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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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natürlich noch nicht. Auch die anderen nicht allzu genau, aber gerade die Bauern am wenigsten. Was neu ist, überrascht sie. Und natürlich sind sie argwöhnisch wie bei allem, was von Herren kommt, die einen Überzieher tragen, von den Städtern. Was man ihnen auch rät, sie meinen vor allem einmal, dass man sie irgendwie pfiffig übers Ohr hauen will.«
    »Was kann es da an Verdacht geben? Das Haus und den Garten bekommen sie unentgeltlich, ebenso die Volksbibliothek. In der Kreditgenossenschaft können sie selber die Leute wählen, die ihnen passen …«
    »Für sie ist das neu. Sie fassen es noch nicht, die Armen, darum sind sie voller Argwohn, zumal jene, mit denen sie gewöhnlich zu tun haben, Winkeladvokaten, Agenten oder Handlungsreisende, welche, was sie ihnen auch immer vormachen, doch stets nur ihren eigenen Vorteil suchen. Aber allmählich werden sie bei all dem den Nutzen schon einsehen. Wen haben Sie als Vorsitzenden der Genossenschaft im Sinn, Herr Graf?«
    »Da wollte ich gerade Sie fragen, Herr Notar. Würden Sie das Amt nicht annehmen?«
    »Bitte, ich kann nicht, denn ich bin eine Amtsperson. Der Beste wäre der reformierte Pfarrer, er ist ein sehr rechtschaffener Mann, und was es an Dokumenten und dergleichen braucht, dafür sorge ich, bis er sich eingewöhnt.«
    Nun holten sie das Einwohnerverzeichnis hervor. Dániel Kovács machte Notizen, wer als Kandidat wozu, für welche Stellen brauchbar wäre. »Ich werde mit ihnen reden, mit jedem einzeln, bitte, ich werde ihnen erklären …«
    »Zuallererst muss man die Genossenschaft auf die Beine stellen«, sagte der Notar, »und erst wenn sie funktioniert, wird die Angelegenheit des Landwirtevereins und des Hauses aktuell. Bis es so weit ist, empfiehlt es sich eher, die Sache ruhen zu lassen. Wenn sie dann erkennen, dass sie ordentliche Räume benötigen, werden sie selber darum bitten.«
    »Merkwürdig«, bemerkte Bálint. »Ich dachte, da hätten wir das Herrenhaus und den großen Garten, die würden ihnen als Anreiz dienen.«
    »Nach und nach ist besser; sie müssen erst Übung haben.«
    Ein kleines Lächeln spielte um Dániel Kovács’ Lippen. Gewiss erinnerte er sich daran, was er bei der Besichtigung des Gartens mit einem Ohr schon gehört hatte. Die paar hinter ihnen schlendernden Landwirte hatten sich unterhalten. Der Graf, hatten sie gesagt, wolle ihnen dieses schlechte Haus aufdrängen, damit sie es für ihn mit ihrem Geld in Ordnung brächten. Und was noch! Sollten sie sich für das Haus eines anderen in Kosten stürzen? Und die Mustergärtnerei, was gäbe die her? Die wenigen Bohnen, Zwiebeln und Paprika, die ihre Frauen auf dem Wochenmarkt anzubieten pflegten, dürfte es nicht einmal die mehr geben? Niemand würde sie mehr kaufen, niemand danach fragen, wenn hier ein herrschaftlicher Gärtner bessere und feinere Ware anböte. Und einen solchen Gärtner etwa sollten sie sich selber zum eigenen Verderben halten? Der Notar vergegenwärtigte sich dies alles und dachte auch an das, was die Menschen, als sie nach der Versammlung auseinandergingen, über Abádys Spruch gesagt hatten. Dessen »Hilf dir selbst, so hilft dir Gott!« war sehr schlecht aufgenommen worden. Die Leute hatten im Gegenteil sehr wohl erwartet, etwas Handfestes zu bekommen und nicht bloß eine Aufmunterung in der Art von »Hilf dir selbst …« So viel, meinten sie, wüssten sie auch, deswegen brauchten sie keine Versammlungen zu besuchen.
    Der Notar setzte darum die Reihe seiner Gedanken auf diese Weise fort: »Die Leute müssen lernen, der Gemeinde auch selber zu dienen und die gebratenen Tauben nicht immer von anderswo zu erwarten. Es verdirbt die Sitten sehr, dass man sie bei den Parlamentswahlen mit Geld geschmiert hat. Deshalb kennen sie, anders als in einigen gesund lebenden Dörfern, keinen Gemeinsinn.«
    Bálint fielen die verdächtigen Umstände der letzten Wahl ein.
    »Sagen Sie, Herr Notar, sagen Sie mir ehrlich, haben die Hiesigen auch beim letzten Mal Geld bekommen? Mir liegt sehr daran, das zu erfahren.«
    Kovács lächelte.
    »Nein. Ich kann Sie versichern, Herr Graf, dass die Wähler bei keiner Ihrer Wahlen auch nur einen Heller bekommen haben. In dieser Hinsicht können Sie beruhigt sein.«
    So lautete seine Antwort. Er kannte, versteht sich, die Geschichte der Wahl genau; die in Lélbánya leer ausgegangenen Wahlwerber hatten Ázbej und Cseresnyés in seiner Gegenwart zur Genüge verwünscht. Doch er beantwortete eben nur das, wonach man ihn fragte; wozu

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