Die Schrift in Flammen
des Hausherrn ausmacht. Man behalf sich also, indem die hochwichtigen Gäste die besten jungen Leute zur Seite gestellt bekamen, und Péter flüsterte ihnen zu: »Man muss sie unterstützen, besonders den alten Herrn!«
So standen abwechselnd Niki, László Gyerőffy und Stefi Szent-Györgyi neben dem Feldzeugmeister. László und Stefi unterstützten ihn diskret. Sie schossen verfehlte oder versäumte Vögel nur hinter ihm ab. Niki handelte aber nicht mit solchem Taktgefühl. Er kam ihm mit den Schüssen immer zuvor. Der alte General hatte das Gewehr manchmal noch gar nicht in Anschlag gebracht, als sich der Fasan, auf den er hatte zielen wollen, bereits im freien Fall befand. Und kaum flatterte ein Fasan im Geäst vor ihm auf, schon plumpste er zurück; und ebenso über und neben ihm; der eine oder andere Vogel wäre dem Ehrengast beinahe auf den Kopf gefallen.
Wut stieg im greisen General hoch, sie packte ihn immer mehr. Der grässliche Qualm, der ihn nach einigen Schüssen umgab, schien geradezu von seinem kochenden Zorn herzurühren. Während der ersten Durchgänge bei der Treibjagd murrte er bloß, später aber rief er mit seiner harten, nasalen Stimme zu Niki hinüber: »Nicht vorschießen!« Dieser jedoch kümmerte sich nicht darum. Beim letzten Treiben vor dem Mittagessen brach schließlich der Sturm los. Der alte Kanizsay stand an der Ecke der Remise. Niki seinerseits hatte abseits der Ecke Stellung bezogen. Unmengen von Fasanen flogen pausenlos auf. Der Feldzeugmeister gab anfänglich einige Schüsse ab, kam aber jedes Mal zu spät, die Hähne stürzten bereits ab, als er an seinem braven alten Gewehr den Abzug betätigte. Seine Schießerei zeitigte nichts außer dem entsetzlichen Rauch, der ihn umhüllte. So gab er den aussichtslosen Wettkampf auf. Er vergrub das Gewehr quer zwischen seiner mächtigen Brust und dem noch mächtigeren Bauch und legte gar nicht mehr an, mochte man noch so sehr »Hahn hier!« und »Hahn dort!« rufen; er fluchte bloß in maßloser Wut. Inmitten des Qualms wirkte er wie »Jupiter tonans«, der antike Gott des Gewitters. Und um die Ecke holte Niki – piff, paff! – munter vor ihm die langschwänzigen Vögel herunter. Als aber die Treiber aus dem Wald heraustraten, legte der Alte los: »So ein Lausbub, ein rotziger!« 6 Und wie einst vor seiner Schwadron holte er die vielen ausgewählten Fachausdrücke hervor, mit denen man in der österreichischen Armee die Rekruten abzurichten pflegte. Niki verteidigte sich eingeschüchtert. Doch der Alte überschüttete ihn mit seinem Wortschwall. Jedermann suchte ihn zu beschwichtigen, so auch der Hausherr, indem er seinem Sohn die Leviten las, aber der alte Kanizsay schwieg erst, als ihm der Atem ausging. Auch danach schnaubte er noch laut wie ein Büffel, wie ein wild gewordener Stier.
Einzig Szent-Györgyi nahm an dem Vorfall nicht teil. Mit einem kaum wahrnehmbaren spöttischen Lächeln beobachtete er den Auftritt. Nach englischer Sitte schoss er nämlich nicht auf den Vogel eines anderen und hütete sich davor, sich in die Streitigkeiten anderer einzumischen. Er war auch hierin – wie immer in allem – vollkommen korrekt. Die Stimmung des alten Herrn hellte sich erst beim Jäger-Mittagessen auf. Die jüngeren Damen hatten sich nämlich eingestellt, und der greise Kanizsay war ein galanter Mann. Péter setzte die schöne Frau Berédy und Magda Szent-Györgyi zu ihm, und der Herr Feldzeugmeister unterhielt sich nach ein paar Glas Wein schon fröhlich mit ihnen. Ja, als er sich der vielen Schimpfworte erinnerte, mit denen er sich Satisfaktion verschafft hatte, prostete er sogar über den Tisch hinweg Niki zu.
Eine längere Kutschenfahrt folgte nach dem Mittagsmahl der Jäger, denn die Treibjagd wurde am Nachmittag in einem entfernten Winkel des Guts fortgesetzt. Als Bálint bei seinem Wagen ankam, wurde er von Slawata angesprochen: »Lass uns zusammen hinfahren. Ich möchte mich ein wenig mit dir unterhalten.«
Und dann wandte er sich in ziemlich fließendem Ungarisch an seinen Gewehrträger: »Nehmen Sie den anderen Wagen, den, der mir gehört.«
Die zwei Gewehrträger bestiegen also zusammen die Britschka, während sie beide in einem anderen Wagen hinter ihnen herfuhren.
»Ich wusste gar nicht, dass du sogar Ungarisch sprichst«, wunderte sich Bálint.
»Oh, ein wenig. Ich habe im Husarenregiment Nummer sieben gedient und pflege seither das damals Gelernte. Manchmal hört man interessante Dinge.« Und hinter seiner Brille
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