Die Schrift in Flammen
natürlich mehrere mit dabei waren, vor dem Schaufenster eines Möbelladens stehen blieb und Folgendes sagte: »Für mich ist die Bespannung der Wände mit Chintz doch am schönsten, so wie in meinem Zimmer.« Oder wenn sie sich einmal am Abend scherzhaft Karten legten und jemand Gyerőffy fragte, wer für ihn die Coeur-Dame sei, worauf Klára einwarf: »Ich glaube, ich weiß es, aber das darf man beim Spiel nicht fragen.« Ein wunderbares, süßes, zauberhaftes Leben! Vielleicht war es noch schöner, so wortlos, stumm, ohne Erklärung, in Kenntnis der gegenseitigen Liebe hingegeben auf die Erfüllung und die Verklärung zu warten, deren Tag früher oder später bestimmt anbrechen würde, gleichgültig, wenn es nicht jetzt gleich geschah, wo doch über seine Ankunft Gewissheit bestand. Im Glauben der Frommen leben, die sich auf die Reise ins Himmelreich vorbereiten, heute oder morgen, übermorgen oder danach, irgendeinmal, aber jedenfalls bald, und selbst wenn es bis dahin noch lange dauern sollte, so doch zusammen sein in der zauberhaften Atmosphäre nicht ausgesprochener Worte; sogar die Luft um sie schien von lauter Glanz erfüllt, und obwohl körperlos, umarmte sie die beiden, und sie war voller funkelnder Sterne. László empfand es so. Mit diesen Gefühlen lebte er. Und alles war schön und gut, alles gelang ihm in dieser Zeit. Sogar beim Kartenspiel gewann er wiederholt, und zwar ziemlich große Summen. Etwas zahlte er auch den Wucherern zurück, freilich nicht viel, nicht alles, da er ja zahlreiche Ausgaben hatte und vorab Geld für das wunderbare, sorglose Leben brauchte.
Klára hegte ähnliche Gefühle. Der nicht in Worte gefasste Vertrag, der sie verband, Lászlós Nähe und das Bewusstsein, dass alles, was er tat, für sie geschah, erfüllte auch sie mit Glück. Sein treuer Hundeblick, die tausend Aufmerksamkeiten, die sie gleich Weihrauch einhüllten, schwebten wie Zauber und Duft um ihren auf Liebe wartenden Mädchenkörper. Sie überzog allerdings das Warten nicht mit jenem dichterischen Nebel, wie das László tat. Sie war eine Frau und somit viel zielbewusster. Sie wartete mit Absicht und hatte schon ihren fertigen Plan. Ende Mai würde sie volljährig werden. Sollte sie in der Angelegenheit die Minen jetzt sprengen, dann hätte das lange Szenen mit dem Vater zur Folge sowie frostige Forderungen der Stiefmutter nach Rechenschaft, und dies alles, sollte es Monate dauern, würde ihre Tage vergiften; vielleicht hielte sie gar nicht durch, vielleicht gäbe sie sogar nach. Mama Ágnes hatte schließlich ihr ganzes bisheriges Leben gelenkt, es war nicht leicht, sich ihr von heute auf morgen zu widersetzen. Eine einzige Schlacht zu schlagen, dazu fühlte sie sich imstande, aber während langer Monate in täglichem Kampf zu bestehen, ach, das war um so viel schwerer! Jawohl, an einem einzigen Tag. Als beste Lösung musste sie die Zustimmung an einem kurzen Tag erzwingen. Und dieses Gefecht fürchtete sie sehr, wiewohl sie dazu entschlossen war.
Sie hatte sich all dies während vieler Nächte in ihrem weißen, jungfräulichen Bett ausgedacht. Erst einige Tage vor ihrer Volljährigkeit würde sie auftreten. Unerwartet, damit man keine Gegenargumente mehr zusammenstellen könne. Und unzählige Male zählte sie für sich die eigenen Argumente auf. Einfach, doch auch ein bisschen feierlich wird sie vor den Vater treten, wenn er nach dem Mittagessen seine erste Zigarre raucht. Zu dieser Stunde ist er stets bei bester Laune. Péter wird sie im Voraus bestellen, mit Niki zusammen auszugehen. Und wenn sie mit den Eltern zu dritt bleibt, wird sie es ihnen sagen. Ihnen mitteilen, dass sie sich entschieden habe. Dass sie László liebe und keinen anderen heiraten werde, keinen außer ihm. Nicht jetzt und nicht künftig. Niemals! Und sie bitte um ihren Segen. Leicht wird das nicht sein. Papa dürfte am Ende noch ganz gut darüber hinwegkommen, aber die Stiefmutter, ach, wird sich schrecklich widersetzen. Aber was kann sie sagen? Dass er keine gute Partie sei? Das trifft zwar zu, doch ihr, Klára, ist das ja bekannt. Es macht ihr nichts aus, sie will es so, sie braucht weder Glanz noch Pracht, denn sie weiß: Sie wird auch in einem bescheideneren Leben glücklich werden, anders aber nie und nimmer. Dass er kein Österreicher, kein Fürst sei? Sondern ein Mann aus dem fernen Siebenbürgen? Dass seine Familie nicht gut genug sein sollte? Nein! Das kann Mama Ágnes so nicht sagen, wo sie doch selber von dort stammt,
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