Die Schrift in Flammen
Wenn die Sache schiefgeht. Dann. Und sie erkannte in ihrem Urteil richtig, dass diese László-Klára-Angelegenheit nicht glattgehen würde. Erst wenn es so weit kommt und sie auf diesen Jungen immer noch Lust haben sollte … dann, ja dann werden wir sehen …
Fannys Vortragskunst bezauberte László auf gleiche Weise wie im Herbst in Simonvásár. Die Frau sang mit ausgesuchtem, edlem Geschmack, vom eigenen Musizieren ganz durchgeistigt. Am Ende des Vortrags empfand er sie als eine Gefährtin in der Musik. Die schöne Frau Berédy fühlte vielleicht auch nur so viel.
»Sind Sie am nächsten Mittwoch am Abend frei, Gyerőffy? Ich gebe jeden Mittwoch ein kleines Nachtessen. Nur einige Gäste. Interessante, intelligente Leute. Kommen Sie, wenn Sie nichts Besseres zu tun haben.«
László holte den kleinen Karton hervor, auf welchem seine Einladungen verzeichnet standen.
»Am Mittwoch? Da bin ich frei.«
»Kommen Sie also. Um halb neun. Kein Frack, bloß Smoking. Ein ganz kleines Nachtessen.«
Fanny sprach diese Worte ohne jede Koketterie und in kühlem Ton, und dann entfernte sie sich, ohne zurückzublicken, mischte sich unter das Publikum, wo sie von mehreren Männern umringt wurde, die ihr – größtenteils aus Höflichkeit – gratulierten. László kehrte zu Klára zurück.
»Die Gräfin Berédy singt wunderbar!«, erklärte er begeistert, während er sich neben das Mädchen setzte.
»Ich hasse diese Katze!«, sagte Klára. Die Musik indessen rauschte noch mächtig im Herzen des jungen Mannes; sie schlug ihn derart in ihren Bann, dass diese Worte an ihm vorbeiflogen.
II.
Gyerőffy ließ sich am nächsten Mittwoch in die Burg von Buda hinaufkutschieren, zum kleinen Palais, in dem die Berédys wohnten. Es war ein feiner kleiner Bau aus der späten Maria-Theresia-Zeit. Gebaut hatte man ihn ursprünglich wohl als Bürgerhaus, und später durchschlug man Zwischenwände, um die winzigen Zimmer zu verbinden und in größere Räume umzuwandeln. Daher kam es, dass man, auf der eher engen Treppe oben angelangt, dem Hof nach eine lange Galerie durchschreiten musste, bevor man den Salon erreichte. In diesem Saal, der auf die Bastei blickte, erwartete die schöne Fanny ihre Gäste.
Hier machte László die Bekanntschaft von Frau Berédys Gatten, der sich niemals in der Gesellschaft zeigte und mit unbekannten Zielen oft in der Ferne weilte. Es war ein gestandener Mann, wohl etwa zwanzig Jahre älter als seine Frau, breit, träge und dicklich. Das Haar hatte er sich rötlich blond gefärbt, auch die wenigen Härchen, die zwischen Nase und Mund als Schnurrbart dienten. Ein wortkarger Mann mit steif dreinblickenden Augen und linealgeraden, so dünnen Lippen, als ob man seine Haut mit einem Messer aufgeritzt hätte, was seinem Gesicht einen merkwürdig grausamen Zug verlieh. Matte Haare und viele Edelsteinringe bedeckten seine großen, dicken Hände. Vielleicht wollte er sich mit seinem Vermögen brüsten, indem er den üppigen diamantbesetzten Schmuck zur Schau stellte. Nur zwei Frauen befanden sich unter den Gästen, ärmliche Nichten der schönen Fanny. Eine von ihnen war eine hübsche, aber nichtssagende kleine Frauensperson, die andere ein älteres Fräulein, ebenfalls hübsch, aber ebenso ohne Interesse, und um ihrer Cousine willen gaben beide vor, für Musik zu schwärmen. In Tat und Wahrheit handelte es sich um ziemlich entfernte Verwandte, aber Frau Berédy protegierte sie, denn zu den Diners brauchte es auch Frauen; und diese waren jederzeit zu haben, ohne jemandes Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Wenn nötig, lachten sie, nie hörten sie auf zu lächeln, ab und zu sagten sie »Großartig« oder »Ach, wie fein«, von der Musik waren sie »ganz hin«, und bei der Konversation redeten sie niemals drein. Rollen dieser Art kennt man in historischen Dramen, der Theaterzettel pflegt sie als Erste und Zweite Hofdame zu verzeichnen.
Die Männer hingegen waren alle interessant. Als Ehrengast – er saß rechts von der Hausfrau – hatte man den alten Grafen Károly Szelepcsényi geladen, einen Wirklichen Geheimrat, Besitzer vieler Großkreuze, mehrmaligen Minister am Königlichen Hoflager und Ritter des Ordens vom Goldenen Vlies, dessen winziges Miniaturabzeichen er sogar am Smoking trug, da er dies jederzeit zu tun verpflichtet war. Er mochte etwa sechzig Jahre zählen, doch graue Haare zeigten sich an seiner Schläfe nur spärlich, und in seinem blonden, kurzen Bart fehlten sie überhaupt. Er war ein Mann von
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