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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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sie und konnte ihren Unmut nicht mehr länger unterdrücken.
    »Ich glaube, er wird von Legion Guidry erpresst. Wie wär’s zunächst mal damit?«
    »Gehen wir heute essen?«
    »Ja, klar«, erwiderte ich.
    »Vielen Dank für die Bestätigung«, sagte sie und schaute mit leerem Blick in den Spiegel.
    Ein paar Minuten später gingen wir hinaus auf die Galerie. Der Garten lag bereits im Schatten, und der Wind, der über die Felder wehte, roch wie Maisfasern nach einem langen, heißen Tag. Es hätte ein herrlicher Abend werden können, aber ich wusste, dass der weiße Wurm, der inwendig an mir fraß, alles kaputtmachen würde.
    »Ich muss zu einem Treffen«, sagte ich.
    »Es ist doch gar nicht Mittwochabend«, erwiderte sie.
    »Ich fahre nach Lafayette«, sagte ich.
    Sie drehte sich um und ging wieder ins Schlafzimmer, zog ihr Kleid aus und schlüpfte in eine Jeans und ein Arbeitshemd.
    Als ich spät in der Nacht heimkam, hatte sie sich ihr Bett auf der Couch zurechtgemacht und schlief, das Gesicht zur Wand gekehrt.
    Am nächsten Morgen fuhr ich zu Perry LaSalles Kanzlei an der Main Street.
    »Er ist zurzeit nicht da. Er wollte zu Mr. Sookies Camp«, sagte die Sekretärin.
    »Sookie? Sookie Motrie?«, sagte ich.
    »O ja, ganz recht, Sir«, erwiderte sie, sah dann meine Miene und senkte den Blick.
    Ich fuhr tief in den Bezirk Vermilion hinein, wo das Schwemmland von Südlouisiana allmählich in den Golf von Mexiko übergeht, an Reisfeldern und Rinderweiden vorbei, über Kanäle und Bayous in die weiten, grünen Marschen, in denen Grau- und Blaureiher reglos wie Gartenskulpturen an den Entwässerungsgräben standen. Ich bog auf eine kurvige Straße ab, die sich zwischen Tupelobäumen und brackigem Sumpf dahinschlängelte, an einer ungestrichenen Holzkirche vorbei, deren Dach unter einem umgestürzten Persimonenbaum eingebrochen war.
    Aber nicht das Gebäude war es, was mir ins Auge fiel. In einem Anschlagkasten, der in tadellosem Zustand war, wenn man von dem Straßenstaub und dem Sprung mitten in der Glasscheibe einmal absah, hing ein Schild mit der Aufschrift »Gemeinschaft der zwölf Apostel – Gottesdienst jeden Mittwoch um 19 Uhr und jeden Sonntag um 10 Uhr. Herzlich willkommen.«
    Ich hielt an, setzte den Streifenwagen zurück und fuhr auf den Kirchhof. Ein unbefestigter Fahrweg führte nach hinten, zu einem verlassenen Haus, in dem die Heuballen bis unters Dach gestapelt waren. Eine umgekippte hölzerne Straßensperre mit einem alten Umleitungsschild lag quer über dem Weg. In einem von Mooreichen und Sumpfkiefern umgebenen Blechschuppen lagerten Straßenbaugeräte und ein Holzschredder, wie sie die Wartungstrupps des Bezirks verwendeten. Unmittelbar hinter dem Schuppen befand sich ein Schweinekoben, der an einen verlandeten See und dichten Wald angrenzte. Die Schweine in dem Pferch starrten vor Schmutz und Kot und hatten glibbrigen Schleim um die Schnauzen, offenbar die Überreste von Hühnerinnereien.
    Ich versuchte mich an den Text des Songs zu erinnern, den Marvin Oates immer zitierte, aber er fiel mir nicht ein. Vielleicht hat Bootsie Recht, sagte ich mir. Vielleicht hatte ich mich so in die Sache hineingesteigert, dass ich bei jedem, der auch nur entfernt etwas mit Amanda Boudreau und Linda Zeroski zu tun hatte, Unrat witterte und mittlerweile sogar glaubte, Perry LaSalle, der Linda vor Gericht vertreten hatte, wäre einer genaueren Überprüfung wert.
    Ich stieß zur Straße zurück, die zu einer mit Gras überwucherten Hügelkuppe führte, und fuhr dann zwischen Eichen, Pekan- und Persimonenbäumen hindurch zu einem Entenjägercamp, an das Sookie Motrie gekommen war, indem er sich zum Nachlassverwalter einer alten Frau ernannt hatte.
    Er war ein zierlicher Mann, der immer wie ein Herrenreiter auftrat und sich dementsprechend kleidete, zweifarbige Cowboystiefel und Tweedsakkos mit Wildlederflicken auf den Schultern trug, mit denen er seine schmächtige Statur und das fliehende Kinn wettmachen wollte. Mit seinem Schnurrbart und den langen Haaren, die er absichtlich wachsen ließ und nach hinten über den Kragen kämmte, wirkte er, als wäre er etwas Besonderes, wie ein Kavalier aus dem alten Süden, und lenkte damit von der Habgier ab, die ihm in den Augen stand.
    Er hatte unlängst sein Hausboot von Pecan Island zu seinem Camp schleppen und auf gut fünfundzwanzig Metern Breite die Zypressen abholzen lassen, um Platz für eine Anlagestelle zu schaffen. Seinen Müll brachte er nicht weg, sondern türmte ihn

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