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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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dem Bett. Legion war unrasiert, aber selbst im Schlaf wirkten seine Haare wie frisch gekämmt und das Gesicht sah aus wie immer, war weder schlaff noch eingefallen. Ich drückte ihm die Mündung meiner 45er an die Kinnlade.
    »Ich nehme an, Sie wissen, was das ist, Legion. Ich nehme an, Sie wissen auch, was es mit Ihrem Kopf anrichten kann«, sagte ich.
    Er runzelte leicht die Stirn, zeigte aber ansonsten keine Regung. Seine Augen blieben geschlossen, die Brust hob und senkte sich so ruhig wie zuvor, und die gefalteten Hände lagen reglos auf dem Betttuch.
    »Haben Sie mich gehört?«, fragte ich.
    »Ja«, sagte er.
    Aber er benutzte das Wort »Ja«, kein »Yeah«, wie es für einen ungebildeten Cajun üblich gewesen wäre, und ich hätte schwören können, dass er ohne jeden Akzent sprach.
    »Nach Ihrem 38er brauchen Sie gar nicht erst zu suchen«, sagte ich, öffnete die linke Hand und ließ die sechs Kugeln, die ich aus der Trommel seines Revolvers genommen hatte, auf seine Brust fallen. »Ich habe Ihre Knarre in die Kloschüssel geworfen. Mir ist aufgefallen, dass Sie nicht spülen, nachdem Sie eine Sitzung gehalten haben.«
    Er öffnete die Augen, richtete den Blick aber zur Decke, ohne mich einmal anzuschauen.
    »Sie wissen nicht, wer ich bin, was?«, fragte er.
    Ich hatte das Gefühl, als zöge sich meine Gesichtshaut zusammen. Seine Stimme klang guttural, wie ein tief grollendes Echo aus einem Abflussrohr, und von seinem Cajun-Akzent war nichts mehr zu hören.
    Ich wollte etwas sagen, spürte aber, wie mir die Worte im Hals stecken blieben. Ich drückte ihm die 45er fester an die Kinnlade, holte Luft und versuchte es noch mal. Aber er kam mir zuvor.
    »Fragen Sie, wie ich heiße«, sagte er.
    »Wie Sie heißen?«, sagte ich verständnislos.
    »Ja, wie ich heiße«, sagte er.
    »Na schön«, hörte ich mich sagen, als stünde ich auf einer Bühne und spräche einen Text, den jemand anders geschrieben hatte. »Wie heißen Sie?«
    »Legion heiße ich«, erwiderte er.
    »Wirklich?«, sagte ich und zwinkerte mit den Augen, während mein Herz raste. »Freut mich, dass wir das hinter uns gebracht haben.«
    Aber meine Keckheit war nur gespielt, und ich spürte, wie meine Hand am Griff der 45er schwitzte. Ich räusperte mich und riss die Augen auf, als wollte ich den Schlaf abschütteln. »Folgendermaßen sieht’s aus, Legion«, sagte ich. »Ich bin ein trockener Alkoholiker. Das heißt, dass ich niemandem etwas nachtragen darf, nicht einmal menschlichem Abschaum wie Ihnen, egal, was er mir angetan hat. Das mag Ihnen vielleicht so vorkommen, als ob ich Ihnen einen Bären aufbinden will, aber ich meine es offen und ehrlich. Sie werden zu Fall kommen, und wenn es nach mir geht, landen Sie so tief in der Scheiße wie nur irgend möglich, aber es wird nach Recht und Gesetz geschehen.«
    Ich stieß die Luft aus der Nase und wischte mir mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn.
    »Haben Sie Angst?«, sagte er.
    »Nicht vor Ihnen.«
    »Doch, das haben Sie. Insgeheim sind Sie ein furchtsamer Mann. Deswegen sind Sie ja ein Säufer.«
    »Passen Sie mal auf«, sagte ich.
    Ich zog die 45er von seiner Kinnlade weg und nahm das Magazin heraus. Ein kleiner roter Ring zeichnete sich an der Stelle ab, wo ich ihm den Stahl an die Haut gedrückt hatte.
    Plötzlich setzte er sich auf, schwang die Beine über die Bettkante und zog die Decke weg. Er war nackt, hatte dichte Haare auf Brust und Schenkeln, die wie weiches Affenfell wirkten, und sein Phallus war aufgerichtet.
    »Ich kann Ihnen trotzdem noch ein Hohlspitzgeschoss zwischen die Augen jagen«, sagte ich.
    Aber er stieg nicht aus dem Bett. Er legte den Kopf zurück und öffnete den Mund. Ein langes, feuchtes Zischen drang aus seiner Kehle. Sein Atem schlug mir ins Gesicht wie ein schmutziges, nasses Taschentuch.
    Ich zog mich aus dem Schlafzimmer zurück, hatte die 45er nach wie vor auf Legion gerichtet, ging dann eiligen Schrittes durch die Küche und hinaus in die Nacht.
    Ich ließ den Pickup an, hielt mit zitternder Hand den Schaltknüppel, und preschte davon, auf eine Straßenlaterne zu, die im wirbelnden Regen brannte.
    Am nächsten Morgen frühstückte ich mit Bootsie am Küchentisch. Der Himmel draußen war nach dem Regen der letzten Nacht klar und blau, das Laub an den Bäumen sattgrün. Durch das Seitenfenster sah ich, wie Alafair ihren Appaloosa, Tex hieß er, auf der Pferdekoppel führte und unter einem Pekanbaum striegelte.
    »Bist du ausgeschlafen?«, fragte

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