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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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rechter Hand. Die beiden letzten Faschingswochen verstrichen wie ein Traum.

    Während der Fastenzeit fanden in geräumigen Palais Tag für Tag Diners und kleinere oder größere Abendempfänge statt, denn man führte damals in Pest ein reges herrschaftliches Leben. Das eine oder andere Palais diente auch als politisches Zentrum, wo Parteileute verschiedener Färbung das Wort führten, sich in Ecken zu taktischen Beratungen verzogen und wo die Frauen der Gastgeberseite für die Gruppe, deren Führer oder Unterführer zu ihrer Familie gehörte, heftig um Anhänger warben. Sie diskutierten über öffentlich-rechtliche Fragen und die königliche Macht, und sie verzeichneten oft große Erfolge beim Gewinn von Parteigängern; auf dieses Unterfangen konnten sich nur hübsche Personen einlassen, und es fällt ja schwer, einer Beweisführung zu widerstehen, die von einem schönen roten Mund und von vielverheißenden Augen dargelegt wird. In Bologna sind aus der Guelfen- und Ghibellinen-Zeit viele burgartige Paläste erhalten geblieben, jeder mit einem hünenhaften Turm, von denen aus die Malvezzi und Malatesta, die Lambertezzi und Geremei gegeneinander Krieg geführt, den Feind mit heißem Pech übergossen und mit vergifteten Pfeilen eingedeckt hatten. In Budapest stehen keine solchen Türme, aber es herrschte weder an brennendem Pech noch an vergifteten Pfeilen Mangel.
    László verspürte in den Salons von all dem nicht das mindeste, er sah bei allen Dingen nur die gesellschaftliche Seite, und mit politischen Absichten wandte sich auch niemand an ihn, da er ja nicht zur Legislative gehörte, sondern ein vornehmer Tänzer war, ein wortkarger Mann, von dem keiner erwartete, dass er – und sei es auch nur mit Diskussionsbeiträgen – die eine oder andere Interessengruppe unterstützen würde. Er genoss dieses Leben sehr – um seiner Schönheit willen, doch auch darum, weil er sich Tag für Tag mit Klára unterhalten und sich daran erfreuen durfte, wie sie sich bewegte, wie sie stand, sich setzte oder wie sie Gefrorenes aß.
    Gyerőffy war jeden Abend irgendwo eingeladen, nicht nur zu Soireen, sondern auch zum Souper, was ihm früher kaum widerfahren war. Er hatte nun so viele Einladungen, dass er eine richtige Liste führen musste. Einzelne Häuser veranstalteten auch Musikabende. Künstler der Oper oder Virtuosen trugen vor und hie und da auch Frau Berényi, die schöne Fanny. Zu solchen Anlässen brachte sie ihre Korrepetitorin mit, ein kleines, eingeschrumpftes altes Fräulein, das unauffällig durch einen Nebeneingang hereinschlüpfte, und wenn man sie wahrnahm, saß sie schon am Klavier: ein in schwarzen Baumwollstoff gewickeltes Häufchen.
    An einem dieser Abende ließ das alte Frauchen im letzten Augenblick ausrichten, sie sei erkrankt und könne nicht kommen. Die Nummer der schönen Fanny wäre entfallen, wenn sich László nicht angeboten hätte. So geriet nun Gyerőffy in Frau Berédys näheren Umkreis. Sie hatten sich zwar bisher im Verlauf des Faschings auf größeren Hausbällen oft getroffen, doch dies beschränkte sich jeweils auf die Begrüßung, einen Handkuss und einige Walzertouren. Am katzenhaften Gesicht Frau Berédys zeichnete sich ein leicht spöttisches Lächeln ab, wenn sie sich mit László unterhielt. Sie bat ihn nie zu sich, hielt ihn, wenn er bei ihr stand, auch nicht zurück, sondern schickte ihn vielmehr weg, er solle seinen Pflichten nachgehen. Mit ihren länglich geschnittenen, schläfrig wirkenden Augen beobachtete sie ihn nur aus der Ferne.
    »Ich werde jetzt also wieder die Ehre haben, Sie zu begleiten, Frau Gräfin«, sagte Gyerőffy, während sie sich zum Flügel begaben, »ich täte dies jederzeit mit großer Freude.«
    »Oh, Sie sind jetzt anderweitig beschäftigt«, lachte sie in Lászlós Gesicht.
    Ein zweideutiger Satz. Er mochte sich auf die Vielzahl seiner gesellschaftlichen Verpflichtungen beziehen, doch ebenso auf seine Liebe zu Klára. Die Frau dachte auch daran, dass sich der junge Mann bei ihr trotz ihrer Aufforderung nicht gemeldet, ihr nur seine Karte hinterlassen, sie aber nicht aufgesucht hatte – eigentlich eine Unartigkeit. Sie nahm es ihm aber nicht übel. Denn sie war ein verständnisvolles Wesen. Eine Männerkennerin. Sie wusste, dass man jemanden, der sich in ein Mädchen vernarrt hatte, besser in Frieden ließ. Man musste warten. Die Beziehung pflegen, aber warten. Das war das Klügste … Später! Vielleicht später einmal. Wenn sich dazu Gelegenheit bietet.

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