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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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erlaubt …!«
    Er lachte dazu leise und zog an seinem in die Länge gezwirbelten Schnurrbart. Wie er da vor der Glut am Kamin stand, die dünnen Beine im karmesinroten Licht, während sich seine hochgeschossene, schulterlose Gestalt in der dunklen Höhe verlor, hätte man ihn wirklich für einen Teufel halten können. Langsam wiegte er sich auf seinen zusammengedrückten Sohlen hin und her, als bewegte ihn, einer leblosen Erscheinung gleich, der vom Feuer herrührende Luftzug. Sein Blick streifte abwechselnd seine Frau und Bálint. Die rechte Hand seines gebeugten Arms hielt er unter dem Mantel verborgen.
    Dort trägt er seinen Browning, dachte Bálint, der sich der Bewegung entsann, mit der Uzdy im Casino die Glühbirne zerschossen hatte. Kann sein, dass er ihn nun zieht und auf mich schießt. Nun denn, ich antworte just nicht! Und er lachte, den Blick hinauf gerichtet, Uzdy an, damit dieser nicht glaube, er habe Angst vor ihm.
    »Ich habe in Almáskő alles in Ordnung gebracht. Wenn Sie einverstanden sind, liebste Adrienne, ziehen wir nächste Woche hinaus.«
    »Meinetwegen«, sagte die Frau, »ein Tag genügt mir zum Packen.«
    »Würdest nicht auch du mitkommen? Mich dünkt, du bist ein Jägersmann. Man sagt, es gebe in meinen Wäldern sehr gute Böcke, ich verstehe nichts davon, aber man sagt es. Du könntest ein paar Rehe schießen, wenn dir das Spaß macht.« Hier lachte Uzdy ohne jeden Grund erneut, und er wiederholte: »Rehe, ja, ein paar Rehe.« Dann sprach er weiter: »Auch das ist nur so ein Spiel, aber es gibt Leute, die das mögen …«
    »Ich danke sehr, aber ich muss heute Abend nach Budapest. Das Haus ist einberufen worden.«
    »Ach, natürlich! Freilich! Das Parlament! Die Politik, freilich. Allerdings. Auch davon verstehe ich nichts, auch das ist eine der Sportarten. Sport! Oh, natürlich! Das ist wichtig, das erkenne ich an, natürlich! In dem Fall also – wenn du zurückkommst. Denn früher oder später, nicht wahr, kommst du zurück? Es würde mich, würde uns freuen, wenn du uns dann die Ehre erweisen solltest. Nicht wahr, Adrienne, es würde uns freuen, uns beide! Auch wenn es bei mir nicht gerade prächtig ist, nicht so großzügig wie in Dénestornya, trotzdem ein Ort, wo man herzlich empfangen wird … Habe ich nicht recht? Mit alter ungarischer Gastfreundschaft …?«
    »Ich komme nach meiner Rückkehr unbedingt vorbei«, sagte Bálint, »und wenn du erlaubst, bringe ich meinen Schoenauer mit.«
    »Das wird kaum nötig sein, auch ich habe viele gute Gewehre mit Kugeln, denn ich übe mich häufig im Schießen. Ich kann dir eines ausleihen, aber wenn dir das deine lieber ist, dann bring es nur mit. Nicht wahr, liebste Adrienne?«
    »Selbstverständlich«, antwortete die Frau trocken. Vielleicht war ihr der merkwürdige, höhnisch klingende Tonfall ihres Gatten peinlich.
    »Ich rechne fest damit, dass du kommst. Das ist nicht bloß solch eine konventionelle Einladung. Oh, nein. Glaube das nicht. Nagyalmás ist unsere Postadresse, telegrafiere dorthin, damit wir eine Kutsche nach Hunyad schicken können, das ist unsere Bahnstation.«
    »Ich schicke ein Telegramm, sobald ich zurück bin.«
    »Dann also auf Wiedersehen, auf ein glückliches, sehr glückliches Wiedersehen!«
    Uzdy machte einen Schritt nach vorn. Mit seinen langen Fingern ergriff er von oben den Kopf seiner Frau, er hielt ihn wie eine Kugel, drehte ihr Gesicht zu sich, neigte sich dann jäh und küsste sie auf die Stirn.
    »Pa! Bleibt nur … und auf Wiedersehen!« Mit seinen langen Beinen war er bereits bei der Tür. »Auf Wiedersehen!« Er schaute beim Hinausgehen nicht zurück. Die Klinke ließ er hinter sich so leise los, dass das Schloss kaum knackte.
    Adrienne und Bálint verharrten einige Minuten stumm. Ihm ging unter der Wirkung der zweideutig spöttischen Worte des Gatten unwillkürlich der Gedanke durch den Sinn, dass Uzdy mit dieser Einladung vielleicht einen Plan verfolgte; vielleicht hatte er die Einladung mit der Absicht ausgesprochen, ihn im Wald »zufällig« zu erschießen. Gar kein schlechter Plan! Ein Gewehr konnte auch aus Unvorsichtigkeit losgehen … Doch dies blitzte in seinem Hirn nur für einen Augenblick auf, denn Adrienne glitt zu ihm hin, umarmte ihn und barg ihr Gesicht an seiner Schulter. Der junge Mann drückte sie an sich. Erst da bemerkte er, dass sie weinte. Sie weinte lautlos. Ihr Rücken zuckte manchmal beim heftigen Weinkrampf, und dann bohrte sie den Kopf noch tiefer in den Hals des Mannes.

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