Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
Vom Netzwerk:
diesen dicken Brief loszuwerden. Ein anderer Weg bot sich nicht an. Freude erfüllte ihn bei diesem Gedanken. Die Lösung freute ihn. Auf eine schwierige Frage die Antwort zu finden, bereitet immer große Freude. Mit einem Mal war er so guter Laune, dass er die Wegstrecke auf der anderen Seite des Bergs schon pfeifend zurücklegte. Er pfiff die Toselli-Serenade, die damals sehr im Schwange war.

    Dinóra Malhuysens Garten. Ein breites Tor in der langen Gartenmauer. Eine Straße schlängelt sich, von dichtem Efeugebüsch gesäumt. Noch eine Kurve. Nun standen sie vor dem Haus. Ein halbstöckiger Bau mit Hochparterre, frühes Biedermeier; steinerner Flur mit Ziegelsäulen, geflochtene Gartenstühle, und von einem dieser Sitze schnellte Dinóra hoch.
    »Ach, so lieb, dass Sie gekommen sind!«, rief sie und reichte ihm freudig beide Patschhändchen. Hand in Hand gingen sie die Treppen hinauf. Die Pferde wurden weggeführt. Sie beide setzten sich.
    »Ich glaubte schon, Sie würden bei mir gar nicht hereinschauen. Sie sind, nicht wahr, vorgestern hier vorbeigeritten. Ich habe Sie von der Laube aus gesehen …«
    »Ich musste mich sehr sputen, ich war verspätet«, log Bálint.
    »Schon gut, schon gut. Es ist aber fein, dass du hergekommen bist, nein, dass Sie hergekommen sind, man muss sich gesittet benehmen!« Und Dinóra sprang auf, kniete neben Bálint auf das schilfgeflochtene Kanapee, und während sie seinen Kopf zurückbog, küsste sie ihn schnell auf den Mund; dann lachte sie: »Dies ist die Strafe dafür, dass du mir aus dem Weg gegangen bist, kleiner Junge, du Nichtsnutz!« Flink drehte sie sich auf den Absätzen und setzte sich auf ihren früheren Platz.
    »Welcher Leichtsinn, wahrhaftig! … Jedermann hätte es sehen können«, sagte Bálint, doch auch er lachte.
    »Ach, da gibt es niemanden. Tihamér hält noch drinnen seine Siesta. Er schläft im Voraus, weil er diese Nacht nach Pest fährt. Kannst du … können Sie so voraus schlafen? Ich nicht, und überhaupt, wozu so viel schlafen …« Und so zwitscherte sie fröhlich fort, indem sie von Nichtigkeiten sprach.
    Jetzt müsste man etwas sagen. Es abmachen. Womöglich schon für diese Nacht oder für morgen, es steht ja offensichtlich nichts im Weg … Aber die Worte blieben ihm stecken. Dann aber fragte er, um doch noch einen Gegenstand zu finden: »Wie steht es mit Wickwitz?«
    »Mit dem ›Bikfic‹? Ich weiß es nicht. Aber doch. Wie ich höre, hält er sich irgendwo in der Nähe von Klausenburg auf. Er hat sich mit irgendeiner dicken Armenierin zusammengetan. Einer dicken Frau, pah! Stell dir vor, wie die im Bett ist!« Und Dinóra hob voller Abscheu die Hände und rümpfte die feine Nase. »Eine gewisse Frau Sára Lázár, eine Witwe.«
    »So dick ist sie gar nicht«, sagte Bálint.
    »Du kennst sie?«
    »Ich habe sie einmal auf einem Wohltätigkeitsmarkt gesehen. Dieser ›Bikfic‹ verdient nicht einmal eine solche Frau; sie ist eine ganz hübsche Brünette.«
    »Ja, natürlich! Dort habe ich sie auch gesehen. Aber sie wird dir am Ende nicht auch noch gefallen?«
    »Wer weiß?«, sagte Abády und schnitt ein rätselhaftes Gesicht, um Dinóra zu ärgern. Sie ging ihm tatsächlich ins Garn und bestritt wortreich, dass man mit einer solchen Frau … nein, unmöglich! … und gewiss habe sie behaarte Beine … ganz sicher! »Und wenn ihr warm ist, wie muss sie da riechen? Stell dir vor, du, der du so heikel bist!«, und Dinóra geriet ganz außer sich, sie sprang auf, und während sie auf und ab ging, suchte sie mit merkwürdigen Bewegungen vorzuführen, wie Frau Lázárs Reize sein mochten.
    Bálint schaute der schönen, kleinen Dinóra lächelnd zu. Mitten in seinem Amüsement über ihre scherzhafte Empörung fragte ihn aber eine innere Stimme: Warum frozzelst du sie? Warum nutzt du nicht die Gelegenheit? Jetzt müsste man ein Wort sagen! Und indem er dieser Stimme sein Ohr lieh, ergriff er den heftig gestikulierenden Arm der kleinen Frau, und er zog sie neben sich auf das Schilfkanapee. »Eh, lassen wir das«, sagte er.
    Dinóra sah ihn überrascht und erwartungsvoll an. Sie meinte, er werde sie nun umarmen und bei ihr Liebe suchen … Das Gesicht des Mannes war nun so, wie sie es früher gut gekannt hatte. Doch während des kurzen Augenblicks, da die Frau neben ihn hinsank, flüsterte eine andere Stimme Bálint rasch zu: Nicht jetzt! Erst wenn du von Almáskő zurückkommst. Dann erst! Du kannst nicht dorthin frisch aus dem Bett einer anderen Frau,

Weitere Kostenlose Bücher