erneut an die Arbeit; er begann zu lesen: »Nach meinen Informationen hält sich das vorbestrafte Individuum Domokos Kacsa, alias Kukuj oder Bubura, der als Landstreicher bekannt ist, in Lélbánya auf. Ich ordne hiermit an, dass Sie den Tatbestand unverzüglich feststellen und innerhalb von 48 Stunden Meldung erstatten, bei deren Ausbleiben …«

    15 Der letzte Satz deutsch im Original (A.d.Ü.)

    16 »Nicht die Gesamtheit der Völker« deutsch im Original (A.d.Ü.)

XI.
    Bálint besuchte seinen Wahlkreis in den folgenden Wochen noch zweimal. Bei der ersten Gelegenheit begleitete er dorthin einen Beamten des Landeszentrums der Genossenschaften, und bei der zweiten nahm er an der Gründungsversammlung teil, die über Erwarten gut gelang. Diesmal stieß er bei den Leuten auf eine wirklich ernsthafte und verständnisvolle Stimmung; sie zeugte von der stillen, aber zielbewussten Arbeit, mit der Dániel Kovács, der Notar, die Dinge vorbereitet hatte.
    Es fanden sich bereits einige, welche die Angelegenheit des Herrenhauses zur Sprache brachten, indem sie vorschlugen, dass die Kreditgenossenschaft die Wohnung des Pelzschneiders übernehmen und dort gleich einziehen sollte. Die Mehrheit jedoch war dagegen. Ein Glück, dass sie dies tat, denn Bálint stieß in der Frage der Vermietung bei seiner Mutter auf unerwarteten Widerstand.
    »Ich wundere mich wirklich«, sagte Frau Abády, nachdem sie beim schwarzen Kaffee Frau Baczó und Frau Tóthy mit einer winzigen Handbewegung aus dem Salon hinausgeschickt hatte, »ich wundere mich wirklich, dass du mir kein Wort gesagt hast über deine

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