Die Schuhliebhaberin - Moore, M: Schuhliebhaberin
gemerkt! Es war erst nach und nach im Laufe der Zeit passiert, wie Schneefall im Winter, der nur langsam und leise alles zudeckt. Ohne es selbst zu merken, war sie lebendig begraben worden. Und Amanda hatte eine ungefähre Ahnung, warum das so war. Roger hatte einfach dafür gesorgt, dass sie keiner der Verlockungen erliegen konnte, die da draußen auf sie warteten. So wie er den Verlockungen erlegen war, der verfluchte Mistkerl!
Amanda zögerte, ehe sie die letzten Stufen nahm. Sie drehte sich um und schenkte dem jungen Mann, der ihr die Richtung gewiesen hatte, ein strahlendes Lächeln. Er war verführerisch, keine Frage, noch dazu im richtigen Alter – und mit dem richtigen Alter meinte sie im Moment ziemlich jung. Amanda nahm die letzten drei Stufen. Aber er war nicht der Mann, hinter dem sie heute her war.
Ganz anders als Rupert mit seinem Babygesicht sah Paul hager aus, geradezu wölfisch. Er hatte hohe Wangenknochen und große Augen. Seine Lippen, die nicht so üppig erdbeerrot waren wie die von Rupert, waren ebenso verlockend. Sein dunkles, wirres Haar sah aus, als sei er gerade erst aus dem Bett gestiegen. Vermutlich brauchte er für diesen Look morgens eine ganze Stunde im Badezimmer.
Paul ging gerade vor einer Kundin in die Knie, um ihr einen Schuh anzuziehen. Als er den Schuh gegen den Fuß drückte, umfasste seine Hand die Ferse der Kundin. Vielleicht fiel der jungen Frau diese Besonderheit nicht auf, aber Amanda entging sie nicht. Jetzt wusste sie auch schon, wie sie ihn dazu bringen konnte, ihr zu dienen.
Nachdem die Kundin gegangen war und Paul sich Amanda zuwandte, erklärte sie ihm: »Ich möchte den höchsten Pumps anprobieren, den Sie im Sortiment haben.«
Er schaute prüfend ihre Füße an und hob eine Augenbraue. »Sie haben einen sehr kleinen Fuß, Madam. Unsere höchsten Absätze sind achtzehn Zentimeter hoch. Sie müssten dann auf den Zehenspitzen balancieren, um darin zu laufen. Sind Sie sicher ...?«
»Wir können es ja ausprobieren.«
Er vermaß ihren Fuß. Seine Finger berührten sie so zart wie Spinnenbeine. »Einen Moment bitte, Madam.«
Der Schuh, den er ihr brachte, war ein klassischer Pumps in metallischem Bronzeton mit achtzehn Zentimeter hohen Pfennigabsätzen, die so schmal und spitz wie Nägel waren. Er kniete sich vor sie und drückte mit der Handfläche den Absatz gegen ihren Fuß. Amanda beugte sich zu ihm nach unten und zwang ihn, seine rechte Hand immer weiter nach unten zu nehmen, bis sie ihn mit dem Pfennigabsatz auf den Fußboden genagelt hatte und er sich nicht mehr rühren konnte. Sie übte etwas Druck aus, und der Absatz grub sich tief in seine Handfläche.
Paul blickte zu ihr auf. In seinen Augen blitzte eine Mischung aus Angst und Verlangen.
»Und jetzt den anderen Schuh«, sagte sie.
»Ich ...«
»Sie schaffen das schon.«
»Ja, Madam.«
Unbeholfen half er dem anderen Fuß in den zweiten Schuh, da er nur die Linke zur Verfügung hatte. Als die Ferse zu einem Drittel im Schuh war, legte er die Hand unter den zweiten Absatz und blickte wieder zu ihr auf. Seine dunkelbraunen Augen flehten sie stumm an.
Amanda wusste genau, was er wollte. Sie zwang auch seine linke Hand neben die Rechte auf den Boden.
»Madam?«
»Sie sind Paul Carter, stimmt’s?«
»Äh ... ja, der bin ich.«
»Sie haben Ihre Rechercheunterlagen bei Forsythe Footwear vergessen.«
Verdutzt antwortete er: »Die werden mich bestimmt nicht noch mal ins Büro lassen, damit ich sie hole.«
»Ich habe die Sachen. Ich gebe sie Ihnen heute Abend zurück.« Sie zog ihre Visitenkarte aus der Handtasche. »Hier ist meine Karte. Auf der Rückseite steht meine Privatadresse. Kommen Sie heute Abend um acht zum Essen.« Sie steckte die Karte in die Brusttasche seines pinkfarbenen Hemds und drückte die Absätze tiefer nach unten, als wollte sie ihren Worten zusätzlich Nachdruck verleihen.
»Ja, Madam.«
»Du darfst mich Miss Amanda nennen.«
»Ja, Miss Amanda.«
»Und komm nicht zu spät. Ach, und diese Schuhe nehme ich natürlich auch mit.«
Auf dem Heimweg fiel Amanda ein, dass sie nichts hatte, das zu den bronzefarbenen Schuhen passte. Also machte sie noch einen Abstecher zu Coquette. Dort fand sie ein knöchellanges Kleid aus metallischem Stretchstoff mit Neckholder, das im Ton perfekt zu den Schuhen passte. Die Verkäuferin warnte Amanda, dass es unmöglich sei, irgendwas unter dem Kleid zu tragen, weil man alles sehen würde. Das war ein Umstand, der sehr gut zu Amandas Plänen
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