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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Kaffee, vielerlei Gebranntes, türkische und russische Zigaretten, feine Havannazigarren. Die Konversation setzte sich rege fort. Sie erlitt auch dadurch keine Störung, dass Berédy, nachdem er seine Zigarre zu Ende geraucht hatte, sich erhob und mit dem froschartig geschnittenen Mund seiner Frau zeremoniell, aber stumm die Hand küsste, und während er sich mit einem Wink von den Gästen verabschiedete, zur Tür hinausschlenderte. Dies gehörte sozusagen zum Programm, denn der Gatte der schönen Fanny blieb abends nie zu Hause. Wohin er sich zu solcher Stunde begab, wusste niemand, man forschte nicht nach, und es kümmerte auch niemanden, nicht einmal seine Frau. Und vielleicht wurde nach dem Abgang des Hausherrn jedermann noch vergnügter. D’Orly spielte später – recht gut – einige Stücke von Grieg. Die Zeit verflog schnell. Die Uhr auf dem Cheminee schlug bereits zwölf – Mitternacht.
    Imre Wárday erhob sich. Um die Formen zu wahren, prüfte er auch seine Taschenuhr und trat dann vor Frau Berédy. »Ich muss jetzt gehen«, murmelte er unsicher, während er sich über ihre Hand beugte. Dann grüßte er leichthin die Runde und entfernte sich. Auch László stand auf. Ihm schien, dies sei die Stunde des Aufbruchs, obwohl sich die anderen noch nicht rührten. Frau Berédy hielt ihn aber zurück: »Kommen Sie nächsten Mittwoch wieder?«
    »So genau habe ich das nicht im Kopf, ich kann es nicht versprechen«, antwortete László; er bedachte, dass es für den Tag vielleicht ein Programm mit Klára geben könnte, weshalb er sich nicht im Voraus verpflichten wollte.
    »Sie brauchen es gar nicht zu tun. Wenn Sie kommen, werden wir uns freuen, wenn nicht – halb so schlimm. Es gibt bei mir keine Formalitäten. Aber kommen Sie, wenn es sich machen lässt. Auf Wiedersehen also.«
    Sie hob den Arm erst jetzt, und ihre dünnen, nervösen Finger drückten die Hand des jungen Mannes ein wenig länger als üblich, nur einen Augenblick länger. Doch beinahe sogleich wandte sie sich bereits an den nächststehenden Szelepcsényi: »Carlo, was haben Sie gesagt über diesen neuen italienischen Maler? Heißt er Segantini? Und ist er so gut …?«
    László zog oben im Treppenhaus rasch seinen Mantel an. Er wollte Wárday einholen, um mit ihm zusammen zur Kettenbrücke hinabzusteigen. Er fand ihn aber weder unter dem Tor noch in der völlig menschenleeren Gasse, obwohl sie sich in ihrer ganzen Länge überblicken ließ. Nirgends eine Menschenseele, als ob der Mann vom Erdboden verschluckt worden wäre. Er hörte auch keinen vom Haus wegfahrenden Wagen, Wárday konnte also nur zu Fuß weggegangen sein.
    So schritt er also allein vom Burghügel von Buda hinunter. Beim Dísz Platz wurde er von mehreren Kaleschen eingeholt; gewiss waren es die übrigen Gäste des Palais Berédy, die nun auch heimwärts fuhren …

    Er fand die Diners der schönen Fanny wirklich sehr angenehm. Sie waren unterhaltsam und interessant. Er ging an jedem weiteren Mittwoch hin, da bei den Kollonichs an diesen Tagen zufällig nichts veranstaltet wurde und er für den Mittwoch keine andere Einladung annahm. Ja, es waren höchst angenehme Abende. Einige Male spielte auch er auf dem Flügel etwas vor, und zwar unaufgefordert, so wohl fühlte er sich. Der alte Szelepcsényi äußerte sich sehr schmeichelhaft über seine Kompositionen, obwohl er seine wildesten Stücke vorgetragen hatte. Dies tat ihm gut. Und ihn dünkte, dass man ihn in dieser Gesellschaft nicht nur für gleichrangig hielt, sondern besonders schätzte – ein sehr wohltuendes Gefühl.

    März und April vergingen so. László schien in diesen Monaten im Traum zu leben. Klára und er trafen sich beinahe täglich, doch stets in Gesellschaft, nie allein. Selbst wenn er zu einer familiären Zusammenkunft, zum Abendessen oder zum Gabelfrühstück ins Palais Kollonich geladen war, wandten die anderen, Péter und Niki und Magda Szent-Györgyi oder sonst eine junge Freundin und unentwegt vorab die Fürstin, ihre wachsamen Augen nicht von ihnen. Sie mussten auf jedes ihrer Worte, auf jede Bewegung genau achten. Darin lag aber auch etwas Glückseliges: So Tag für Tag beisammen sein, manchmal einen Spaziergang unternehmen, später, nach der Ankunft des Frühlings, auch Tennis spielen, immer in ihrer Nähe mit ausdrucksloser Miene Konversation treiben und dabei die eine oder andere leise, süße Anspielung verstehen und sie im Herzen aufbewahren, so wenn Klára einmal bei einer Promenade, bei der

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