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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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je so erkannt, der, wie sie wohl spürte, die Ursache ihrer Andersartigkeit war; er unterschied sie von anderen Frauen, ihren Freundinnen, die mit ihr manchmal vertraulich taten. Viel ärmer und verlassener war sie, und dessen schämte sie sich in Wahrheit ein wenig, sodass sie davon niemandem in der Welt auch nur ein Wort erzählte, ihre Einsamkeit vielmehr auf alle Arten zu bemänteln suchte. Um ihr Erröten zu verbergen, fasste sie den Rand ihres Huts, mit dem der Wind spielte.
    »Gelbäugiges Monster! Nicht wahr, es klingt schrecklich? Dabei werde ich Sie von jetzt an so nennen – zur Erinnerung an den heutigen Nachmittag.«
    Adrienne verstand wohl, dass er nicht von diesem Nachmittag sprach, sondern von demjenigen tags zuvor. Von dem Angriffsversuch, der sie jetzt, da sie daran erinnert wurde, wieder mit Zorn erfüllte. Doch es dauerte nur einen Augenblick. Bálint Abády hatte das Vorige offensichtlich zur eigenen Rechtfertigung gesagt. Zu verstehen gegeben hatte er, dass sie anders war als jene, welche die Liebe kannten, und bei all ihrer Unerfahrenheit und inneren Reinheit begann sie zu ahnen, dass sich eine andere liebende Frau nicht so aufgelehnt und beleidigt gefühlt hätte wie sie. Dennoch hob sie trotzig die Nase, doch da wechselte Bálint sogleich das Thema: »Die Weidenbäume sind schon grün, auch die Pappeln schlagen aus. Sehen Sie? Als ob sie von einem gelblichen Schleier bedeckt wären. In einer Woche trägt schon alles frische Blätter.«
    »Ja. Wie schön …«
    »Frühlings Erwachen, wie das Stück von Wedekind. Kennen Sie es?«
    »Ich habe es gelesen. Es ist interessant … merkwürdig … und neuartig …«
    Eine Weile unterhielten sie sich über Literatur, dann brachen sie zum Abstieg auf. Der Wind erfasste Adriennes Röcke. Er drückte das Kleid gegen ihre Schenkel und ließ es hinter ihr wie eine Fahne flattern.
    Bálint fiel wieder die Diana im Louvre ein; mit solch weiten Schritten und so triumphierend zog sie dahin.

    Auch an den folgenden zwei Tagen machten sie Spaziergänge. Erst am dritten erlaubte Adrienne endlich, dass Bálint sie zu Hause besuchte, da er nun nach Budapest reisen musste. Das Parlament war zur Debatte über eine Adresse an den Herrscher einberufen worden. Er sollte mit dem Nachtschnellzug verreisen. Dies war der letzte Nachmittag.
    »Nun gut, kommen Sie, aber so wie bisher, nicht wahr?«, sagte Addy mit einer gewissen Betonung, und ein strenges Verbot lag in ihren Augen. Doch sie ließ sich, nachdem Bálint angekommen war und sie sich wie gewohnt vor das Feuer gesetzt hatten, vielleicht doch hingebungsvoller umarmen als bisher. Die Bewegung, mit der sie ihm die Lippen reichte, barg irgendeine versöhnende Absicht, als wollte sie sagen: Mehr kann ich nicht geben, dies biete ich herzlich an, aber darüber hinaus sollst du von mir nichts wünschen. Und sie küssten sich immer wieder, lang und oft, mit weniger Worten als früher. Adriennes Haar löste sich dabei zu wilden Strähnen auf. Es wickelte sich in Spiralen zu dermaßen närrischen Fragezeichen, dass sie ihre Frisur in Ordnung bringen musste. Sie trennten sich ein wenig, und die Frau, hoch aufgerichtet, steckte die Haarnadeln eng in ihre schwarze Mähne, während Bálint, etwas entfernt zurückgelehnt, ihre schlanke Taille und den wunderbaren Bogen betrachtete, den die Arme der an ihrem Kopf nestelnden Frau bildeten.
    Da öffnete sich die Tür des Schlafzimmers.
    Pali Uzdy trat ein.
    Er war wortlos und ohne jedes Geräusch hereingekommen. Mit gemessenen Schritten ging er zum Kamin. Dort drehte er sich steif um, seine schlaksige Gestalt straffte sich, und er fragte anstelle eines Grußes: »Was tut ihr da in solcher Dunkelheit?«
    »Wir diskutieren«, erwiderte Addy beinahe herausfordernd.
    »So. So. So! Nun freilich! Natürlich. Natürlich. Gut. Versteht sich!« Uzdy sagte das langsam, er machte Pausen nach den einzelnen Wörtern. Sein Mund lächelte spöttisch, doch seine kleinen, stechenden Augen glitten über die Kissen, die verstreut auf dem Teppich lagen; manches war in der Mitte tief eingedrückt, man sah, dass jemand sich lange daran gelehnt hatte.
    »Die Kunst, nicht wahr? Natürlich, Kunst und Kultur! Sehr interessant. Ich verstehe leider nichts davon. Ich habe dafür keine Zeit. Auch jetzt komme ich gerade von Almáskő. Ich habe viel zu tun, sehr viel.«
    An dieser Stelle wandte er sich von weit oben an Abády: »Ich habe nicht gewusst, dass du da bist, sonst hätte ich mir die Kühnheit nicht

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