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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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ein wenig hinauf, näher zu seinem Gesicht, und sie sprach leise den letzten Satz ihres Gedankengangs aus: »Dabei liebst du mich gar nicht …«
    Es war keine Frage, bloß eine Feststellung. Eine Tatsache, nichts anderes. Ein wenig traurige, doch ergebene Worte. Und László antwortete langsam. Er blickte immer noch hinauf, ins Nichts. Auch seine Stimme klang leise, traurig und unendlich müde: »Nein … in Wirklichkeit liebe ich dich nicht …«
    So wortlos verblieben sie noch lange; der Mann starrte an die Decke, die Frau, das Kinn in die Hand gestützt, wandte den Blick nicht vom Gesicht des Freundes. Lange Zeit verharrten sie in der unendlichen Stille ihres nach Liebe riechenden Heims, wo doch jeder Winkel von ihren vielen wilden Umarmungen wusste.

    25 »Es wäre schade, sie zu verschleudern« deutsch im Original (A.d.Ü.)

    26 »Wenn sich ein Amateur findet« deutsch im Original (A.d.Ü.)

    27 Irrtum Bánffys; Segantini war bereits 1899 gestorben (A.d.Ü.)

II.
    An jenem Septembertag, an dem Abády Adriennes Schlafzimmer unbemerkt verlassen, sich von der alten Gräfin Clémence verabschiedet hatte und von Almáskő im Gespann der Uzdys in rasendem Tempo nach Bánffyhunyad gebracht worden war, ließ die sein ganzes Wesen erfüllende Leidenschaft weder während der Fahrt noch später nach. Sie tobte in ihm pausenlos fort.
    Die Uhr im Kirchturm hatte noch nicht zwölf geschlagen, als er schon am Bahnhof stand. Was tun? Er hatte noch reichlich Zeit. Der nächste Zug nach Klausenburg würde erst um zwei Uhr fahren. Er ließ sich ins Hotel Tiger kutschieren. Dort aß er allein zu Mittag; das bunte Bild des Wochenmarkts vor den Fenstern, so bewegt es sich darbot, konnte ihn nicht zerstreuen; an nichts anderes vermochte er zu denken als an die paar kurzen Minuten im verdunkelten Zimmer am Bett Adriennes. Seine heftige Erregung ließ nicht nach, zumal wenn er bedachte, was auf ihn in Dénestornya nach der Heimkehr zukam. Mit gleichgültiger Miene müsste er dies und jenes von seinem Besuch erzählen, Erklärungen liefern, warum er früher heimgekehrt sei, als von der Mutter erwartet, und ihre verschleiert vorgebrachten, bekümmerten Fragen beantworten, deren Sinn er sehr wohl kannte – nein! Dazu war er jetzt nicht imstande. Er musste sich irgendwo betätigen, eine Aufgabe erfüllen und bei physischer Arbeit die in ihm steckende Energie loswerden. Er würde ins Hochgebirge fahren! Ja, das war das Beste. Sein Kommen wäre wohl nicht angemeldet, aber sein Zelt lag ja beim alten Nyiressy, ebenso seine eisenbeschlagenen Bergschuhe, die ganze nötige Ausrüstung, die beim letzten Besuch in Béles zurückgelassen worden war, befand sich im Herrenzimmer, das er für sich hatte reservieren lassen. Und es würde auch guttun, wenn er einmal unerwartet hereinschneite!
    Er ließ András Zutor Mézes kommen, den Vizeförster, den man am Markttag zu Hause fand, da er doch ein wohlbestallter Hunyader Städter war. In wenigen Stunden hatte er einen örtlichen Fiaker aufgetrieben, der ziemlich gute Pferde besaß, und mit ihm konnten sie sich gegen vier Uhr auf den Weg machen, nachdem sie für die Forstleute im Gebirge manches Gute geladen hatten: geräucherten Speck, Brot, gemahlenes Türkenkorn, Decken, Maismehl, Käse und Topfen. Schnaps würden sie in Béles kaufen. Die Straße war gut; so gegen Herbst hatte man sie schon glatt ausgefahren, und es herrschte trockenes Wetter. Selbst die Sumpfwiesen auf dem Csonka-Berg, wo merkwürdigerweise gerade die Wasserscheide feucht ist, passierten sie leicht. Neun Uhr war längst vorbei, als sie beim Lattenzaun des alten Forstverwalters ankamen.
    Bálint empfing hier ein unerwarteter Anblick. Der geräumige Vorbau am Ende des Hofs war durch Lampions erleuchtet. Dort schmauste eine große Gesellschaft, Männer und Frauen, und beim Eingang zum Speisezimmer spielte eine Zigeunerkapelle auf. Bauernmädchen rührten sich mit mächtigen Schüsseln um den Tisch, während zwei jüngere Forstdiener in Parademontur mit mächtigen Weinkannen herumgingen.
    Abády ließ die Kutsche vor dem Tor anhalten.
    »Zutor!«, sagte er nach kurzem. »Gehen Sie hinein. Bringen Sie aus meinem Zimmer mein Zelt heraus, meine eisenbeschlagenen Schuhe und meinen Schlafsack. Sie kennen alles, nicht wahr? Vergessen Sie auch nicht das Gummi-Waschbecken.« Der Vizeförster wusste, dass der Herr zürnte, denn bei guter Laune pflegte er ihn nur bei seinem Zusatznamen – Mézes – zu rufen. Folglich schlug er jetzt die Hacken

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