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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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lässig. »Wie haben Sie die Nacht verbracht, mein lieber Graf?« Und wie wenn er dazu gezwinkert hätte. Das war offenbar eine Anspielung. Bálint packte der Zorn.
    »Können Sie mir erklären, Herr Notar, wie es kommt, dass Sie und Ihre Freude Ende September, in der Verbotszeit, Forellen schmausen? Das ist ein schweres Vergehen. Umso schwerer, als Sie eine Amtsperson sind. Ich werde Sie anzeigen. Nehmen Sie das gefälligst zur Kenntnis.«
    Simó lächelte überlegen. »Die Forellen habe ich zum Schutze des Gesetzes von einem Fischdieb konfisziert. Ich kann Ihnen hierzu so viele Zeugen vorführen, wie Sie nur wünschen. Sind aber die Fische einmal gefangen, dann muss sie jemand auch essen. Sie waren im Übrigen sehr fein, oder etwa nicht?«, fügte er frech hinzu und zwirbelte seinen dicken Schnurrbart.
    Abády wandte sich zornig um und rief Mézes zu: »Wasser zum Waschen!« Er kroch ins Zelt zurück. Dieser Schurke!, dachte er. Das Ganze ist erlogen, und dazu kommt, dass er mich verspottet! Zeugen. Freilich. Er kann sich so viele Zeugen besorgen, wie er nur will. Das muss geahndet werden. Ich werde es diesem Simó zeigen! Er sprach ihn deshalb, als er ins Freie trat, mit frostiger Miene an: »Seitdem ich das Hochgebirge begehe, mache ich die Erfahrung, dass die Menschen hier mit schrecklichem Wucher geschunden werden. Haben Sie davon Kenntnis, Herr Notar?«
    Die winzigen Augen Gaszton Simós blinkten argwöhnisch; dann formte er sein Gesicht um und sagte mit trauriger Miene und Stimme: »Oh, das ist so. Dabei tue ich alles, wirklich alles, um die Leute zu beschützen, ich belehre und unterweise sie, die meisten Verträge setze ich für sie sogar selber auf, um dieses dumme Völkchen zu beschirmen! … Ein richtiger Vater bin ich diesen Menschen! Aber sie sind so einfältig, Sie könnten es sich gar nicht vorstellen, Herr Abgeordneter …« Und nun begann er langwierig vorzutragen, was auf welche Weise er getan, wie er sich eingeschalten habe, er nannte Namen, zitierte Zahlen und Daten, dass er damals so und dann wieder anders … Aber alles sei vergeblich, so unbedarft führten sich die Leute auf, und sie schenkten »uns vornehmen Herren« keinen Glauben. Und während er lange sprach, musterte er Bálints kühles Gesicht: Wie viel war diesem unwillkommenen Magnaten von seinen Affären wohl bekannt?
    Inzwischen hatte man die Pferde beladen.
    »Auf Wiedersehen, Herr Simó, wir wollen uns hierüber später noch unterhalten!«, sagte Bálint zum Abschied, und er schwang sich, nun schon gutgelaunt, in den Sattel, da es ihm doch gelungen war, diesem ekligen Angeber Angst einzujagen.

    Sie nahmen den gleichen Weg wie damals im Februar: hinaus auf den Gyalu Boti und dort den Kamm entlang. Doch wie anders wirkte hier nun alles! Die entfernten Bergrücken lagen in dürrem Dunst, weil dieses Jahr große Trockenheit herrschte. Die Heuhaufen auf den buckligen Bergwiesen hatte man über dreibeinige Holzständer aufgeschichtet, damit das Regenwasser darunter vorbeiströmte. Die Beeren an den Wacholdersträuchern waren schon gereift, die Buchen nahmen allmählich rötliche und gelbe Färbung an, einzig das Heer der Tannen stand unverändert dunkelgrün da. In den ausgetrockneten Bergrinnen schob sich hier und dort ein Nebelfetzen in die Höhe. »Diese Nacht kommt der Regen«, sagte Mézes, während er sich auf seinem Pferd umwandte, »zum Glück haben wir genug Zeit, um uns ein gutes Dach zu zimmern.« Bálint mochte ihm kaum glauben, war doch der Himmel so blau und wolkenlos und die Höhenluft so frisch.
    Im Forstrevier herrschte nun recht gute Ordnung. Seitdem der Ingenieur das Gebiet besucht und die Holzschlagreihen bezeichnet hatte, war das Zettelsystem abgeschafft worden; das Fällen von Bäumen war nun für Private verboten. Zurzeit fiel es noch leicht, die Maßnahme durchzusetzen, denn das Bauernvolk hatte draußen zu tun, man holte den zweiten Heuschnitt ein und stand mit der Hacke auf den Maisfeldern. Im Winter dürfte es schwerer werden, doch Abády vertraute darauf, dass das Wiener Unternehmen, mit dem er sich geeinigt hatte, den Holzschlag dann schon einleiten und dies den Gebirgsbewohnern Arbeit geben werde. Er hatte sich im Vertrag ausbedungen, dass einzig Vorarbeiter von auswärts hergeführt werden durften. Von der neuen Ordnung war nun auch unterwegs einiges sichtbar. Entlang dem Kamm, auf dem der Weg führte und der auch die Grenze der Schlagfläche war, stand alle zweihundert Klafter eine nummerierte Stange,

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