Die Schrift in Flammen
das wäre unrein und schlimmer als das, es wäre eine Geschmacklosigkeit! Statt also um Liebe zu bitten, sagte er: »Es wird einem schwindlig, wenn du so herumfuchtelst«, und er lachte dazu gekünstelt, damit Dinóra glaube, er habe nur Scherz getrieben.
Ob die kleine Frau dies glaubte? Vielleicht tat sie es nicht. Für den Bruchteil einer Minute schienen ihre schönen blauen Vergissmeinnicht-Augen bekümmert etwas zu fragen – als verstünde sie ahnungsvoll, was in ihrem einstigen Liebhaber vor sich gegangen war, als sähe sie auch anderes, Ernsthaftes und Bedrohliches. Sie zog sich von ihm leicht zurück. Doch bald schon lachte sie wieder: »Ich habe Ihnen bloß erklären wollen, wie eine dicke Frau entblößt aussieht …«
Nach kurzer Weile kam Tihamér Abonyi aus seinem Zimmer. Mit vielen »Bitt’-sehr«-Sprüchen feierte er Abády. Man unterhielt sich über vieles und nichts, und bevor der Gatte sich nach Aranyosgyéres kutschieren ließ, um den Zug nach Budapest zu besteigen, befahl Bálint, die Pferde zu satteln, und ritt nach Hause.
Als Frau Róza am nächsten Tag morgens zu den Stallungen hinunterging, befragte sie den Pferdeburschen, der ihren Sohn begleitet hatte: »Seid ihr irgendwo stehen geblieben, um den Pferden Rast zu gönnen?«
»Den Hinweg, bitte sehr, machten wir in einem Stück«, meldete der Bursche, »doch als wir von Mezővarjas zurückkamen …«
»So? Dort wart ihr also auch?«
»Gestern haben wir dort übernachtet, und auf dem Rückweg bekamen die Tiere Hafer in Szilvás. Dort habe ich sie auch gestriegelt und neu gesattelt.«
»Habt ihr denn dort so lange Zeit verbracht?«
»Wir sind gegen vier Uhr angekommen und vor acht wieder aufgebrochen.«
»Mit den Pferden gab es keine Schwierigkeiten?«
Frau Abády betrat die Box aller Pferde, tastete ihren Rücken ab, ob sie nicht wundgescheuert seien, und fuhr mit der Hand den Sehnen nach die Beine hinunter. Zufrieden verließ sie den Stall. Es war gut, was sie gehört hatte. Ein kleines, kaum markiertes schelmisches Lächeln spielte um ihre Lippen, als sie sich zum Frühstück niedersetzte.
III.
Die gelbe Britschka bog in rasendem Tempo in den Hof des Almáskőer Schlosses ein, jagte um die runde Rasenfläche und hielt mit einem Ruck jäh vor dem Haupteingang. Bálint wurde dort von einem grauhaarigen Mann, dem Butler der Uzdys, erwartet. Er war stämmig, von gewaltigem Wuchs, mit starken Schultern; den Vollbart, ebenso wie den Schnurrbart und das Haar, trug er kurzgeschnitten, lang waren einzig seine buschigen Augenbrauen. Darunter sahen große, ein wenig traurig blickende Augen den Gast an. Er verbeugte sich leicht, und während er vortrat, streckte er den Arm aus, um ihn Abády beim Aussteigen aus dem hohen Wagen als Stütze anzubieten. Bálint nahm die Hilfe für einen Augenblick tatsächlich in Anspruch, und als er den Arm berührte, fühlte er überrascht, über welch stahlharte Muskeln der alte Mann verfügte. Der Wagen fuhr weiter. Es schien, dass man die Gepäckstücke anderswo abladen würde.
»Die Gräfin empfängt Sie im Salon, gnädiger Herr«, sagte der Butler in schleppendem, gleichförmigem Tonfall, trat dann im ovalen Vorzimmer vor ihn und öffnete lautlos die Flügeltür. Bálint trat ein. Die Tür schloss sich hinter ihm auf gleiche Weise ohne jedes Geräusch. Es war ein geräumiges Zimmer, ebenso oval wie der Vorraum, jedoch viel größer. Die Jalousien vor den Fenstern hatte man überall geschlossen, selbst vor einer Tür, die offenbar zu einer Terrasse führte. Es dauerte einige Minuten, bis sich Bálints Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Barockes Stuckwerk bedeckte die hochgewölbte Decke. Die Mauern waren kalt grau gestrichen, die ripsbezogenen Möbel tabakfarben – ein großes Kanapee und ausladende Lehnstühle aus den sechziger Jahren des vorangegangenen Jahrhunderts. Das eine oder andere Familienporträt nahm sich an den langen, leeren Wänden ziemlich verwaist aus; sonst gab es keine persönlichen Gegenstände, nichts hatte man hier dem Zufall überlassen, alles stand wohlbemessen, symmetrisch und streng auf seinem Platz.
Bálint ging während einiger Minuten auf und ab. Sein Herz hämmerte ein wenig. Adrienne! Gleich wird sie eintreten. Durch welche Tür sie wohl kommt? Hier rechts oder von drüben? Und was wird sie sagen, und wie wird es sein mit ihr in diesem seltsam strengen Raum? Irgendwie hatte er sich das Wiedersehen anders vorgestellt …
Nachdem er den Weg zu den Fenstern zum dritten
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