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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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sein Vortänzeramt gaben ihm hernach das Selbstvertrauen zurück, mit dem er damals von Simonvásár zurückgekehrt war. Er hatte natürlich längst aufgehört, die Musikakademie zu besuchen. Dafür gab es keine Zeit mehr. Den Vormittag schlief er jeweils durch. Ein wenig musste man am Ende doch schlafen. Am Nachmittag wiederum hatte er eine Unmenge von gesellschaftlichen Verpflichtungen und Aufgaben, die erledigt sein wollten. Nach dem Fasching, sagte er sich, würde er sich erneut einschließen, so wie im letzten Herbst, und das Versäumte nachholen. Zuvor geht es nicht. Unmöglich. Und dies ist schön, ein schönes Leben, die Kollonichs und Klára würden bald ankommen, und jeden Tanz, jede Blume, jede Melodie, jeden Erfolg, den er in der vornehmen Welt erreicht hat, alles würde er vor ihre atlasbeschuhten kleinen Füße legen, wenn sie jetzt, Mitte Februar, aus Paris zurückkehren, wohin sie sich begeben hatten, um sich neue Kleider machen zu lassen.

    Sie waren angekommen. Am Abend fand ein Ball statt; Picknick in den unteren Räumen im Casino. László stand im kleineren vorderen Salon und grüßte mechanisch die Einzug haltenden Mütter und Mädchen, denn der Vortänzer fungierte bei solchen Bällen sozusagen als Hausherr. Er behielt stets die Tür im Blick und streckte sich, damit sein unlängst in England bestellter neuer Frack sich fester um seine Schultern spannte und die schneeweiße Weste rund um die Taille seine Schlankheit betonte. Mit seinem gepflegten, gewellten braunen Haar, frisch rasiert, gertenhaft und elegant, eine safrangelbe Rose auf dem breiten seidenen Revers, sah er wirklich famos aus.
    Obwohl die immer zahlreicher hereinströmenden Damen vor ihm den Eingang verdeckten, spürte er die Ankunft Kláras. Sein Herz schlug etwas heftiger. Sie und ihre Mutter traten nach einigen Augenblicken tatsächlich ein. Als hätte mit einem Mal Helligkeit den Raum erfüllt! Und mitten in diesem Glanz stand Klára, als leuchteten ihr weißes Tüllkleid und ihre blassen Schultern im Zentrum, als ginge dieses Strahlen von ihr aus, so wie die goldenen Flammen Heiligenbilder zu umgeben pflegen und alles andere verschwinden lassen; als gäbe es allein Klára in einem glänzenden Diamantenrahmen, sie und ihren vollen Mund, ihre lächelnden Augen und außer ihr niemanden und nichts in dem bisher dämmrigen Salon.
    Fürstin Ágnes tätschelte mit zwei Fingern die Backen des Jünglings. »Welch stattlicher Mann du geworden bist, Vetter Laci«, sagte Frau Kollonich, aber ihre Augen blieben kalt. Dann schritt sie in der ihr eigenen steifen Haltung einer Königin zu den anderen Damen. Die Hand Kláras schien – als wäre sie ohne Knochen – in seiner Hand beinahe zu schmelzen und drückte die seine doch erinnerungsschwer. Dies gemahnte leise an jene bezaubernde Minute. Dann ging auch sie weiter. Eine Welle des Glücks durchlief László. Als schritte er zum Angriff, so glitt er zur Ballsaaltür und rief hinein: »Walzer!« Er ergriff seine Cousine, die kleine Magda Szent-Györgyi, die ihm zufällig in die Arme gelaufen war, machte rasch einige Schritte hinein in den Saal und wirbelte mit ihr auf dem goldfarbenen Parkett »links-links« los. »Sie ist da! Ist endlich da! Wieder da!« Dies sang die Melodie im Dreivierteltakt. »Hier, hier, hier ist sie endlich!«

    Danach gab es jeden Abend einen Ball. So trafen sie sich täglich, doch geschah dies stets in großer Gesellschaft, im Licht glänzender Kronleuchter, unter vielen als Blumen verkleideten Mädchen. Nie vermochten sie allein zu bleiben und sich zu unterhalten, obwohl László beim Souper, das auf den Kotillon folgte, stets rechts von Klára Platz nahm. Seitdem er Vortänzer war, hatte er niemals eine Dame zum Kotillon gebeten. Der Vortänzer, erklärte er den anderen, dürfe beim Kotillon keine Partnerin haben, denn ihn nehme das Arrangement dermaßen in Anspruch, dass seine Tänzerin ständig allein bliebe. Er hatte das als Lehrsatz aufgestellt. Er klang gut. Nobel. Klug. Logisch. Der wahre Grund aber war der, dass Kotillon und Souper zusammengehörten und er frei bleiben wollte, damit er sich nach Kláras Ankunft zu ihr gesellen könne ohne Verpflichtung, sich mit einer Partnerin zu befassen. So geschah es auch. Zwischen ihnen wurde dies zu einem ungeschriebenen Vertrag. Wenn sich Klára mitsamt ihrem Tänzer an einem der Tische niedergelassen hatte und László sich aus irgendeinem Grund verspätete, verteidigte sie selber für ihn den nächsten Stuhl

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