Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
oben auf dem Hügel auf, wo eine schwarze Qualmwolke über dem Haufen aus geschmolzener und kokelnder Alufolie, Styroporbechern, Blechdosen und Plastikverpackungen hing.
Perry LaSalle stand im Schatten eines Baumes neben seiner Gazelle und sah Sookie Motrie zu, der mit nacktem Oberkörper am Ufer stand, seine Parker-Flinte anlegte und auf die Tontauben schoss, die über das Wasser flogen. Das Knallen der Doppelflinte wurde nahezu vom Wind verweht, und keiner der beiden Männer hörte mich kommen, als ich von hinten auf sie zuging. Sookie bediente mit dem einen Fuß das Wurfgerät, riss die Flinte an die Schulter und zerballerte die Tontauben zu rosa Dunst, der am Himmel davontrieb.
Dann drehte er sich um und sah mich, schaute mich an wie ein Tier, das sich gerade über seine Beute hermachen will und keinen Eindringling in seinem Revier haben möchte.
»Hallo, Dave!«, rief er und klappte die Flinte auf, ohne auch nur einmal den Blick von mir zu wenden, so als freue er sich von ganzem Herzen über meinen Besuch.
»Wie geht’s Ihnen, Sir?«, sagte ich. »Ich wollte euch nicht stören. Ich möchte bloß kurz mit Perry reden.«
»Wir wollten gerade zu Mittag essen. Ich kann Ihnen alles Mögliche anbieten«, sagte Sookie.
»Besten Dank«, sagte ich.
»Möchten Sie schießen?«, sagte er und hielt mir die Flinte hin.
Ich schüttelte den Kopf.
»Tja, dann will ich die Herrschaften mal allein lassen. Vermutlich geht dieses Gespräch ohnehin über meinen Horizont. Stimmt’s, Dave?«, sagte er und zwinkerte mir zu, tat eingeschnappt, obwohl kein böses Wort gefallen war, spielte den Beleidigten, um seine Gesprächspartner zu verunsichern. Er schob die Doppelflinte in ein mit Lammfell gefüttertes Futteral und lehnte sie an die Reling am Heck des Hausboots, öffnete dann in der Kombüse eine Flasche Heineken und trank sie auf dem Vordeck, wo ihm der salzige Wind vom Golf um das braun gebrannte Gesicht wehte.
»Was haben Sie mit so einem Scheißkerl zu schaffen?«, fragte ich Perry.
»Was haben Sie gegen Sookie einzuwenden?«
»Er setzt sich für den Bau von Kasinos ein«, sagte ich.
»Er ist Lobbyist. Das ist seine Aufgabe.«
»Dort werden arme, einfältige und haltlose Menschen ausgenommen.«
»Vielleicht entstehen dadurch auch ein paar Arbeitsplätze«, sagte er.
»Das glauben Sie doch selber nicht. Warum führen Sie sich ständig auf wie ein windelweicher Feigling, Perry?«
»Würden Sie mir vielleicht verraten, was Sie hier wollen?«, fragte er und tat so, als wäre er die Geduld in Person. Aber er konnte mir nicht in die Augen schauen.
»Sie stecken mit denen unter einer Decke, nicht wahr?«, sagte ich.
»Mit wem?«
»Den Kasinos, den Leuten in Las Vegas und Chicago, die sie betreiben. Sowohl Barbara als auch Zerelda wollten mir das klarmachen. Ich habe bloß nicht richtig hingehört.«
»Ich glaube, Sie haben sie nicht mehr alle, Dave.«
»Legion Guidry hat Ihren Großvater erpresst. Jetzt setzt er Sie unter Druck. Wie fühlt man sich, wenn man einem Frauenschänder zu Diensten ist?«
Er schaute mich eine ganze Weile an, zuckte fortwährend mit dem einen Auge. Dann drehte er sich um, ging über die mit Gras bewachsene Uferböschung zum Heck von Sookies Hausboot hinab und ergriff die Doppelflinte, die an der Reling lehnte. Er kam wieder herauf und schaute mich unverwandt an, während er den Reißverschluss aufzog. Er ließ das Futteral zu Boden gleiten und klappte die Flinte auf.
»Machen Sie noch eine Bemerkung über meine Familie«, sagte er.
»Sie können mich mal«, sagte ich.
Er zog zwei Schrotpatronen aus der Brusttasche seines Hemds und schob sie in die beiden Läufe, klappte dann die Flinte zu.
»Hey, Perry, was ist denn los?«, rief Sookie vom Heck des Bootes aus.
»Gar nichts ist los«, erwiderte Perry. »Dave muss sich bloß entscheiden, was er will. Stimmt’s, Dave? Wollen Sie schießen? Hier, legen Sie los. Oder wollen Sie bloß das Maul aufreißen? Nur zu, nehmen Sie sie.«
Er drückte mir die Schrotflinte in die Hand und schaute mich mit funkelnden Augen an. »Wollen Sie mich erschießen, Dave? Wollen Sie Ihr persönliches Elend, Ihr Unglück und Ihr Versagen austoben und jemand anderen über den Haufen schießen? Weil ich nämlich kurz davor bin, Ihnen an die Gurgel zu gehen und die Stimmbänder rauszureißen. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie gern ich das täte.«
Ich klappte den Verschluss der Schrotflinte auf und warf die Patronen ins Gras, dann schleuderte ich die
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