Die Schrift in Flammen
Hauptsache sei es nur darum gegangen, Zeit zu gewinnen, Zeit allein tue not! Nur das habe sie getan, das sei nichts, das dürfe man, das müsse er von ihr annehmen, das sei von ihr kein Opfer, es koste sie nichts, ob sie nun die Perlen unter ihrem Kleid trage oder ob sie sich für ein paar Tage dort befänden …
László erwiderte die Umarmung nicht, seine Arme hingen schlaff an ihm herab, und er schüttelte fortwährend den Kopf, und fortwährend und hundertmal wiederholte er: »Nein … nein … nein … nein …«
Die Frau sprach weiter. Nun wurde sie schon beredt, die Liebe fand viele gute Worte und vorzügliche Argumente, die ihr über die Lippen flossen. Das Geld sei ausbezahlt, er könne es nicht zurücknehmen, die Bons da vor ihm seien nicht mehr gültig, nichts lasse sich mehr tun, außer dass er alles annehme und ihr verzeihe; es gebe an dem Ganzen, er solle es einsehen, nichts Erniedrigendes, noch nicht einmal um eine Liebenswürdigkeit handle es sich, nein, um nichts, sie vielmehr werde ihm dankbar sein, wenn er ihr das verzeihe, was sie getan habe, vielleicht sei es Leichtsinn gewesen, doch sie sei nun einmal eine Frau, die von diesen Dingen nichts verstehe, und sie habe es gut gemeint. Denn sie liebe ihn, wie sie niemanden je geliebt habe, sie könnte nicht leben, wenn sie ihn verlieren sollte, für sie wäre dann alles aus, alles zu Ende, alles … Und wie sie dies aufzählte, überflutete sie die Furcht, dass sie diesen Mann doch verlieren könnte, die Vorstellung allein gab ihr schon einen Stich ins Herz, und die Panik verlieh ihrer Stimme überzeugende Kraft und ließ sie in heißer Zärtlichkeit erklingen. Ihre Hände griffen leidenschaftlich, sie liefen über den Körper des jungen Mannes, als wollten sie ihn überall festhalten, damit er von ihr nicht fortkönne, und wie sie sich an seine Schulter lehnte und in sein Ohr flüsterte, brach Fanny, vielleicht zum ersten Mal im Leben, in Weinen aus; ihre Tränen rollten zum Schlüsselbein des Mannes, die Brust hinunter, und bei jedem Wort küsste sie ihn an und hinter dem Ohr, am Nacken und am Haar, sie streute rasch ihre Küsse, in Eile, als fürchtete sie, ihn für immer zu verlieren, wenn auch nur einer fehlen sollte; und sie sprach und sprach, küsste und umarmte ihn eng, ihre glatten, warmen Glieder umspannten ihn, klammerten sich an ihm fest, bis dann allmählich auch er sie umfing und mit der Hand unwillkürlich zu streicheln begann und bis er endlich, vielleicht auch nur aus Gewohnheit, ihre Küsse erwiderte, sich ihr zudrehte, in der Trance des Verlangens jeder Widerstand sich auflöste und sie ihn an sich zog, um in den Haufen der weich nachgebenden Seidenkissen zurückzusinken …
Sie schliefen, ineinander verschlungen, für eine kurze Zeit ein.
Fanny glaubte, sie sei als Erste erwacht, doch als sie sich aufstützte, bemerkte sie, dass Lászlós Augen offen waren. Sie glitt zu ihm und legte, als spannte sie den Freund strafend in einen Block, ein Bein über seine Knie. Sie nahm ihn in Besitz. Nun gehörte er ihr! Jetzt durfte er nicht mehr widersprechen. Ihre Umarmung galt als ein Vertrag, als eine Einigung. László hatte damit ihr Opfer, ihre Hilfe angenommen, er hatte ihre Tat gebilligt. Nun durfte er sich nicht mehr wehren. Sie schaute, auf die Ellbogen gestützt, den stumm und unbeweglich liegenden jungen Mann lange an. Jetzt gehörst du mir, sosehr du dich auch geziert hast, dachte sie. Nun kannst du nicht mehr rebellieren, dich nicht auf all die irrwitzigen Männergrundsätze berufen, gegen die der Kampf so schwerfällt, weil sie sinnlos sind. Lange grübelte sie. Wie närrisch, lächelte sie in Gedanken, statt dass er sich mit ein paar Worten bedankt hätte dafür, was sie für ihn getan hat, statt dass er ein bisschen dankbar wäre, war er vielmehr in Zorn geraten und hatte sich ihr gegenüber sogar zu Handgreiflichkeiten hinreißen lassen. Nicht dass ihr dies unangenehm gewesen wäre, nein! Es lag auch etwas Wollüstiges darin, wie László sie mit seinen starken Händen an der Schulter ergriff und grob zurückstieß. Wie rätselhaft allerdings, dass sie für diesen Jungen all dies fertigbringt, all diese gefährlichen Dinge, für ihn, der sie gar nicht liebt, sondern gerade akzeptiert … der sie gar nicht liebt … Er liebt eine andere, immer noch jenes Mädchen, nur jene … sie nicht, kein bisschen …
Und am Ende der Grübelei, nachdem sie den reglos unter ihr liegenden jungen Mann lange betrachtet hatte, rückte sie
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