Die Schuhliebhaberin - Moore, M: Schuhliebhaberin
Absatz er verzückt kaute. Sie wischte den Schuh mit einem Feuchttuch sauber.
Auch wenn Amanda viel zu tun hatte, blieb ihr doch genug Zeit, um Meg zu beobachten, wie sie effizient und freundlich den Schuhladen schmiss. Sie hatte die Anmut einer Ballerina und ihr schlanker Körper ließ eine klassische Ballettausbildung vermuten, aber in den seltenen Augenblicken, wenn sie einfach stehenblieb und nicht herumrannte, war ihre Haltung nicht die einer Tänzerin. Ihr schulterlang geschnittenes Haar und die langen Stirnfransen umrahmten ein herzförmiges Gesicht. Ihre großen, grauen Augen und die Lippen ihres breiten Mundes verliehen ihr ein knabenhaftes Aussehen, das Amanda einfach unwiderstehlich fand. Der Gedanke, dass sie Meg vielleicht einfach so entlassen hätte, ohne sie noch einmal zu sehen, versetzte Amanda einen schmerzhaften Stich. Dieses Mädchen war doch ein Schatz!
Eine halbe Stunde später machte Meg wieder eine Pause an der Kasse. »Wollen Sie mal eine gute Geschichte hören?«, fragte sie Amanda. Sie lehnte sich auf den Tresen und beugte sich vor, wie es Geschichtenerzähler überall auf der Welt tun.
»Ich könnte eine gute Geschichte durchaus vertragen.« Amanda gab sich große Mühe, Meg nicht hungrig anzustarren, aber sie hatte das Gefühl, sich ihr Leben lang nach der Gesellschaft dieser Frau verzehrt zu haben.
»Sehen Sie das Mädchen, das da vorne vor dem hohen Spiegel steht? Das mit dem extrem kurzen Rock?«
»Der Rotschopf mit den hübschen Beinen?«
»Ist Ihnen aufgefallen, hm? Also, sie hat die hochhackigsten Schuhe anprobiert, die wir haben. Wissen Sie, warum?«
»Sagen Sie es mir.«
»Sie hat eben erst diesen kurzen Rock im Laden nebenan gekauft. Und jetzt fürchtet sie, er könnte für ihren zugeknöpften Freund zu kurz sein.«
»Und?«
»Und sie wollte ein Paar von den höchsten Schuhen, die wir im Angebot haben, um ihre Beine im Rock hochzuheben.« Meg brach in schallendes Gelächter aus und schlug sich fast gleichzeitig die Hand vor den Mund. Vergeblich: Sie konnte ihre übersprudelnde Freude kaum verbergen.
Amanda schnaubte. »Ist nicht wahr!«
»Doch!« Meg lachte wieder, diesmal noch lauter.
Amanda war entzückt. Dieses laute, brüllende Lachen hatte sie bei diesem dürren Mädchen nicht erwartet.
»Und dann behaupten sie, wir Blondinen wären dumm!«, meinte Meg noch, ehe sie davonrauschte.
Es kostete Amanda große Überwindung, ihr nicht nachzurufen: »Bleib hier! Erzähl mir mehr Geschichten! Ich will dein Lachen nochmal hören!«
Irgendwie schaffte Amanda es, diesen Abend zu überstehen. Obwohl ihre Füße schmerzten und sogar ihr Rücken anfing, sich über die ungewohnte Belastung zu beklagen, war es weniger ihre körperliche Verfassung, um die sie sich sorgte. Es war eher ihr Geisteszustand. Sie fragte sich, ob sie jetzt wohl vollkommen den Verstand verloren hatte.
Es war nicht so, als hätte sie etwas Derartiges noch nie zuvor empfunden. Sie vermutete, man könnte das, was da mit ihr passierte, als »Verknalltsein«, bezeichnen. Ja, sie war verknallt, wie ein kleines Schulmädchen. Aber sie wusste, es war noch viel mehr ... Wenn Verknalltsein auf direktem Wege zu Leidenschaft führte, dann, ja, dann passte das. Aber sie kannte Meg doch kaum ...
Um zehn nach neun kamen noch drei Frauen in den Laden geeilt, die nach Schnäppchen suchten. Meg signalisierte Amanda, hinter ihnen die Tür abzuschließen. Amanda war so erschöpft, dass sie einfach gehorchte, ohne Fragen zu stellen. Wenn sie richtig zählte, waren immer noch elf Kundinnen im Laden. Amanda nahm sie eher als Feinde und weniger als Kunden wahr. Am liebsten hätte sie gebrüllt: »Nehmt einfach die Schuhe und verschwindet!« Aber das würde nicht funktionieren. Es war schon fünf vor zehn, als es ihnen wie durch ein Wunder gelang, die letzten beiden Kundinnen aus dem Laden zu scheuchen.
Amanda sank auf eine Lederbank und seufzte. »Wie um alles in der Welt halten Sie das aus?« Sie schob die Schuhe von den Füßen und rieb sich die schmerzenden Zehen.
Meg zählte in atemberaubender Geschwindigkeit die Tageseinnahmen. »Ich werde das nicht mehr lange machen. Sie sehen ja, warum ich kündigen will.«
»Ja, hm. Das ist übrigens der Grund, warum ich hier bin.«
»Das habe ich mir schon gedacht.«
»Warum stellen Sie nicht noch jemanden ein?«
»Fragen Sie die Leute in der Verwaltung.« Während sie die Kreditkartenbelege sortierte und zusammenrechnete, erklärte Meg ihr, dass jede Filiale ein bestimmtes
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