Die Schrift in Flammen
Kaltwasser-Kübel hereingebracht hatte, setzte sie sich zum jungen Mann und küsste sanft seine Augenlider, um ihn zu wecken. László lächelte für einen Augenblick, als er die über ihn gebeugte Frau erblickte, doch dann erstarrten seine Augen im Schreck der Erinnerung.
»Denk jetzt nicht … daran, Liebster, du wirst sehen, alles kommt in Ordnung. Schau, ich habe allerlei Gutes zum Essen mitgebracht, ja sogar Champagner, wirklich, jetzt wollen wir zu zweit ein Gabelfrühstück einnehmen. Komm! Ich bin furchtbar hungrig!« So redete sie ihm zu, bis der junge Mann gehorchte und sie den Speisen zusprachen. Sie saßen auf niedrigen Hockern einander gegenüber. Fanny umschmeichelte und umsurrte ihn, sie erzählte. In ihrem dunkelblauen, bis zum Hals geschlossenen Kimono, mit der grünen Masche am Kopf, dem fein geschnittenen, lächelnden Mund und den eng schließenden, zwischen den Wimpern ertrinkenden Augen wirkte sie nun wirklich wie ein blondgelocktes Kätzchen. Sie beobachtete mit Freude, dass László mit Appetit aß und auch den Champagner zu genießen wusste, den sie aus Wassergläsern tranken, da es in der kleinen Wohnung nichts anderes gab. Nachdem sie alles verzehrt hatten, kehrte Fanny zum Diwan zurück.
»Komm her zu mir, und ich will dir erzählen, was ich in jener … Sache getan habe.« Sie brachte dies ein wenig stolz heraus, da sie sich vergegenwärtigte, wie geschickt sie alles gemeistert hatte.
»Schau!«, sagte Fanny und entnahm ihrer Handtasche den vom Casino stammenden Umschlag. »Hier sind deine Bons, und hier ist die Quittung des Butlers. Siehst du. Alles ist in Ordnung, alles ist in Ordnung gebracht!«
Der junge Mann stützte sich auf den Ellbogen. Er starrte im Licht des elektrischen Lämpchens auf die Schriftstücke. Es waren tatsächlich seine durchlöcherten Bons im Wert von fünf-, nochmals fünf- und dreitausend und ein Schreiben der Kasse im Spielcasino: »Ich bestätige, am heutigen Tag von Herrn László Graf Gyerőffy 73.000 (dreiundsiebzigtausend) Kronen zuhanden von Herrn Gedeon Pray erhalten zu haben …« Er wollte seinen Augen nicht trauen. Er musste die Schrift drei- bis viermal lesen und betasten, bis er endlich daran glaubte. Eine unendliche Erleichterung glättete anfänglich seine gerunzelte Stirn, doch dann setzte er sich auf und starrte die Frau mit aufgerissenen Augen an.
»Wie ist … dies möglich?«, stammelte er. »Woher … wie? Hast du … du! Nein, das nehme ich nicht an! Nein, das nicht!«
»Warum nicht? Es ist doch nur geliehen … geliehen! Ich habe jemanden gefunden, der dir das leiht …«
»Leiht?«
»Ja … für ein paar Monate, unterdessen kannst du dir Geld besorgen, du hast Zeit … ein paar Monate …«
»Wer leiht es? Ich will es wissen.«
»Wozu? Es reicht, wenn ich es weiß. Du wirst es mir übergeben, und ich zahle es zurück.«
»Ich will wissen, wer es ist!«, rief László zornig. »Das ist eine merkwürdige, verdächtige Sache! Dass durch dich … Nein, das nicht! Ich nehme es so nicht an. Sag mir sofort, wer es ist! Sofort!«
Fanny versuchte zu lügen: »Der alte Anwalt meines Vaters … du kennst ihn nicht … der Anwalt meines Vaters! Ein sehr reicher Mann!«
»Den Namen! Nenne mir sofort den Namen!« Und nun fasste László die Frau an den Schultern, schüttelte sie roh und stieß sie zurück. Der Kimono ging unter seiner Hand auf, er löste sich unterwartet von Fannys Leib. Ihre weiße, nackte Gestalt leuchtete, als der dunkelblaue Atlasstoff von ihr auf beiden Seiten herabfiel. László heftete seine Augen gebannt auf sie, doch dann bemerkte er es: die Perlen! Die Perlen waren nirgends, weder an ihrem Hals noch über ihrem Busen, nicht an ihrer Hüfte und nicht um die Schenkel. Nirgends waren sie, die Perlen!
Er starrte die Frau lange an, der Zusammenhang erhellte sich langsam. Endlich sprach er dumpf: »Du hast deine Perlen verkauft …«
Nun war es an Fanny, ihn jäh anzufassen. Auch sie setzte sich auf, schmiegte sich an ihn und umarmte ihn gewaltsam: »Nein, ich habe sie nicht verkauft … nicht richtig …« Und nun redete sie rasch. Sie berichtete, dass sie das Kollier zum Juwelier gebracht und als Pfand zurückgelassen habe, dass dies nicht weiter schlimm sei, dies habe sie schon etliche Male getan, oft, oh, sehr oft, auch zu anderen Zeiten. Daran sei gar nichts Ungewöhnliches, alle täten dies, das bedeute nichts, man könne es jederzeit wieder auslösen, in einigen Tagen oder Monaten, darauf komme es nicht an! Zur
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