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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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zusammen und antwortete mit amtlicher Einsilbigkeit: »Zu Befehl!«
    »Ich brauche auch den großen Tiroler Regenmantel und den Jägersitz. Und den Kessel und das Essbesteck. Bringen Sie alles her. Wir legen sie irgendwie auf den Wagen. Ich warte hier auf Sie.«
    Zutor zögerte, dann stellte er aber doch die Frage: »Bitte, bis wohin werden wir noch fahren? Denn mit dieser Kutsche schaffen wir es nicht weit den Berg hinauf.«
    »Bis zur Kurve. Dort auf dem Feld schlagen wir ein Lager auf.«
    Bandi Mézes salutierte wortlos, und wie ein strammer Soldat betrat er das Grundstück. Es war lustig, ihm zuzuschauen, wie er bei jedem Schritt ausholte, den Karabiner ganz nach Vorschrift schräg auf dem Rücken. Sein stämmiger Oberkörper zeichnete sich tiefschwarz vor dem glänzend beleuchteten Flur ab. Vergnüglich wirkte es, wie er die vier bis fünf Treppenstufen hinaufging und wie er sich – als wäre er das Schicksal in Person – stampfend vor den alten Kálmán Nyiressy hinstellte, dem die Meerschaumpfeife schier aus dem Mund fiel, da der Vizeförster ihm gewiss gerade meldete, dass Bálint vor dem Tor stehe. Das ergab ein großes Durcheinander. Die Zigeunermusik brach ab. Alle blickten in die dunkle Nacht, in der sich freilich nichts erkennen ließ, mochten sie die Hand noch so sehr über die Stirn halten. Die Gesichter waren nun gut sichtbar. Bálint erkannte einige: Dort drüben, das war Gaszton Simó, der Notar, da wieder saßen der Direktor des staatlichen Dampfsägewerks und der Oberstuhlrichter im Kreis Hunyad, die er bei seinem letzten Ausflug kennengelernt hatte, und im Mann am Tischende erkannte er Timbuș, den Popen von Gyurkuca.
    Nyiressy erhob sich, und zusammen mit Zutor verschwand er in der Türöffnung. Die zwei Forstbediensteten begleiteten sie. Drei Frauenspersonen huschten ebenfalls ins Haus, zwei von ihnen waren möglicherweise die Timbuș-Mädchen, die Bálint im Winter auf dem Flur des Pfarrhauses gesehen hatte.
    In der Nacht, von Bálints Standort aus betrachtet, wirkte alles wie eine geräuschlose Pantomime. Von den benachbarten Bauernkaten schlenderten nach und nach einige Leute zum Wagen. Leise fragten sie den Kutscher, wen er hergefahren habe; dieser war abgestiegen und zog der Reihe nach an den Ohren seiner Pferde – man behauptete, müden Pferden bringe dies Erfrischung –, und nachdem die Leute von ihm Auskunft bekommen hatten, grüßten sie respektvoll in die Richtung der Kutsche, verblieben in gehörigem Abstand und flüsterten miteinander. Denn es war schon allerhand, dass der »Mariasa« zum »Domnul Direktor« nicht hineinging, wo sich doch der fürchterliche Oberstuhlrichter und der noch fürchterlichere Halbgott, der »Domnul Notar«, dort drinnen bei ihm befanden. Ob sie einander zürnten? Wer weiß? Das aber mochte üble Folgen bringen. Wie und auf welchem Weg, das konnte niemand wissen, doch Vorsicht empfahl sich in solcher Lage, sie mussten die Augen offen halten und achtgeben und selbst den Anschein vermeiden, als stünden sie aufseiten der einen oder der anderen Partei.
    Eine gute halbe Stunde verging so, bis auf dem Flur der alte Nyiressy wieder erschien – sein von schneeweißem Bart umrahmtes Gesicht wirkte zornig – und drei dunkle Gestalten vom Haus zur Kutsche heruntereilten: Bandi Mézes und die Forstleute, welche die verlangten Gegenstände brachten. Was Platz fand, luden sie auf den Wagen, das Übrige trugen sie auf der Schulter, denn Abády hatte befohlen: »Die zwei Forstwächter kommen mit.«
    Nach viertelstündiger Fahrt entluden sie die Waren auf einem Feld, das zwischen dem Szamos und der Straße lag. Das Zelt stand, und das Feuer loderte bereits nach einigen Minuten. Nach dieser Verrichtung entließ Bálint die Forstaufseher und den Fuhrmann, sie sollten zurückkehren; auch Mézes schickte er zurück zur Forstverwaltung: Der Fiakerkutscher sei im Stall des Guts unterzubringen und zu verpflegen, Mézes selber habe aber noch in der Nacht für Gebirgspferde zu sorgen, mit denen man am nächsten Morgen den Weg ins Hochland antreten könne.
    Bálint blieb vor seinem kleinen Zelt allein. Von einem Haselnussstrauch schnitt er sich einen Ast ab, spitzte ihn zu einem Spieß zu und begann, wie er es bei den Gebirgsleuten gesehen hatte, für sich selber Speck zu braten.
    Es war ein bescheidenes Feuerchen, doch es rief ihm die großen Scheiterhaufen in Erinnerung, die sie bei seinem Winterausflug jeden Abend vor dem Nachtlager angezündet hatten. Und der Gedanke an

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