Die Schuhliebhaberin - Moore, M: Schuhliebhaberin
zu müssen, sich ihr anzubieten. Und dann müsste sie sich nicht der Peinlichkeit aussetzen, abgelehnt zu werden. Dann könnte sie einfach geschlagen davonkriechen und allein sterben.
Der Waschtisch stand der Badewanne gegenüber. Amanda lockerte ihren Frotteegürtel und schaltete den Föhn ein. Beide Ellbogen nach oben gereckt, fuhr sie mit einer Hand durch ihr Haar und führte mit der anderen den Föhn. Natürlich klaffte so ihr Bademantel weit offen und zeigte ihre Brüste im Spiegel sehr schmeichelhaft. Amanda beobachtete Meg aus dem Augenwinkel. War es Zufall, dass Meg ausgerechnet in diesem Moment ihre Haare wusch und deshalb aufrechter im Wasser saß, die Hände um den Kopf gelegt? Wie Nola hatte auch sie kleine Brüste, aber wo Nola diese kleinen, sanften Rundungen mit den rosigen Nippeln hatte, verfügte Meg über etwas größere Brüste, konisch geformt und ganz blass mit rondellförmigen hellbraunen Spitzen. Wie ihre Augen standen auch die Brüste weit auseinander, die Schlüsselbeine stachen darüber deutlich hervor, und auch die Rippen konnte man darunter erkennen. Amanda erwischte sich dabei, wie sie Meg im Spiegel anstarrte, obwohl sie sich geschworen hatte, das nicht zu tun. Jetzt schaute Meg ihrerseits in Amandas Richtung und hatte sie beim Glotzen erwischt. Gott, was machte eine Frau, die von einer Jüngeren dabei ertappt wurde, wie sie ihren nackten Körper mit anzüglichen Blicken maß und diese jüngere Frau die Blicke ebenso gierig erwiderte? Oder deutete Amanda die Zeichen absichtlich falsch und zu ihren Gunsten?
Ein Klopfen an der Tür der Suite bewahrte Amanda vor einer Entscheidung. Sie knotete den Gürtel ihres Bademantels zu und eilte zur Tür. Das Essen wurde auf einem kleinen Silberwägelchen hereingeschoben. Amanda unterschrieb. Sie spürte, dass sie errötet war und schneller atmete. Rasch schob sie den Wagen ins Badezimmer.
»Möchtest du im Badezimmer essen, Meg?«, fragte sie. »Oder wäre das zu dekadent?«
Meg drehte den Jacuzzi aus. »Dekadenz scheint heute das Motto des Tages zu sein, und ich hatte schon seit Ewigkeiten keine Gelegenheit mehr, dekadent zu sein.«
Amanda setzte sich auf den Toilettendeckel. Sie lachte. »Ich finde, du bist zu jung, um von irgendwelchen ›Ewigkeiten‹ zu sprechen.«
»Wahrscheinlich.« Megs graue Augen wirkten dunkler. »Obwohl ich älter bin, als ich aussehe. Ich werde demnächst achtundzwanzig, hätten Sie’s gedacht?«
Amanda lachte. »Du bist ja noch ein Kind!«
»Wenn Sie das sagen ...« Meg streckte ihre langen Glieder und seufzte. »Manchmal fühle ich mich uralt.« Sie lehnte sich gegen die geschwungene Wand der Wanne und schloss die Augen.
»Du arbeitest wirklich zu viel.«
»Das habe ich nicht gemeint, aber stimmt natürlich. Ich arbeite zu viel. Mein Boss bringt mich noch um.« Sie lachte wieder ihr überschäumendes Lachen, und der finstere Moment war schnell vorbei. »Was gibt’s zu essen?« Sie setzte sich wieder auf.
»Rühreier.«
»Seit wann sind denn Rühreier dekadent?«
»Seit sie mit weißen Trüffeln serviert werden.« Amanda gab einen Löffel fluffiges Rührei auf ein Toastdreieck und hielt es Meg hin.
Meg nahm den Toast und steckte ihn ohne Umschweife in den Mund. »Lecker.« Sie zeigte auf das Tablett. »Ist das etwa Kaviar?«
»Ja«, sagte Amanda nur.
»Ich habe noch nie Kaviar probiert.«
»Willst du jetzt probieren?«
»Auf jeden Fall! Ich probiere alles mindestens einmal oder zweimal, manchmal sogar ein drittes Mal. Wenn ich es beim ersten Mal nicht mag, könnte ich ja beim zweiten Mal Geschmack daran finden. Ich glaube, die besten Erfahrungen sind die, wenn man sich erst an etwas gewöhnen muss. Wie zum Beispiel bei Kindern: Alle Kinder mögen Süßigkeiten, aber die erwachsenen Genüsse wie Espresso oder Martini – da braucht es eine gewisse Zeit, bis man sie zu schätzen lernt. Sie verlangen einen erwachsenen Gaumen, finden Sie nicht auch?«
»Ich glaube schon. Obwohl es einige erwachsene Freuden gibt, an die ich mich so schnell gewöhnt habe wie ein Fisch ans Wasser.« Amanda nahm ein paar von den glitzernden grauen Kügelchen auf den Löffel und hielt ihn vor Megs Mund. »Behalt sie ein paar Sekunden auf der Zunge, um ihre Struktur zu erkunden. Dann zerbeißt du sie, um den Geschmack freizusetzen.«
Megs Gesicht wirkte nachdenklich, während sie zunächst das Gefühl der kleinen Delikatessen auf ihrer Zunge erkundete, ehe sie den salzigen Geschmack erlebte. »Irgendwie anders«, meinte sie
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