Die Schuhliebhaberin - Moore, M: Schuhliebhaberin
ihn einfach in den Mülleimer.
Ups! Da könnte man sie finden. Sie zog den Stapel Papier wieder heraus und packte ihn in ihre Aktentasche, um ihn später wegzuwerfen. Aber sie musste noch etwas anderes tun. Roger sollte dafür irgendwie bezahlen. Mit zittrigen Fingern löste sie das Armband. Der Verschluss schnappte auf, und sie ließ das Armband auf die zerrissenen Seiten fallen. Verfluchter Roger! Amanda holte das Armband wieder aus der Tasche und steckte es lieber zu den anderen Anhängern in den Samtbeutel. Dieses Armband sollte nie wieder Tageslicht sehen! Stattdessen wollte sie sich eine Armbanduhr von Cartier leisten und nie mehr einen Gedanken an diesen Verlust verschwenden.
Nun war sie ein wenig besänftigt. Amanda stand auf und öffnete die Jalousie ihres Büros. Dieses Mädchen Nola telefonierte. Nola hatte auch einen Schreibtisch mit Schubladen, wenngleich die nicht so groß waren wie in Rogers Schreibtisch. Auch Eggerdon hatte einen Schreibtisch mit Schubladen. Vermutlich hatte jeder einen ähnlichen Schreibtisch ... Was war, wenn sie alle irgendwelche Geheimnisse bargen? Vielleicht lag die Antwort auf Forsythe Footwears Probleme ja in der Schublade eines ihrer Mitarbeiter.
Amanda beschloss, es möglichst bald herauszufinden.
4
Um fünf nach fünf steckte Nola ihren pinkfarbenen Zuckerwattekopf in Amandas Büro. »Kann ich noch was für Sie tun, Ms Garland? Das Büro schließt für heute.«
»Nein, danke. Hier ist alles in Ordnung.« Amanda wandte sich wieder dem Bildschirm zu, an dem zu arbeiten sie seit einiger Zeit vorgab, nachdem sie Rogers Unterlagen schon vor längerem ohne Ergebnis einer Prüfung unterzogen hatte. Sie beobachtete, wie Nola ging. Das große Fenster zur Rezeption war also doch zu was nütze. Wenn sie durch die vertikalen Lamellen schaute, konnte sie sehen, wie die Mitarbeiter nach und nach gingen, auch wenn sie die Namen der einzelnen Leute nicht kannte und nicht wusste, was der Einzelne in der Firma für Aufgaben hatte. Zugleich blieb sie aber unentdeckt.
Schließlich löschte Eggerdon als Letzter das Licht und schloss die Tür hinter sich ab. Amanda war allein. Sie gab ihm zwanzig Minuten Zeit, falls er zurückkam, weil er vielleicht etwas vergessen hatte. Dann schaltete sie das Licht wieder ein. Ihr erster Weg führte sie zu Nolas Schreibtisch. Das Mädchen war die einzige gutaussehende Frau, der Amanda bisher in der Firma begegnet war. Wenn Roger also mit einer Mitarbeiterin herumgefickt hatte, war sie im Moment noch die wahrscheinlichste Kandidatin.
Jawohl! Bingo! In der unteren Schublade im Schreibtisch der kleinen Schlampe fand Amanda unter ein paar unschuldigen Ausgaben der Vogue und des Bazaar ein paar Janus -Hefte sowie die Magazine Fetishette und Hogtied. In einigen fehlten sogar ein paar Seiten. Seiten, die offensichtlich jemand mit anzüglichen Einladungen versehen und Nolas Liebhaber zugeschoben hatte, der zufällig auch Amandas Ehemann war! Die kleine Hure liebte es also, gefesselt und ordentlich versohlt zu werden. Gut zu wissen! Amanda hatte nicht übel Lust, sie eigenhändig zu fesseln und ordentlich zu schlagen. Aber ob die Schlampe daran dann Gefallen finden würde, bezweifelte Amanda, da sie all ihre Wut in die Schläge zu legen gedachte.
Sie saß einige Minuten lang einfach nur im Bürostuhl dieses Flittchens und wartete, bis sie sich etwas beruhigt hatte. Erst danach wollte sie die anderen Schreibtische durchsuchen. Als ihre Atmung sich allmählich beruhigt hatte und ihr Puls nicht mehr raste, ging sie zu Eggerdons Büro. Sein Schreibtisch war wuchtig und mit Schnitzarbeiten verziert, wenngleich er noch nicht so alt war, um als Antiquität durchzugehen. Seine Regale waren mit Ordnern und Geschäftsberichten vollgestopft. Amanda öffnete ein paar der Ordner, fand aber nichts Interessantes. Wie schon bei Rogers Unterlagen würde es eine Weile dauern, Eggerdons Papierkram durchzugehen. Sie beschloss, ein Büro weiter zu ziehen.
An der Tür zum nächsten Büro gab es ein Messingschild: »Sophie Sharpe, VP Einkauf«. Das Büro wirkte fast unberührt. Nirgends sah man persönliche Dinge, und auf dem Schreibtisch lag nichts außer einer unbeschriebenen Schreibtischunterlage aus Papier.
Zwei Stunden später waren die einzigen dunklen Geheimnisse, die sie aufgedeckt hatte, eine gelbe Quietscheente, der jemand einen Schnurrbart aufgemalt hatte, sowie eine Packung mit Peek Freans Mürbeteigplätzchen und eine halbvolle Box Quality Street.
Amanda beschloss,
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