Die Schrift in Flammen
Dorottya-Straße bei Bacherach, dem berühmten Juwelier, dem seine wunderbaren Einfassungen und Edelsteine nicht nur in Budapest, sondern in ganz Europa einen großen Namen verschafft hatten.
»Ist Ihr Chef da?«, fragte Frau Berédy, nachdem sie den Laden betreten hatte.
Ein dicklicher, grauhaariger, kleiner Mann mit einer riesigen Brille auf der starken Nase kam durch eine Nebentür herein, die sich, von einem Plüschvorhang verdeckt, mitten in der Wand von strahlenden Glasvitrinen öffnete, in denen Becher, ausladende Teekannen und Schüsseln in ihrem milden Silberglanz standen. Es war der alte Bacherach selber, der Inhaber der Firma.
»Womit kann ich dienen, Frau Gräfin?«, fragte er, während er sich wiederholt verbeugte, denn er besaß zwar drei Mietshäuser und ein beträchtliches Vermögen, doch war es sein Kaufmannsstolz, die Kunden auf gleiche Art zu empfangen, wie wenn er ein armer, kleiner Ladenjunge wäre.
»Kann ich Sie unter vier Augen sprechen?«, fragte Frau Berédy.
»Es ist mir eine besondere Ehre«, antwortete Bacherach und führte Fanny durch die Plüschvorhangtür in einen kleinen, dunklen Raum; auch hier standen in der Runde mit Silberware dicht gefüllte Kästen; der einzige Unterschied rührte vom dunklen Block eines dazwischen gezwängten Wertheimschranks her. Eine elektrische Lampe warf ihr mattes Licht auf einen kleinen Schreibtisch in der Mitte. Der Juwelier bot Fanny am Tisch einen bequemen Sessel an, während er sich auf einem steifen Rohrstuhl niederließ.
»Verfügen Sie über mich, Frau Gräfin.«
»Sie kennen meine Perlen, nicht wahr? Sie haben sie letztes Jahr neu aufgefädelt.«
»Gewiss, sie sind ganz außerordentlich, zumal es sich um fünf gleiche Reihen handelt.«
»Ich … ich denke über einen möglichen Verkauf nach … Was meinen Sie, Herr Bacherach, welcher Preis ließe sich erzielen?«
»Hm … hm. Schwer zu sagen, so plötzlich. Sie sind sehr wertvoll, doch fällt es gerade deshalb nicht leicht, einen Käufer zu finden. Es wäre schade, sie zu verschleudern. 25 Man müsste auf einen seriösen Käufer warten … der findet sich auf jeden Fall, aber natürlich nicht hier, sondern in Paris, in London oder an der Riviera.«
»Ich trage sie auf mir. Schauen Sie sie an. Was glauben Sie, wie viel demnach bekäme man für sie?« Die Frau holte die Perlen unter ihrem Kleid hervor und ließ sie in die dicken Hände des Juweliers rieseln. Dieser schaukelte sie eine kurze Weile in der Handfläche, er suchte offensichtlich ihr Gewicht abzuschätzen, während er die Augen schloss; dann legte er sie der Länge nach auf die filzbezogene Tischplatte.
»Hm. Vielleicht 200.000 bis 250.000 Franken, kann sein 300.000, wenn sich ein Amateur findet.« 26
Fanny tat, als dächte sie nach, dann sprach sie wieder: »Schauen Sie, Herr Bacherach, ich lasse die Perlen bei Ihnen, bis … bis wir einen endgültigen Beschluss fassen. Sie haben recht. Es wäre schade, sie zu verschleudern. Ich lasse sie bei Ihnen. Aber ich würde jetzt eine größere Summe benötigen … sofort … ich dachte … Sie würden einen Vorschuss geben … vorläufig, bis sich ein echter Käufer fände.«
Ein diskretes Lächeln erschien an Bacherachs Gesicht, und er schloss abermals die Augen.
»Bitte, auch das lässt sich machen. Welche Summe haben Sie im Sinn, Frau Gräfin?«
»Ich brauchte jetzt 86.000 Kronen.«
»Hm. 86.000. Das lässt sich machen.«
»Wäre es auf diese Weise möglich, dass ich, sofern ich es mir doch anders überlege, den Vorschuss – natürlich mit Zinsen – zurückgäbe und dass wir dann alles rückgängig machen?«
»Auch das lässt sich machen«, sagte der Kaufmann und fragte dann in schleppendem Ton: »Und wie lang, Frau Gräfin, sollte die Zeit sein, die Sie sich … für die Überlegung vorstellen?«
»Könnten es vier oder fünf Monate sein?«
»Sagen wir: sechs. Unterdessen informiere ich mich auf dem Markt. Sollten Sie, gnädige Frau, das Geschäft bis dahin nicht stornieren, dann habe ich das Recht, es zu einem der genannten Preise endgültig abzuwickeln. Mit der Limite von 200.000.«
»Gut. Danke. Und wie viel an Zinsen würde ich schulden, wenn ich das Kollier doch zurücknähme?«
»Gar nichts, ich, bitte sehr, freue mich, wenn ich unseren Kunden dienen kann. Belieben Sie die Vorschuss-Summe als Scheck oder in bar zu übernehmen?«
»Es wäre mir lieber, sie direkt zu übernehmen. Wann kann ich sie abholen?«
»Ich kann sie Ihnen gleich auszahlen. Ich hatte
Weitere Kostenlose Bücher