Die Schrift in Flammen
Pläne mit meinem Haus in Lélbánya. Ich musste das von den Leuten dort erfahren, die mir geschrieben haben. Ich vernehme diese Dinge nicht durch dich, sondern durch jene armen Menschen!«
Bálint suchte sich zu rechtfertigen. Er habe nichts erwähnt, bevor er das Gebäude nicht selber gesehen und sich vergewissert hatte, ob es tauge oder nicht. Und jetzt nachträglich, zumindest vorläufig, scheine die ganze Angelegenheit gegenstandslos zu sein.
»Es geht nicht darum. Sondern darum, dass du hinter meinem Rücken vorgegangen bist. Mich kränkt das sehr. Wirklich sehr. Der Schneider und der Tischler haben mir geschrieben. Das ist ihr Schreiben, lies es selber!« Sie zog einen Brief unter der lackierten chinesischen Schale hervor, in der sie ihr Strickzeug hielt, und reichte ihn ihrem Sohn.
»Vielgeliebte, gnädigste Frau Gräfin! Auf unseren Knien flehen wir Ihre hohe Person an …« So begann der Brief, und darin wurde unter einer Unmenge von Schmeicheleien und Unterwürfigkeiten berichtet, mit welcher Ehrerbietung die Absender der Gräfin und ihrer Familie gegenüberstünden, wie sehr sie das schon immer getan hätten, nur um jetzt zu vernehmen, dass man sie um ihr gesamtes Einkommen bringen wolle, indem man sie mitsamt ihren Kindern auf die Straße stelle; dabei hätten sie das Haus so sorgfältig behütet, soweit möglich, stets pünktlich bezahlt, so viele Kosten auch getragen; und in welchem Elend lebten sie, jetzt gar müssten sie heimatlos in die Welt ziehen … Und viele Wendungen dieser Art mit Weitschweifigkeit und Wiederholungen ohne Zahl.
»Diese guten Leute belügen dich«, erklärte Bálint, nachdem er den Brief gelesen hatte. »Das Haus wie der Garten befinden sich durch ihre Nachlässigkeit in schändlichem Zustand. Davon habe ich mich selber überzeugt. Ich hatte übrigens Ázbej gefragt, er sagte, der Tischler bezahle seit langem nicht mehr, der Schneider sei ein Dreckfink, und er werde ihnen kündigen.«
»Ázbej hat gar nichts zu bestellen«, erwiderte die alte Frau Abády von weit oben herab. »Er tut, was ich anordne. Ich werde nicht erlauben, dass man diese armen Leute ohne jeden Grund auf die Straße setzt. Derartiges habe ich nie gemacht. Wenn das Haus einmal dir gehört, kannst du tun, was dir beliebt, aber wir werden, solange ich lebe, keine neue Moden einführen.« Ihre leicht vorquellenden hellen Augen blickten Bálint zornig an.
»Liebe Mama, ich hätte wirklich nicht gedacht …«, sagte dieser.
»Gut, schon gut, es bleibt dabei, und ich will davon nichts mehr hören. Und ein andermal fragst du mich, bevor du anderen Leuten irgendetwas erzählst.«
Dies war Bálints erster Zusammenstoß mit der Mutter. Es hatte sich gezeigt, dass er in allem, was mit der Verwaltung des Vermögens zu tun hatte, nur mit größter Vorsicht vorgehen durfte. Als etwa zwei Wochen später Kálmán Nyiressy, der alte Forstverwalter, Meldung erstattete, er habe unter den Schriften aus früherer Zeit endlich den Betriebsplan für das Hochgebirgsgut gefunden, teilte Bálint deshalb die Nachricht gleich seiner Mutter mit. Frau Abády bereitete dies große Freude: »Natürlich, ich erinnere mich. Dein armer Vater hatte den Plan bestellt, aber ich habe seither nichts mehr davon gehört und wusste gar nicht, dass er fertiggestellt wurde, und ich muss gestehen, ich hatte alles schon ganz vergessen. Sehr gut! Lass die ganze Vermessung kommen, wir gehen sie gemeinsam durch, und wenn du nach Pest fährst, sollst du dich erkundigen, was wir mit dem Gebirgsgut anfangen könnten …«
Die Zeit verging, der Frühling zog allmählich ein. Hielt sich Bálint in Klausenburg auf, besuchte er Adrienne jeden Nachmittag, jeden Tag ein bisschen später, zur Stunde der anbrechenden Dämmerung. Jedes Mal, wenn er die Monostori-Straße hinausfuhr, meldete sich der innere Überwacher, der in uns allen wohnt und unsere Taten beurteilt, und er belagerte ihn mit Fragen: Was hast du mit Adrienne vor? Was soll das alles? Willst du dich anketten lassen? Das wäre ja nicht ein so vergängliches Verhältnis wie die anderen, es würde eine langfristige Bindung, Knechtschaft für viele Jahre bedeuten. Sie ist nicht eine jener Frauen, die man leicht gewinnt und dann, nachdem man sie bekommen hat, stehenlässt; ihr gegenüber wäre das eine niederträchtige Gemeinheit, wo sie sich gar nicht danach sehnt; im Gegenteil, sie fürchtet sich, fürchtet sich offensichtlich, will es nicht, und da umgarnst du sie schlau gegen ihren Willen, damit
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